Ist das Filmen von Polizeieinsätzen strafbar?

  • 8 Minuten Lesezeit

Um dieses Video anzuzeigen, lassen Sie bitte die Verwendung von Cookies zu.

Sollten Sie mit einer unangenehmen Situation wie einer Verhaftung oder Hausdurchsuchung konfrontiert sein, so kann es auch sein, dass die Polizeikräfte Sie dazu im schlimmsten Fall körperlich zwingen. 

In solchen Fällen fühlt man sich natürlich hilflos allein gegen mehreren Polizeibeamte zu sein. 

Dabei denkt man eventuell an Fällen von unverhältnismäßiger Polizeigewalt z.B. George Floyd (Festnahme endete tödlich nachdem die Polizei mehrere Minuten die Atemwege abdrückte) oder den Fall von Liam Conway 2023 in Idstein, Deutschland (Festnahme mit Schlägen gegen das Gesicht. Die Aufnahmen galten als gelöscht und die Polizei sagte aus Conway habe sich aggressiv verhalten. Dann tauchten doch Aufnahmen von Überwachungskameras auf, die die Aussagen der Polizei widersprachen) und man kommt eventuell auf die Idee, das Vorgehen der Polizei mit seinem Handy aufzunehmen. Verständlich ist der Gedanke, man will zunächst die Polizei sozusagen „abschrecken“, damit sie nichts Unverhältnismäßiges tun. Zweitens möchte man auch hinterher, falls es zu einem Gerichtsverfahren kommt, auch entsprechende Beweise haben. 

Aber ist das auch rechtlich die vorteilhafte Vorgehensweise? Oder macht man sich auch selbst damit Probleme? Nachfolgend wollen wir Ihnen erklären, ob das Filmen von Polizeieinsätzen für Sie sogar strafbar sein kann. 


Ist das Filmen von Polizeieinsätzen strafbar?

In Betracht kommt eine Strafe wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes nach § 201 Absatz 1 Nummer 1 StGB. Diese sieht eine Gefängnisstrafe von bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe vor, wer unbefugt das „nichtöffentlich gesprochene Wort“ eines anderen mit einem Tonträger aufnimmt.

Des Weiteren droht eine Strafe wegen Verstoßes gegen das Bundesdatenschutzgesetz. § 42 BDSG bedroht mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bzw. bis zu zwei Jahren, das unbefugte Verarbeiten nicht allgemein zugänglicher personenbezogener Daten. Für eine Strafe muss der Beschuldigte dabei in der Absicht gehandelt haben, sich selbst oder eine andere Person zu bereichern, gegen Entgelt oder um eine andere Person zu schädigen. 

Gemäß § 33 Kunsturhebergesetz wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe bestraft, wenn man ohne die erforderliche Einwilligung des Betroffenen Bildnisse von einer Person verbreitet oder öffentlich zur Schau stellt (also z.B. im Internet postet).


Strafe beim Filmen von Polizeieinsätzen wegen strafbarer Verarbeitung personenbezogener Daten

Beim Filmen von Polizeieinsätzen steht zunächst der Vorwurf der strafbaren Verarbeitung personenbezogener Daten nach § 42 BDSG im Raum. Auch Bildaufnahmen von Polizisten, auf denen diese erkennbar bzw. identifizierbar sind, sind personenbezogene Daten. Gerade bei Routineeinsätzen – wenn also kein besonderes allgemeines Interesse an den Filmaufnahmen besteht (anders unter Umständen beim Filmen von Polizeigewalt oder sonst rechtswidrigem Verhalten der Polizisten) – wird das Filmen nach dem Datenschutzrecht unbefugt sein. So auch KG Berlin, Urteil v. 30.11.2023 – 2 ORs 31/23 – 121 Ss 130/23 m.w.N.

Knackpunkt wird aber wohl regelmäßig die Feststellung einer Absicht zur Bereicherung oder zur Schädigung einer anderen Person oder dass man gegen Entgelt die Polizisten filmte.

Hier kann ein Ansatz in der Verteidigung durch den Anwalt für Strafrecht liegen.


Wann mache ich mich wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes strafbar, wenn ich einen Polizeieinsatz filme?

Es muss zunächst ein „gesprochenes Wort“ von Polizeikräften aufgenommen worden sein. Das ist leicht zu verstehen, also wenn ein Polizist zu Ihnen redet oder in einer Demo eine Ansprache hält. 

Das Problem bei der Frage nach der Strafbarkeit wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes durch das Filmen eines Polizeieinsatzes ist, dass das gesprochene Wort „nicht öffentlich“ sein muss. 

Hier entscheidet sich meistens, ob eine Strafbarkeit nach § 201 Abs. 1 Nr.1 StGB gegeben ist oder nicht. Manchmal ist die Abgrenzung schwierig.


Wann ist ein Polizeieinsatz öffentlich und wann nicht?

Sollten sie Teilnehmer an einer größeren Demo mit hunderten Teilnehmern sein und dabei macht ihn ein Polizist per Megaphon eine Ansprache z.B. „Ich fordere Sie alle auf die Masken runter zu nehmen!“, dann ist die Ansage gerade für ein größeren Kreis gedacht. Daher ist diese Ansprache dann öffentlich und es liegt grundsätzlich keine Strafbarkeit wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes vor, wenn man solche Reden filmt.
Anders wäre der Fall, wenn Sie alleine in ihrer Wohnung angetroffen werden und die Einsatzkräfte dann zu ihnen reden. Dann ist das gesprochene Wort natürlich nicht öffentlich. Aufnahmen wären dann unter Umständen strafbar

Ein besonderer Fall betraf eine Teilnehmerin einer Demo in Wuppertal. Sie wurde von der Polizei während einer Demo angesprochen wegen ihrer Maske und Kapuze über den Kopf, da Sie dadurch gegen das Vermummungsverbot verstoßen haben könnte.  
Die Polizisten führten dann die Teilnehmerin zu einen anderen Ort ca. 10 Meter entfernt, da es dort ruhiger war. Dieser Ort grenzte an einen Kneipenviertel und an die Innenstadt an. Zu der Zeit liefen immer noch andere Demoteilnehmer und Menschen in der Nähe herum. Die Teilnehmerin filmte das Geschehen mit der Kamera zum Boden gerichtet, sodass nur die Stimme der Polizisten zu hören waren. Die Polizisten forderten sie dann auf, mit dem filmen aufzuhören, was die Teilnehmerin ignorierte und auch um Hilfe rief. Es konnte aber nicht bewiesen werden, ob während des Filmens andere Personen mitgehört haben. Ist das nun jetzt in der Öffentlichkeit gewesen, weil da noch Menschen herumliefen? Oder handelt es sich um eine Nichtöffentlichkeit, da nur eine Person angesprochen wurde und sonst keiner?

Das Oberlandesgericht Düsseldorf entschied hier, dass das Filmen in der Öffentlichkeit war und damit nicht strafbar war. 

Dabei bezog sich das Gericht auf eine „faktische Öffentlichkeit“. Also, wenn die Polizei wie hier rechnen musste, dass die Worte mitgehört werden können dann ist es egal, ob die Polizei nur zu wenigen Leuten spricht. Hier musste die Polizei mit einem Mithören von anderen rechnen, da der Ort noch an der Innenstadt angegrenzt war und noch einige Menschen passierten. 

Ein anderer Fall betraf eine Frau, die 40 Minuten lang mit ihrem Handy einen Polizeieinsatz filmte. Dabei wollten Polizisten bei 20 Personen die Ausweise überprüfen, um Drogen und Einhaltung von Coronaregeln zu kontrollieren.
Die 20 Personen hielten sich allesamt um ca. 3 Uhr morgens im Teich nahe einer Fachhochschule auf. Der Ort war für jeden zugänglich. Die Frau richtete bei der Aufnahme das Handy auf dem Boden, sodass nur die Stimmen der Polizisten aufgenommen wurden.
Sind das jetzt öffentlich gesprochene Worte, da es an einen Ort stattfand, das kein Privatgrundstück war oder eher nichtöffentlich, da die Zahl und Personen begrenzt waren?
Das Oberlandesgericht Zweibrücken in Rheinland-Pfalz entschied dabei, dass die gesprochenen Worte nichtöffentlich waren und so eine die Aufnahme der Frau strafbar war. Dabei sprach das Gericht auch an, dass es in dem Fall keine faktische Öffentlichkeit war. Die Nichtöffentlichkeit habe sich aus den Umständen ergeben, denn um 3 Uhr morgens im Teich einer Fachhochschule war es für die Polizeikräfte nicht zu erwarten, dass andere da mithören würden. 


Ist das Filmen von Polizeigewalt gerechtfertigt und damit straflos?

Es gibt in Strafrecht sogenannte Rechtfertigungsgründe z.B. wie Notwehr, die eine Strafbarkeit doch ausschließen könnten, falls sie mit gewalttätigen Handlungen der Polizei auseinandergesetzt werden. 

Eine Notwehr nach § 32 StGB liegt meistens nicht vor. Erstens soll die Handlung mit den man sich wehrt geeignet sein den Angriff zu beenden oder abzuschwächen. Dabei soll die Verteidigung nicht von vornherein sinnlos sein. Schwierig wird die Frage zu beantworten sein, ob sich ein Polizeibeamter sich vom Filmen abhalten lässt, insbesondere, wenn heimlich gefilmt wird.
Zweitens, soll der Verteidiger einen Verteidigungswillen haben. Das ist der Wille den Angriff mit filmen beenden zu wollen. Meistens aber zielt das Filmen darauf ab nicht den Angriff zu beenden, sondern ein Beweis für das spätere Strafverfahren haben zu wollen oder die Öffentlichkeit über Polizeigewalt zu informieren.

Ein rechtfertigender Notstand nach § 34 StGB kann bei Aufnahmen bei Gewalttaten der Polizei gegeben sein. Dabei muss eine gegenwärtige Gefahr existieren, die nicht anders abwendbar ist und die Interessen des Aufnehmenden müssen überwiegen. 

Gegenwärtige Gefahr kann bezüglich an der effektiven Strafverfolgung vorliegen. Wenn keine Beweise gefertigt werden und bei normalen Passanten ist diese auf Handyaufnahmen begrenzt, dann kann es sein, dass Anzeigen gegen gewalttätige Polizisten nicht durchgehen werden. 

Nicht anders abwendbar als durch Handyaufnahmen und so Speicherung von Beweisen wäre die Gefahr auch. 

Bei der Abwägung geht es um Interessen von Aufnehmenden Opfer gegen die Unverletzlichkeit des gesprochenen Wortes der Polizei. In der Regel werden sich die Interessen von Aufnehmenden durchsetzen. Zwar wird der Polizist durch die Aufnahmen in seinen Persönlichkeitsrecht verletzt, aber nicht schwerwiegend. Es geht nicht um Gespräche im Privatzimmer, sondern im Rahmen der Dienstzeit. 


Ich darf die Polizei nicht filmen, aber die Polizisten dürfen mich aufnehmen?

Die Polizisten dürfen im Rahmen ihrer Landesgesetze Aufnahmen anfertigen z.B. in Berlin nach § 24c ASOG. 

Aber ein Fall zeigt, dass ein gegenseitiges Aufnehmen doch erlaubt sein könnte:

Dabei hat ein Polizist einen Autofahrer nach 0 Uhr kontrolliert, da dieser den Polizeiwagen ohne Grund angehupt hatte. Sie können sich schon denken, dass die Insassen des Autos nicht einverstanden waren und es Diskussionen gab, ob das jetzt alles nötig ist. Einer der Polizisten sagte dann den Insassen, dass er seine Body-Cam nur anschalten werde und tat dies auch. Einer von den Insassen reagierte damit, dass er seine Handykamera anschaltete und die auch die Polizei filmte. Die Polizei forderte die Insassen auf, mit den Filmen aufzuhören, was die Insassen nicht beachteten.
Das Landgericht Hanau entschied, dass das Gegenfilmen von den Insassen nicht nach § 201 Absatz 1 Nummer 1 StGB strafbar war. 

Das Gericht sagte, die Gespräche an sich sind zwar nicht öffentlich, weil die Gespräche durch geöffnete Türen und Fenster stattfanden und man da eigentlich nicht rechnen muss, dass andere Personen da mithören.

Aber die Einschaltung des Bodycams kann das Gespräch öffentlich und somit die Aufnahme nicht strafbar machen. Geschützt sollten ursprünglich durch den § 201 StGB heimliche Lauschangriffe, wo jeder anders spricht und sich vielleicht lockerer ausdrückt. Hier ist es aber so, dass durch die Einschaltung des Body-Cams der Polizeibeamte als Staat spricht und Aufnahmen anfertigt. 


Darf ich das die Aufzeichnungen von Polizeieinsätzen auf Youtube, Instagram, Tiktok etc. hochladen? 

Davon ist abzuraten. Der § 22 und § 33 des Kunsturhebergesetz bestrafen diejenigen die Bildnisse von jemanden ohne erforderliche Einwilligung verbreiten oder öffentlich zur Schau stellen mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe. Anders ist die Strafbarkeit der Veröffentlichung der Aufnahmen zu beurteilen, wenn die gefilmten Polizisten hinreichend verpixelt sind (so z.B. KG Berlin, Urteil v. 30.11.2023 – 2 ORs 31/23 – 121 Ss 130/23 m.w.N.).


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Benjamin Grunst

Beiträge zum Thema