Kita-Platz in Bremen zum Kindergartenjahr 2023/2024

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Der Mangel an Plätzen in Bremer Kitas ist ein großes Problem. Im Kindergartenjahr 2022/2023 konnten viele Kinder über drei Jahren, die von ihren Eltern angemeldet wurden, nicht in einer Einrichtung untergebracht werden. Gibt es einen Rechtsanspruch und welche Rechtsschutzmöglichkeiten haben Sie, wenn Ihr Kind nicht aufgenommen wurde?

Aktuelle Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Bremen

Das Verwaltungsgericht Bremen erlässt gegen die Stadtgemeinde Bremen, vertreten durch die Senatorin für Kinder und Bildung aktuell (beispielsweise durch Beschluss vom 08.11.2022) folgenden Beschluss mit dem Tenor:

"Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, dem Antragsteller vorläufig einen Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung im Sinne des § 24 Abs. 3 SGB VIII im Umfang von sechs Stunden täglich bereit zu stellen.


Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens trägt die Antragsgegnerin."

Rechtsanspruch nach § 24 SGB VIII

Ein Rechtsanspruch auf die Verschaffung des begehrten Platzes folgt aus § 24 des Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII). Dabei unterscheidet das Gesetz nach dem Alter des Kindes.

Nach § 24 Abs. 1 SGB VIII ist ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn u. a. die Erziehungsberechtigten einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind oder sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden. Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat nach § 24 Abs. 2 SGB VIII bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Gemäß § 24 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII hat ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, bis zum Schuleintritt Anspruch auf den Besuch einer Tageseinrichtung. Nach § 24 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII haben die Träger der öffentlichen Jugendhilfe darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagesplätzen zur Verfügung steht.


Bremen: § 5 Aufnahmeortsgesetz (BremAOG)

Durch § 5 des Ortsgesetzes zur Aufnahme von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege der Stadtgemeinde Bremen (Aufnahmeortsgesetz - BremAOG) wird dieser Rechtsanspruch näher ausgestaltet.

§ 5 Abs. 1 BremAOG regelt den Anspruch für ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat (insb. wenn die Erziehungsberechtigten einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind). Ein Kind, das das 1. Lebensjahr vollendet hat, hat nach § 5 Abs. 2 BremAOG einen Rechtsanspruch auf bis zu 20 Stunden wöchentliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Nach § 5 Abs. 3 BremAOG hat ein Kind, das spätestens am 31. Dezember des Kindesgartenjahres das 3. Lebensjahr vollendet und nach § 8 Abs. 3 in den Kindergarten aufgenommen wird, einen Rechtsanspruch auf bis zu sechs Stunden tägliche Förderung in einer Tageseinrichtung.


Kein Kapazitätsvorbehalt

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt ist, dass der Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung nach § 24 Abs. 2 SGB VIII keinem Kapazitätsvorbehalt unterliegt. Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist verpflichtet zu gewährleisten, dass ein dem Bedarf in qualitativer und quantitativer Hinsicht gerecht werdendes Angebot an Tageseinrichtungen vorgehalten wird. Er hat gegebenenfalls die vorhandenen Kapazitäten so zu erweitern, dass sämtlichen anspruchsberechtigten Kindern ein ihrem Bedarf entsprechender Betreuungsplatz nachgewiesen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil v. 26.10.2017 – 5 C 19/16).

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Bremen unterliegt auch der in § 24 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII normierte Rechtsanspruch keinem Kapazitätsvorbehalt. Die Rechtsnatur der Leistung als subjektives Recht sowie die Leistungsverpflichtung im Rahmen der Gesamtverantwortung sei mit dem Rechtsanspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII identisch. Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe sei daher in gleichem Maße verpflichtet, für Kinder, die das dritte Lebensjahr vollendet haben, zu gewährleisten, dass ein ihrem Bedarf in qualitativer und quantitativer Hinsicht gerecht werdendes Angebot an Tageseinrichtungen vorgehalten werde und gegebenenfalls vorhandene Kapazitäten zu erweitern, so das Verwaltungsgericht Bremen, u. a. Beschluss vom 14.01.2020 - 3 V 2589/19.


Beweislast bei Behörde

Der Nachweis fehlender Kapazitäten obliege der Stadtgemeinde Bremen. Diese müsse zum einen die Erschöpfung der Kapazität und zum anderen die Durchführung eines sachgerecht ausgestalteten Verfahrens zur Platzvergabe substantiiert darlegen.


Wohnortnähe

Gem. § 6 Abs. 1 BremAOG ist bei der Aufnahme von Kindern in einer Tageseinrichtung unter anderem zu berücksichtigen, dass sich die Tageseinrichtung oder Kindertagespflegestelle in Wohnortnähe des Kindes befindet und das Kind Geschwister hat, die diese Tageseinrichtung besuchen. Eine praktisch wichtige Änderung hat § 6 Abs. 1 Nr. 1 BremAOG durch das Ortsgesetz vom 22.12.2020 (Brem.GBl. S. 1691) erfahren: während sich die Tageseinrichtung bislang in Wohnortnähe des Kindes befinden musste, wurde dies nunmehr erweitert auf: „oder in der Nähe des Arbeitsplatzes eines Erziehungsberechtigten“.


Sollten Sie keinen Kita-Platz erhalten haben, sollten Sie nach Prüfung Ihren Rechtsanspruch gerichtlich geltend machen in Form einer Klage auf Zuweisung eines Betreuungsplatzes in einer Kindertageseinrichtung. Das Verfahren ist nach § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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