Jahrelang nicht versetzt worden – ist eine Versetzung an einen anderen Standort noch zulässig?

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Das Problem:

Die Firma hat nur einen einzigen Firmensitz und wird durch einen Konkurrenten übernommen.

Kaum ist die Übernahme erfolgt, wird das Personal neu zugeordnet und Arbeitnehmer – obwohl Jahrzehnte an einem Ort beschäftigt – werden an den hunderte Kilometer entfernten Hauptsitz der neuen Firma versetzt.

1. Ist ein solche Versetzung nach dem Gesetz überhaupt zulässig? 

Ja, das einseitige Weisungsrecht des Arbeitgebers umfasst die Befugnis, den Arbeitnehmer nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen.

2. Regelungen im Arbeitsvertrag gehen vor!

Das Bundesarbeitsgericht prüft bei der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf vertraglichen Regelungen beruht, zunächst die vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. (vgl. BAG 25. August 2010 – 10 AZR 275/09 – Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). 

Entscheidend ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsort und Tätigkeitsinhalt vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein ggf. vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat.

Sind ein Tätigkeitsort und Tätigkeitsinhalt festgeschrieben und kommt es nicht zu einer örtlichen Verlagerung der Tätigkeit, so ist die Versetzung regelmäßig ausgeschlossen.

Ist im Arbeitsvertrag jedoch zusätzlich zu dem Tätigkeitsort und Tätigkeitsinhalt auch ein Versetzungsvorbehalt geregelt, welcher die Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen ermöglicht, ist im Ergebnis die Versetzung zulässig. (st. Rspr., zuletzt z. B. BAG 13. November 2013 – 10 AZR 1082/12) 

3. Was passiert, wenn nichts im Arbeitsvertrag geregelt ist?

Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers allein aus § 106 GewO. 

Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, unterliegt dies der Kontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB.

Damit wird dem Arbeitgeber die Zuweisung eines anderen Arbeitsorts im Rahmen des sog. billigen Ermessens erlaubt.

4. Wichtig bei der Übernahme von Firmen: 

Eine Nichtausübung des Weisungsrechts über einen längeren Zeitraum ist für die Annahme einer „Konkretisierung“ des Tätigkeitortes auf den alten Firmensitz nicht ausreichend (BAG 13. Juni 2012 – 10 AZR 296/11 –).

5. Ergebnis: 

Der Arbeitgeber ist nur noch verpflichtet, eine Abwägung der Interessen des Betriebs mit den Interessen des betroffenen Arbeitnehmers vorzunehmen und soziale Gesichtspunkte angemessen zu berücksichtigen. Dies wird durch das Gericht mit geprüft. 


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