Kein Fahrverbot wegen schlechter Chancen auf dem Arbeitsmarkt (LG Dortmund)

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Wenn ein Angeklagter ohne seine Fahrerlaubnis auf dem (örtlichen) Arbeitsmarkt in seinem Beruf eine Anstellung nicht oder nur schwer finden kann, kann das Gericht unter bestimmten Voraussetzungen von der Entziehung der Fahrerlaubnis absehen. So hat das Landgericht Dortmund entschieden.

Der Angeklagten wurde durch Urteil des Amtsgerichts Essen zuvor  (Az.: 39 Cs -43 Js 2478/12- 53/13) wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt. Außerdem wurde dem Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen, sein Führerschein wurde eingezogen. Das Amtsgericht hatte zudem angeordnet, dem Angeklagten vor Ablauf von 12 Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Der Angeklagte hatte bereits in der Ersten Instanz auf die Problematik der Arbeitsplatzsuche ohne Fahrerlaubnis hingewiesen. Der Angeklagte ist Gas- und Wasserinstallateur.

Das Landgericht Dortmund hat ebenfalls eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung, nach §§ 315 c Abs. 1 Nr. 1 a, Abs. 3 Nr. 2 StGB gesehen, im Berufungsverfahren jedoch auf eine Entziehung der Fahrerlaubnis verzichtet und (lediglich) ein Fahrverbot §§ 69, 69 a StGB von drei Monaten Dauer angeordnet.

Bei der Strafzumessung hat die Kammer strafmildern gewertet, dass der Angeklagte sich ohne Umschweife geständig eingelassen und einsichtig gezeigt hat. Zu Gunsten des Angeklagten war auch zu berücksichtigen, dass er bislang nicht einschlägig strafrechtlich in Erscheinung getreten ist.

Ebenfalls strafmildernd wurde berücksichtigt,  dass der Angeklagte sich noch am Anfang seines Berufslebens befindet und droht, bei weiterem Verzicht auf seine Fahrerlaubnis, keine Arbeitsstelle finden zu können. Das LG hat strafschärfend berücksichtigt, dass der Angeklagte erheblich alkoholisiert war und dass ein hoher Sachschaden entstanden ist.

Das LG hat sodann angenommen, dass es sich nach den glaubhaften Angaben des Angeklagten bei der Tat um einen einmaligen und außergewöhnlichen Verstoß, welcher auch dadurch bedingt war, dass zu dem Zeitpunkt, als der Angeklagte die Trunkenheitsfahrt unternommen hat, der Vater des Angeklagten bereits schwer erkrankt war. Beeinflusst durch den Zustand seines Vaters hat der Angeklagte in erheblichem Maße Alkohol konsumiert und dennoch für die Fahrt nach Hause den Pkw des Vaters benutzt. Weitere Straftaten des Angeklagten, nach Begehung dieser Straftat, sind nicht bekannt geworden. Zudem war zu berücksichtigen, dass dem Angeklagten aufgrund der Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch seinen Onkel ab September 2013 die Arbeitslosigkeit droht. Der Angeklagte hat nachvollziehbar geschildert, dass er als Geselle im Gas- und Wasserinstallationsgewerbe auf eine Fahrerlaubnis angewiesen ist. So wird von einem Gesellen in diesem Gewerbe erwartet, dass er auch eigenständig Termine bei Kunden wahrnimmt und hierbei zum Transport von Werkzeuge und Material einen Pkw benutzt. Ohne Fahrerlaubnis bleibt dem Angeklagten der Arbeitsmarkt in seinem Ausbildungsbereich nahezu vollständig versperrt. Vor diesem Hintergrund kann insgesamt nicht davon ausgegangen werden, dass der Angeklagte nach wie vor ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeuges im Straßenverkehr ist.  

(LG Dortmund, Urteil vom 28.06.2013 - 31 Ns 81/13)

Damit hat das LG Dortmund der besonderen Situation auf dem Arbeitsmarkt eines Gas- und Wasserinstallateurs ohne Führerschein Rechnung getragen. Ob diese Ausführungen des LG Essen auch auf andere Berufsgruppen übertragbar ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Es zeigt sich jedoch auch hier, wie wichtig eine gute anwaltliche Beratung und ein substanzhaltiger Vortrag durch einen versierten und erfahrenen Verteidiger ist.


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