Wer zahlt bei fehlendem Kita-Platz?
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Kinder haben ab der Vollendung des ersten Lebensjahres bis zur Einschulung grundsätzlich Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung, Kindertagespflege damit auf einen Kita-Platz. Ein entsprechender Antrag ist bereits nach der Geburt des Kindes möglich. Je nach Bundesland gelten hierfür unterschiedliche Fristen für den Antrag vor der Inanspruchnahme.
Allerdings stehen nicht überall in Deutschland auch genügend Plätze zur Verfügung. Haben sich Städte oder Gemeinden nicht ausreichend um entsprechende Betreuungsmöglichkeiten gekümmert, müssen Sie unter Umständen Schadensersatz zahlen. Oft wird dabei um die Frage gestritten, wie weit der angebotene Kita-Platz maximal von der Wohnung entfernt sein darf.
Antrag auf Kitaplatz abgelehnt: Was dann?
Bevor ein Gericht entscheiden kann, muss die zuständige Behörde bzw. Stelle einen entsprechenden Antrag auf einen Betreuungsplatz aber erst einmal ablehnen bzw. über längere Zeit untätig bleiben. Bundeslandabhängig ist gegen die Ablehnung eines Antrags zudem ein erfolglos eingelegter Widerspruch nötig.
Die gegebenenfalls erst dann zulässige Klage zum zuständigen Verwaltungsgericht (VG) sollte außerdem mit einem Eilantrag verbunden sein. Denn im Klageweg allein vergehen aufgrund der üblichen Verfahrensdauer bis zu einer Entscheidung nicht selten sogar Jahre. Für das Kind, um das es geht, kommt diese dann zu spät. Bei einem Eilverfahren fällt eine, wenn auch nur vorläufige Entscheidung dagegen regelmäßig innerhalb einiger Wochen.
Betroffene sollten auf jeden Fall die für die Einlegung des Widerspruchs bzw. für die Erhebung der Klage geltende Frist einhalten.
Haben Eltern Anspruch auf ihren Wunsch-Kitaplatz?
Der im Achten Sozialgesetzbuch (SGB VIII) in § 24 SGB VIII zu findende Anspruch besagt, dass dieser entweder für einen Platz in einer Tageseinrichtung oder in der Kindertagespflege besteht. Eine Behörde dürfte also auf einen Platz in einer anderen Betreuungsform verweisen, also statt des beantragten Platzes in einer Kindertagesstätte einen in der Tagespflege auswählen. Sofern das für das Kind und dessen Eltern zumutbar ist, müssen diese die Wahl annehmen.
Für Aufsehen sorgte diesbezüglich eine Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Köln (Beschluss v. 19.07.2013, Az.: 19 L 877/13). Denn demnach unterscheiden sich die Betreuungsformen erheblich, sodass eine von den Eltern getroffen Wahl zu beachten ist. Leider wurde diese Entscheidung, nachdem die Stadt Köln dagegen Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen eingelegt hat, abgeändert (Beschluss v. 14.08.2013, Az. 12 B 793/13). Demnach dürfen Eltern auf eine Tagesmutter verwiesen werden, wenn ein gewünschter Kita-Platz nicht verfügbar ist. Ansonsten ist ihr Wunsch jedoch zu beachten.
Fehlen Plätze, können auch Gerichte diese nicht einfach per Urteil herbeizaubern. In manchen Fällen kann dennoch eine Gruppenerweiterung möglich sein. So entschied der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg und ließ Personalmangel als Einwand nicht gelten, weil das Gesetz diesen nicht vorsehe (Beschluss v. 23.11.2022, Az.: 12 S 2224/22). Aber auch diese Kapazitätserweiterung hat Grenzen.
Kita-Platz in maximal 5 km Entfernung
Zu den Zumutbarkeitskriterien zählt auch eine angemessene Nähe der Einrichtung zum Wohnort des Kindes. Auch dahin gehend ist der Beschluss des VG Köln interessant. Denn eine Kita darf dem Gericht zufolge maximal fünf Kilometer vom Wohnort des Kindes entfernt liegen. Auch hiergegen richtete sich die bereits genannte Beschwerde der beklagten Stadt Köln. Hier ließ das OVG Nordrhein-Westfalen die Entscheidung des VG Köln jedoch grundsätzlich bestehen. Die Richter in der höheren Instanz betonten jedoch, dass nicht pauschal auf die Entfernung abgestellt werden dürfe. Stattdessen kommt es auf weitere Umstände an, die passend zum jeweiligen Fall zu beurteilen sind.
Zumutbare Fahrzeit zur Kita
Bereits 2013 entschied das VG München, dass eine Wegstrecke von täglich 30 Minuten zur Kita mit öffentlichen Verkehrsmitteln zumutbar ist. Geklagt hatten die Eltern eines knapp 13 Monate alten Kindes. Ihr Kind hatte unstreitig Anspruch auf Förderung in einer Kindertageseinrichtung nach § 24 Abs. 2 Achtes Sozialgesetzbuch (SGB VIII).
Die Stadt München hatte der Familie für ihr Kind tatsächlich Betreuungsplätze in Kindertagesstätten angeboten. Die waren jedoch von der elterlichen Wohnung und den Arbeitsstellen der Eltern deutlich entfernt. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln dauerte die Fahrt jeweils ca. 30 Minuten. Das sei zu lang, fanden die Eltern und klagten auf Zuweisung eines Platzes bei einer näher gelegenen städtischen oder freigemeinnützigen Kindertagesstätte.
Der Weg von 30 Minuten ist noch zumutbar, entschieden dagegen die Verwaltungsrichter. So könnten sich in diesem Fall beide berufstätige Eltern auch abwechseln und so den zeitlichen Aufwand individuell verteilen (VG München, Urteil v. 18.09.2013, Az.: M 18 K 13.2256).
Finanzielle Entschädigung bei fehlendem Kita-Platz?
In Fällen, in denen es keinen öffentlichen Betreuungsplatz gibt, können Eltern zumindest auf finanzielle Entschädigung hoffen. Eltern können so von einer Kommune Mehrkosten für eine alternativ in Anspruch genommene Privatbetreuung verlangen. Das Verwaltungsgericht München entschied, dass der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme von Mehrkosten bei der zulässigen Selbstbeschaffung eines kostenpflichtigen Betreungsplatzes verpflichtet sein kann (Urteil v. 13.06.2018, Az.: M 18 K 17.1292).
Wer mangels Plätzen zu Hause bleiben muss, um sich ums Kind zu kümmern, und deshalb seinen Beruf aufgeben muss, der kann weitergehenden Schadensersatz aus Amtshaftung verlangen. Neben dem Verdienstausfall umfasst dieser in der Regel auch die zum Durchsetzen des Anspruchs notwendigen Anwaltskosten. Zum Verdienstausfall traf der Bundesgerichtshof im Jahr 2016 eine wegweisende Entscheidung zulasten der Stadt Leipzig (Urteil v. 20.10.2016, Az.: lll ZR 278/15, lll ZR 302/15, lll ZR 303/15). Danach können vom Träger verschuldete Umstände für die fehlende Betreuungsmöglichkeit wie Personalmangel einen Schadensersatzanspruch auf dadurch erlittenen Verdienstausfall begründen.
Kostenersatz für selbst beschafften Krippenplatz
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat 2013 ebenfalls über eine Klage zur Kinderbetreuung entschieden. In diesem Fall war die Stadt als Beklagte nicht in der Lage, einem zweijährigen Mädchen einen Krippenplatz zur Verfügung zu stellen.
Die Eltern nahmen daraufhin die Sache selbst in die Hand und brachten ihre Tochter bei der Kinderkrippe einer privaten Elterninitiative unter. Die Kosten dafür in Höhe von ca. 2.200 Euro wollten sie von der Stadt ersetzt haben. Das BVerwG gab ihnen dabei grundsätzlich recht.
Kann die Stadt oder Gemeinde den Anspruch auf einen Krippenplatz nicht erfüllen, muss sie insoweit Schadenersatz leisten, wenn die Eltern sich selbst um eine Betreuungseinrichtung kümmern. Voraussetzung neben dem grundsätzlichen Kitaplatzanspruch ist allerdings, dass die zuständige Behörde vor der Selbstbeschaffung rechtzeitig informiert wurde und kein zeitlicher Aufschub möglich war (BVerwG, Urteil v. 12.09.2013, Az.: 5 C 35.12).
Kein kostenfreier Kita-Platz vorhanden?
Der Besuch einer Kindertagesstätte ist in manchen Städten und Gemeinden gebührenfrei. Dies ist meist in einem dementsprechenden Gesetz geregelt. Erhält ein Kind keinen solchen kostenfreien Kita-Platz, müssen die Eltern einen anderen Platz in Anspruch nehmen, eventuell sogar bei einem privaten Träger, der für den Besuch Beiträge verlangt.
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Sachsen verurteilte einen Landkreis zur Zahlung von 5.248,05 Euro an die Eltern. Auch hier hatten diese ihr Kind zwar rechtzeitig bei der Stadtverwaltung für einen Kindergartenplatz angemeldet, aber von öffentlicher Seite keine Unterbringungsmöglichkeit erhalten.
Die Kosten des daraufhin mit einer privaten Einrichtung abgeschlossenen Jahresvertrags verlangten die Eltern vom Landkreis zurück – abzüglich eines Elternbeitrags, den sie für die Betreuung in einer städtischen Einrichtung ebenfalls hätten zahlen müssen.
Das Sächsische OVG verurteilte den Landkreis zur Zahlung, obwohl dem nicht einmal bekannt war, dass die Eltern für ihr Kind keinen Betreuungsplatz bekommen hatten. Der Landkreis müsse nämlich den bei der Stadt gestellten Antrag gegen sich gelten lassen, entschied das Gericht. Er sei in diesem Fall als örtlicher Träger der Jugendhilfe verantwortlich für die Ansprüche der Eltern in Bezug auf die Kinderbetreuung. Im Fall fehlender Plätze müsse er dann konsequenterweise auch die Mehrkosten für eine anderweitige Unterbringung der Kinder übernehmen (OVG Sachsen, Urteil v. 14.03.2017, Az.: 4 A 280/16).
(GUE, ADS)
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