Kann man sich durch Liken, das Teilen von Beiträgen oder Kommentaren auf social media strafbar machen?

  • 8 Minuten Lesezeit

Online einen „Daumen hoch“ gegeben und plötzlich Beschuldigter eines Strafverfahrens?

Die Straftaten in den sozialen Medien nehmen zu und immer mehr Ermittlungsverfahren wegen Verbrechen und Vergehen im Internet werden eingeleitet. 

Seit Jahren werden die Konsequenzen von Likes und Kommentaren in den Medien diskutiert. 2022 hat das Landgericht Meiningen die Möglichkeit einer Strafbarkeit wegen Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener (§ 189 StGB) und wegen Belohnung und Billigung von Straftaten (§ 140 StGB) durch das Liken eines Posts bejaht (LG Meiningen, Beschluss v. 05.08.2022 – 6 Qs 146/22 in MMR 2022, 1089). 

Doch ist das rechtens? Kann man sich durch das bloße Liken oder Teilen von Beiträgen auf Instagram, Facebook und Co. strafbar machen?

Wie kann man sich durch das Liken oder Teilen von Beiträgen strafbar machen?

Durch die Strafverfolgungsbehörden wurde durch Klicken des „Like“ Buttons mehrfach ein Verdacht wegen Billigung von Straftaten gem. § 140 Abs. 1 StGB angenommen.

Weitere Straftaten wurden angenommen, wenn man sich Botschaften anderer „zu eigen macht“. Namentlich wurden unter anderem Beleidigungen gem. §§ 185 ff. StGB aber auch Volksverhetzungen gem. § 130 StGB als eigene Aussage des Likenden oder Kommentierenden angesehen. 

Welche Strafe droht für das Liken oder Teilen bestimmter Beiträge? 

Die Billigung von Straftaten gem. § 140 StGB wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe sanktioniert. 

Je nach Art der volksverhetzenden Handlung gem. § 130 StGB ist eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe zu erwarten. 

Sowohl die Beleidigung als auch die üble Nachrede sehen eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe vor. Eine Verleumdung zieht eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe nach sich. 

Die strafrechtliche Relevanz des Likens oder Teilens bestimmter Beiträge in den sozialen Medien sollte daher nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Ab einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren ist zudem eine Aussetzung der Strafe zur Bewährung nicht mehr möglich.

Kann man sich durch ein Like für einen Beitrag strafbar machen?

Damit stellt sich die Frage, ob das Liken oder das Teilen bestimmter Beiträge eine Strafbarkeit begründen kann und vor allem bei welchen Beiträgen in den sozialen Medien ein Like oder das Teilen ein Strafverfahren nach sich ziehen kann.

Zu beachten ist, dass die nachfolgenden Ausführungen sich auf solche Aktionen auf social media beziehen, die für sich allein genommen erst einmal strafrechtlich neutral scheinen, aber in Bezug auf einen konkreten Beitrag, auf den sie sich beziehen (z.B. das Liken oder Teilen) möglicherweise strafrechtliche Relevanz erhalten.

Wird in der Kommentarspalte beispielsweise beleidigt oder Volksverhetzung begangen, so kann dies wohl recht unstreitig strafbar sein. 

Die nachfolgende Diskussion bezieht sich also vor allem auf vereinfacht ausgedrückt unterstützende Handlungen oder die Billigung oder Gutheißung dieser Beiträge zeigende Handlungen.

Was bedeutet Billigen einer Straftat? 

Gem. § 140 Abs. 1 StGB ist derjenige strafbar, wer eine von § 140 StGB erfasste rechtswidrige Tat z.B. Hochverrat oder sexueller Missbrauch von Kindern, in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten billigt.

Als Billigung ist die Kundgabe der Zustimmung zur Begehung der rechtswidrigen Tat in einer Weise, die aufzeigt, dass man sich moralisch hinter den Täter stellt, zu verstehen. Dabei muss es sich um eine eigene Stellungnahme handeln. 

Achtung! Als Tat kommen nicht nur Taten anderer, sondern auch eigene Taten in Betracht.  

Die Zustimmung zur Tat muss dabei nicht wörtlich ausgedrückt werden, sondern kann auch durch schlüssiges Handeln zum Ausdruck gebracht werden. Das Klicken des „Daumen nach oben“ ist hierzu wohl grundsätzlich aber nicht zwangsweise in der Lage. 

Eine Strafbarkeit der Billigung ist ausgeschlossen, wenn diese im Strafprozess erfolgt und somit zulässige Form der Selbstverteidigung ist. Auch ist dem bloßen Verbreiten billigender Erklärungen anderer ist keine eigene Billigung zu entnehmen. Dies kann sich jedoch schnell durch eine eigene anerkennende Kommentierung ändern! 

Eine Billigung erfolgt dabei öffentlich, wenn eine nicht bestimmte Anzahl anderer Personen die Möglichkeit hat Kenntnis von der Billigung zu nehmen, was auf social media oftmals, gar grundsätzlich, der Fall sein kann.

Die Strafbarkeit der Billigung ist nur dann strafbar, wenn Sie in einer Weise erfolgt, die geeignet ist den öffentlichen Frieden zu stören. 

Ist ein Like oder Kommentar geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören?

Die Eignung zur Störung des öffentlichen Friedens wird angenommen, wenn Gewaltpotentialegeschaffen, ein Zusammenleben gestört oder das Vertrauen in die öffentliche Rechtssicherheit erschüttert wird. Auch erfasst ist die Schaffung oder Vertiefung von Aggressionsbereitschaft und Schüren von Ängsten. Insbesondere, wenn die grundlegenden Werte der Rechtsgemeinschaft angegriffen werden. 

Eine Eignung setzt gerade nicht voraus, dass eine Störung auch tatsächlich eingetreten ist. 

Eine Eignung ist für jeden Like oder jeden Kommentar gesondert zu prüfen. Hierbei wird oftmals ein „Knackpunkt“ des jeweiligen Falles liegen. Eine Eignung wird durch viele Faktoren beeinflusst:

  • Wo wurde der Like oder Kommentar veröffentlicht? 
  • Wie viele können den Like oder den Kommentar wahrnehmen?
  • Wie abwertend oder rechtsfeindlich ist der Kommentar?
  • Welche Art der Nachricht bestätige ich durch meinen Kommentar oder Like?
  • Wie ist der Wortlaut der konkreten Textpassage?


Das LG Meinungen bejahte die Eignung zur Störung des öffentlichen Friedens in seinem Beschluss mit Verweis auf die „unkontrollierte[…] Verbreitung der Billigung über das Medium Facebook“ in diesem Fall (LG Meiningen, Beschluss v. 05.08.2022 – 6 Qs 146/22 in MMR 2022, 1089).

Wohlnicht jeder Daumen nach oben und auch nicht jeder Kommentar stört den öffentlichen Frieden. Gerade hier kann also ein Ansatzpunkt der Strafverteidigung liegen, indem dieser Punkt sorgfältig geprüft und Argumente, die gegen eine Eignung der Störung des öffentlichen Friedens sprechen, herausgearbeitet werden.

Wann mache ich mir eine Nachricht anderer zu eigen? 

Hab´ ich doch nicht selbst geschrieben – also mache ich mich doch nicht strafbar? 

So leicht lassen die Gerichte die social Media Nutzer nicht davonkommen. Bei Botschaften anderer besteht die Möglichkeit sich den Inhalt - als eigene Stellungnahme - zu eigen zu machen. Dies ist der Fall, wenn fremde Missachtung einer eigenen Missachtung gleichgesetzt wird. Der Gedankengang muss letztendlich wie der eigene erscheinen. 

Das Landgericht Meiningen hat dies bei Klicken des Like Buttons (Daumen hoch) als ureigene Funktion angenommen und angenommen, Daumen hoch heißt „Ich mag oder will das“. Daumen nach oben stellt uneingeschränkte Zustimmung dar, die bewusst an die Öffentlichkeit getragen wird. Vgl. LG Meiningen, Beschluss v. 05.08.2022 – 6 Qs 146/22 in MMR 2022, 1089.

Achtung: Eine starre Betrachtung ist wie so oft mit Vorsicht zu genießen. Jeder Fall ist für sich betrachtet zu prüfen und Besonderheiten des Einzelfalles bei der Prüfung einer Strafbarkeit zu berücksichtigen.

Ein starres zu eigen machen durch Betätigung des Like Buttons kann nicht pauschal angenommen werden. Vielmehr muss eine einzelfallbezogene Entscheidung erfolgen. Die verschiedenen Internetplattformen bieten gerade verschiedene Methoden der Kommentierung an. 

Der „Like Button“ ist vom „Herz“, „Smiley“ oder „Stern“ abzugrenzen. Insbesondere sind die Möglichkeiten der Weiterverbreitung im Einzelfall zu betrachten. Wer einer Botschaft nicht nur einen Klick widmet, sondern diese (kommentiert) mit weiteren Personen im Chat oder sogar den Stories teilt, zeigt wohl eine größere zu Eigenmachung als die bloße Betätigung des Like Buttons. 

Ebenso kann gegen die strafbegründende Wirkung eines Likes in manchen Fällen ggf. vorgebracht werden, dass eine Wahrnehmung des Beitrags durch die Öffentlichkeit als Bestätigung gerade durch eine Vielzahl an Likes und nicht einen einzelnen Like erzeugt wird. Diesem Argument kann man allerdings entgegenhalten, dass hier wohl der Vorwurf von Zirkelschlüssigkeit im Raum steht, denn ohne ein einzelnes Like kann niemals eine Vielzahl an Likes erreicht werden.

Im Einzelfall kann einem Like auch eine andere Bedeutung zukommen. Manche liken Beiträge, damit diese archiviert und später genauer betrachtet werden können. Die Verwendung des Like Buttons unterliegt gerade keinen speziellen Regularien. Auch ist nicht immer geklärt, auf welchen Teil eines Posts sich der Like bezieht. 

Fakt ist: Eine pauschale Antwort, das Liken oder Teilen von Beiträgen sei – natürlich abhängig vom Beitrag – strafbar, verbietet sich wie so oft auch hier. Allerdings ist es durchaus möglich, dass man sich durch das Liken, Kommentieren oder Teilen bestimmter Beiträge auf Instagram und Co. strafbar macht.

„Man wird doch wohl noch seine Meinung sagen dürfen“ – Strafbarkeit durch Liken, Teilen, Kommentieren von Beiträgen trotz Meinungsfreiheit?

Grundsätzlich ist die Meinungsfreiheit ein in der deutschen Verfassung verankertes Grundrecht. Kann man sich überhaupt strafbar machen, wenn man einfach nur seine Meinung kundtut?

Die Meinungsfreiheit ist ein bedeutendes Recht der Menschen in Deutschland. Die Meinungsfreiheit schützt grundsätzlich auch geschmacklose Beiträge, solange die Grenze hin zur Strafbarkeit nicht erreicht ist. 

Eine mögliche zu Eigenmachung fremder Botschaften kann im Falle der Einleitung eines Strafverfahrens oftmals zu Durchsuchungen und weitreichenden Ermittlungsmaßnahmen führen. 

Gerade aufgrund der schwerwiegenden Auswirkungen eines Strafverfahrens, zum Beispiel aufgrund der damit verbundenen Ermittlungsmaßnahmen, aber auch der drohenden Strafe, ist die Berücksichtigung der Meinungsfreiheit bei der Frage nach der Strafbarkeit wegen eines Delikts, welches im Zusammenhang mit der Meinungsfreiheit steht, besonders wichtig. Dies betrifft insbesondere den Fall, dass einer Aussage auf verschiedene Arten gedeutet werden kann. In diesem Fall muss das Gericht aufgrund einer Deutung verurteilt und dabei nicht zuvor „die anderen möglichen Deutungen mit schlüssigen Gründen ausgeschlossen“ hat (BVerfG, Beschluss v. 28.07.2014 – 1 BvR 482/13 m.w.N.). 

Auch aus diesem Grund kann nicht pauschal gesagt werden, ob einem Like oder dem Teilen sowie Kommentieren eines Beitrags auf social media strafbegründende Wirkung zukommt.

Wie bereits angedeutet gilt die Meinungsfreiheit nicht absolut, sondern findet ihre Grenze vor allem in den Strafgesetzen. Auch wenn man subjektiv davon ausgeht, lediglich seine Meinung zu äußern, kann es sich dabei um eine strafrechtlich relevante Volksverhetzung, Beleidigung oder um die Verwirklichung einer anderen Straftat handeln.

Strafbefehl wegen Billigung von Straften, Beleidigung oder Volksverhetzung erhalten – was ist nun zu tun? 

Sollten Sie einen Strafbefehl erhalten haben oder wegen Kommentierung oder Billigung einer Nachricht beschuldigt werden, sollten Sie bestenfalls frühzeitig reagieren. 

Insbesondere da derartige Vorwürfe oft mit Durchsuchungen und Beschlagnahmen verbunden sind, ist Schnelligkeit gefragt. Wir können wir Ihnen zur Seite Stehen und Ihre Rechte geltend machen. Wir prüfen für Sie die Rechtmäßigkeit der Durchsuchung und die Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. 

Zeitnahes Handeln ist vor allem bei Erhalt eines Strafbefehls notwendig. Nach Ablauf der kurzen Einspruchsfrist von 2 Wochen steht dieser einem rechtskräftigen Urteil gleich (§ 410 Abs. 3 StPO).

Wir beantragen Akteneinsicht und erarbeiten eine für gerade Ihren Fall geeignete Verteidigungsstrategie.

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