Finden Sie jetzt Ihren Anwalt zu diesem Thema in der Nähe!

Jahrelange Außenprüfung: Wann tritt bei einer Betriebsprüfung Verjährung ein?

  • 4 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

[image]

Auch Steuerbescheide unterliegen der Verjährung. Mit Ablauf der Frist lässt sich der Bescheid dann nicht mehr aufheben oder ändern bzw. erlassen. Das ist besonders ärgerlich, wenn das Finanzamt von einem zu viel Steuern verlangt hat, da sich die falsch festgesetzte Steuer auch bei offenbaren Fehlern nicht mehr berichtigen lässt. Genauso gut kann eine abgelaufene Festsetzungsfrist für den Steuerpflichtigen auch von Vorteil sein – insbesondere, um vor Steuernachforderungen sicher zu sein. Auf diese Gewissheit gibt es aber selbst bei einer sich über 15 Jahre hinziehenden Betriebsprüfung keinen Anspruch, wie das Bundesverfassungsgericht nun entschied – es zeigt dabei aber auch einen Ausweg auf.

Ablaufhemmung der Verjährung möglich

Die Verjährungsfrist wird im Steuerrecht als Festsetzungsfrist bezeichnet. Dabei macht es einem das Steuerrecht auch hier mit zahlreichen Sonderregeln nicht leicht. Unterschiede gibt es nicht nur bei Beginn (§ 170 Abgabenordnung) und Dauer der Festsetzungsfrist (§ 169 Abgabenordnung).

Der Ablauf dieser Fristen kann zudem durch zahlreiche Umstände gehemmt sein (§ 171 Abgabenordnung). Die Frist läuft dann nicht weiter, solange der Grund für die Hemmung besteht. So läuft die Festsetzungsfrist beispielsweise nicht ab, solange die Steuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs nicht erfolgen kann. Neben höherer Gewalt gibt es dabei zahlreiche weitere Situationen, die den Lauf der Festsetzungsfrist hemmen können.

Eine weitere Situation, die den Verjährungsablauf hemmt, ist der Beginn einer Außenprüfung. Gerade bei umfangreicheren Prüfungen wäre bis zum Verjährungseintritt kaum Zeit, diese rechtzeitig abzuschließen. Damit eine Außenprüfung die Verjährung nicht auf Dauer hemmt, gibt es hier allerdings Höchstgrenzen.

Festsetzungsfristen von einem Jahr bis zehn Jahren

Demnach endet die Festsetzungsfrist bei einer Außenprüfung spätestens dann, wenn seit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Schlussbesprechung stattgefunden hat, oder, wenn sie unterblieben ist, seit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die letzten Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung stattgefunden haben, die in § 169 Abs. 2 Abgabenordnung genannten Fristen verstrichen sind. Diese Fristen betragen ein Jahr für Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen und vier Jahre für weitere Steuern und Steuervergütungen. Soweit eine Steuer hinterzogen ist, beträgt die Festsetzungsfrist zehn Jahre, und soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist, fünf Jahre.

Schlussbesprechung 16 Jahre nach Prüfungsbeginn

Dass es danach auch ohne Steuerhinterziehung zu langen Festsetzungsfristen kommen kann, zeigt ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes. In diesem Fall ging es um eine im Jahr 1980 begonnene Außenprüfung eines Unternehmens mit Blick auf die Zeiträume 1974 bis 1978. Die letzte Ermittlungshandlung hatte 1989 stattgefunden. Abgeschlossen war die Prüfung danach aber immer noch nicht und wurde erst im Jahr 1995 fortgesetzt. Zu einer Schlussbesprechung über das Ergebnis der Prüfung kam es dann erst Ende 1996. 1997 ergingen entsprechende Steuerbescheide.

Aus Sicht des betroffenen Unternehmens war das zu spät. Mit Blick auf die letzte Ermittlungshandlung 1989 ging es von Verjährung der Bescheide aus. Dagegen war aus Sicht des Finanzamts der Zeitpunkt der Schlussbesprechung und damit das Jahr 1996 für die Verjährung maßgeblich. Dieser Auffassung folgten daraufhin auch die zuständigen Finanzgerichte, darunter der Bundesfinanzhof. Die Verjährung richte sich demnach nur dann nach der letzten Ermittlungshandlung, wenn die Schlussbesprechung definitiv unterbleibe.

Das demnach unterlegene Unternehmen erhob daraufhin Verfassungsbeschwerde gegen die Auslegung des zugrundeliegenden § 171 Abgabenordnung durch die Finanzgerichte. Diese verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip, das unter anderem den Grundsatz der Rechtssicherheit garantiere. Demnach muss jemand erwarten können, irgendwann nicht mehr mit Forderungen überzogen zu werden. Ein notwendiges Instrument dazu ist die Verjährung von Ansprüchen, die sich danach nicht mehr rechtlich durchsetzen lassen.

Mit Blick darauf, dass es auf die letzte Ermittlungshandlung nur dann ankomme, wenn die Schlussbesprechung definitiv unterbleibe, hätten es die Finanzämter in der Hand, die Verjährung beliebig hinauszuzögern. Das sah das Bundesverfassungsgericht anders.

Betroffene können auf Schlussbesprechung verzichten

Zwar dient die Schlussbesprechung gemäß § 201 Abgabenordnung dazu, dass Behörde und die von der Außenprüfung betroffene Person deren Ergebnis besprechen. Ein Steuerpflichtiger kann jedoch auch auf die Schlussbesprechung verzichten. Er hat es danach genauso in der Hand, den Ablauf der Verjährung herbeizuführen.

Bei einem Verzicht seien dabei keine Nachteile zu erwarten. Denn Finanzbehörden müssten Äußerungen von Steuerpflichtigen während der Außenprüfung genauso berücksichtigen wie solche, die sie in der Schlussbesprechung tätigen.

Im vorliegenden Fall wäre dabei aufgrund des fortgeschrittenen Verlaufs der Außenprüfung im Falle eines Verzichts unmittelbar die Verjährung eingetreten. Der Steueranspruch wäre erloschen. Vorhergehende Gespräche zwischen beiden Seiten hätten zudem gezeigt, dass der Finanzbehörde streitige Punkte bereits bekannt sein mussten.

Fazit: Die Verjährung bei einer Außenprüfung tritt spätestens, wenn seit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Schlussbesprechung stattgefunden hat, oder, wenn sie unterblieben ist, seit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die letzten Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung stattgefunden haben, die in § 169 Abs. 2 Abgabenordnung genannten Fristen verstrichen sind. Die Schlussbesprechung kann dabei auch unterbleiben, indem der von der Prüfung betroffene Steuerpflichtige auf sie verzichtet.

(BVerfG, Beschluss vom 21.07.2016, Az.: 1 BvR 3092/15)

(GUE)

Foto(s): ©Fotolia.com

Artikel teilen: