Kann ich durch eine Fahrerflucht auch einen Mord begehen?

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Wer nach einem Unfall weiter fährt, macht sich regelmäßig wegen Unfallflucht bzw. Fahrerflucht strafbar. Unter Umständen kommt aber nach Auffassung des BGH auch ein (versuchter) Mord wegen Verdeckungsabsicht in Betracht.

In der Entscheidung des BGH vom 06.12.2012 (4 StR 369/12) hatte ein betrunkener Autofahrer die zulässige Geschwindigkeit eingehalten. Trotzdem kam es zu einem Unfall mit erheblichem Personenschaden. Der Unfall wäre auch ohne Alkohol am Steuer nicht vermeidbar gewesen. Ohne Anzuhalten fuhr der Fahrer davon.

Durch dieses Verhalten könnte sich der Fahrer eines versuchten Mordes durch Unterlassen strafbar gemacht haben. Als „qualifizierendes" Mordmerkmal kommt die Verdeckungsabsicht in Betracht. Wer jemanden tötet, um die Aufklärung einer anderen Straftat - hier die fahrlässige Körperverletzung - zu verhindern, handelt mit Verdeckungsabsicht. Durch die mangelnde Hilfe des Verletzten käme eine Unterlassungsstrafbarkeit in Betracht.

Grundsätzlich macht man sich nur wegen Unterlassens strafbar, wenn eine Pflicht zum Handeln besteht. Diese kann sich z.B. aus einer Garantenstellung ergeben?

Eine Garantenstellung kann aus einem pflichtwidrigen Vorverhalten hergeleitet werden.

In der Entscheidung des BGH ist zunächst fraglich, was das pflichtwidrige Vorverhalten gewesen ist. Der Fahrer hat die zulässige Höchstgeschwindigkeit eingehalten. Der Vorwurf der Geschwindigkeitsüberschreitung ist dem Fahrer nicht zu machen.

Der Fahrer ist aber mit Alkohol am Steuer gefahren. Dies könnte ein pflichtwidriges Vorverhalten darstellen, da es straßenverkehrsrechtlich untersagt ist, betrunken Auto zu fahren. Es wurde aber festgestellt, dass auch ein nicht betrunkener Autofahrer den Unfall bei Einhaltung der zulässigen Geschwindigkeit nicht hätte vermeiden können. Also scheidet auch der Alkohol am Steuer als pflichtwidriges Vorverhalten aus.

Der BGH geht aber in diesen Fällen noch einen Schritt weiter. Vielmehr muss nach Auffassung des BGH ein betrunkener Autofahrer seiner alkoholbedingten verminderten Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit durch Verringerung der zulässigen Geschwindigkeit Rechnung tragen. In dem Gedankenmodell des BGH ist zu prüfen, ob bei der aufgrund des Alkoholkonsums notwendigen Verringerung der Geschwindigkeit der Unfall vermeidbar gewesen wäre.

Hiernach darf man nicht betrunken Autofahren. Wenn man aber schon Auto fährt, muss man nach Auffassung des BGH seine Geschwindigkeit verringern.

Wurde die Geschwindigkeit nicht der Alkoholisierung angepasst und wäre der Unfall bei der Verringerung der Geschwindigkeit vermeidbar gewesen, entsteht nach dem BGH eine Garantenpflicht. Aufgrund der Garantenpflicht kann sich der Autofahrer wegen Mordes durch Unterlassen strafbar machen.

Aus Verteidigergesichtspunkten ist diese Rechtsprechung abzulehnen, da die Voraussetzungen der Kausalität deutlich überspannt werden. Es ist höchst fraglich, ob sachlich nachvollziehbar nachträglich bestimmt werden kann, welche Geschwindigkeit aufgrund der Alkoholisierung angebracht gewesen wäre.

Diese Entscheidung wurde mitgeteilt von Rechtsanwalt Dietrich. Rechtsanwalt Dietrich ist Fachanwalt für Strafrecht aus Berlin Kreuzberg.

Weitere Informationen zur Fahrerflucht finden Sie unter:

www.strafverteidiger-fahrerflucht.de/


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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