Kann ein Auto ein gefährliches Werkzeug im Rahmen einer gefährlichen Körperverletzung darstellen?

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Gefährliche Körperverletzung gemäß § 224 StGB

Eine einfache Körperverletzung nach § 223 StGB liegt dann vor, wenn man eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt. Die Freiheitsstrafe beträgt dann bis zu fünf Jahre. Eine körperliche Misshandlung meint jede üble und unangemessene Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden und die körperliche Unversehrtheit nicht unerheblich beeinträchtigt. Unter einer Gesundheitsschädigung ist das Hervorrufen, Aufrechterhalten oder Steigern eines pathologischen (krankhaften) Zustands zu verstehen.

Der § 224 StGB normiert die gefährliche Körperverletzung und stellt eine Qualifizierung zu der einfachen Körperverletzung gemäß § 223 StGB dar. Liegen eine der in § 224 Abs. 1 StGB beschriebenen Handlungsweisen vor, beträgt die Freiheitsstrafe mindestens sechs Monate bis zu zehn Jahren. 

Eine gefährliche Körperverletzung liegt gemäß § 224 Abs. 1 StGB vor wenn die Körperverletzung

  • durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen (Nr. 1),
  • mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs (Nr. 2),
  • mittels eines hinterlistigen Überfalls (Nr. 3),
  • mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich (Nr. 4) oder
  • mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung

begangen wird.

In der Praxis besonders relevant ist die zweite Alternative von Nr. 2, also das gefährliche Werkzeug. Unter einem gefährlichen Werkzeug versteht man jeden beweglichen Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit und der Art seiner Benutzung im konkreten Einzelfall geeignet ist, erhebliche Körperverletzungen herbeizuführen. Unbewegliche Gegenstände, wie Felsen oder Wände, gegen die das Opfer gestoßen oder gedrückt wird, erfüllen den Tatbestand nicht.

Beispiele für gefährliche Werkzeuge: Messer, Knüppel, Nadeln, Gabeln, Klebeband bei Verwendung zum Fesseln und Knebeln, Federhalter bei Verwendung zum Stechen, schwerer fester Schuh

Kann auch ein Fahrzeug ein gefährliches Werkzeug darstellen? 

Was nun konkret als gefährliches Werkzeug anzusehen ist, wirft allerdings immer wieder Probleme auf. Ein Klassiker unter den Problemen ist dabei die Frage, ob und unter welchen Umständen der Einsatz eines Kraftfahrzeuges als gefährliches Werkzeug zu qualifizieren ist.

Auch der Bundesgerichtshof musste sich in seiner aktuellen Entscheidung vom 14. Juli 2020 (4 StR 194/20) wieder einmal damit befassen, ob ein Auto als gefährliches Werkzeug eingesetzt wurde.

Vorliegend hatte der Angeklagte in suizidaler Absicht mit einer Geschwindigkeit von rund 125 km/h eine Frontalkollision mit zwei anderen Kraftfahrzeugen herbeigeführt, wodurch  drei Insassen verletzt wurden. Das Landgericht Münster hatte den Angeklagten daher wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 („mittels eines anderen gefährlichen Werkzeugs“) und Nr. 5 StGB („mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung“) verurteilt. Gegen dieses Urteil hatte der Angeklagte Revision eingelegt.

Der Bundesgerichtshof führte in seiner Entscheidung aus, dass die Verurteilung keinen rechtlichen Bedenken begegne. Insbesondere habe der Angeklagte die Körperverletzung durch den Einsatz seines Fahrzeugs auch mittels eines gefährlichen Werkzeugs begangen.

Für eine Verurteilung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB sei es erforderlich, dass die Körperverletzung durch ein von außen unmittelbar auf den Körper einwirkendes gefährliches Tatmittel eingetreten ist. Wird ein Kraftfahrzeug als Werkzeug eingesetzt, so müsse die körperliche Misshandlung also bereits durch den Anstoß selbst ausgelöst und die Verletzung auf einen unmittelbaren Kontakt zwischen Fahrzeug und Körper zurückzuführen sein. Verletzungen, die erst durch ein anschließendes Sturzgeschehen oder eine Ausweichbewegung des Tatopfers verursacht worden sind, genügen insoweit nicht.

In dem vorliegenden Fall seien die Verletzungen der Insassen der beiden Kraftfahrzeuge aber unmittelbar auf die durch den Angeklagten in suizidaler Absicht herbeigeführten Frontalkollisionen mit diesen Fahrzeugen zurückzuführen. Eine unmittelbare Einwirkung des Kraftfahrzeugs auf die Körper der Insassen sei daher hinreichend belegt.

Die Revision des Angeklagten wurde von dem Bundesgerichtshof daher als unbegründet verworfen. Das Urteil des Landgerichts Münster hatte mithin Bestand.

Hilfe durch Fachanwalt für Strafrecht 

Dieser Beitrag wurde von Rechtsanwalt Dietrich erstellt. Rechtsanwalt Dietrich tritt bereits seit vielen Jahren deutschlandweit als Strafverteidiger auf. Wenn Ihnen vorgeworfen wird, sich wegen gefährlicher Körperverletzung strafbar gemacht zu haben, können Sie unter den angegebenen Kontaktdaten einen Besprechungstermin mit Rechtsanwalt Dietrich vereinbaren. Alternativ können Sie Rechtsanwalt Dietrich auch eine E-Mail schreiben.


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