Kleidung am Arbeitsplatz: Inwiefern darf der Arbeitgeber den Angestellten einen Dresscode vorschreiben?

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Ein Interview von Toni Ivanov mit Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck, Berlin und Essen.

Man soll Menschen nicht nach der Kleidung beurteilen. Und trotzdem kann man von ihr mitunter auf menschliche Qualitäten und berufliche Fähigkeiten schließen. Kompetenz und Seriosität werden noch an klassische Kleidung gekoppelt. Als Arbeitnehmer repräsentiert man zugleich das ganze Unternehmen, deswegen wird in Branchen, in denen der Arbeitnehmer ein besonders ordentliches Erscheinungsbild aufweisen muss, eine bestimmte klassische Kleidung erwartet. Alles, was sich von dieser Konzeption unterscheidet, führt zum Misstrauen bei den Kunden hinsichtlich der Vertrauenswürdigkeit des Unternehmens.

Toni Ivanov: Was darf der Arbeitgeber kleidertechnisch von mir verlangen?

Fachanwalt Bredereck: Jeder Mensch ist bei der Gestaltung seines Äußeren frei. Hinsichtlich der Arbeitskleidung gilt daher als Faustregel, dass alles erlaubt ist, was die Arbeitsleistung nicht nur unerheblich einschränkt und Kollegen nicht an der ordnungsgemäßen Leistung der Arbeit hindert oder hiervon ablenkt. Das Interesse des Arbeitnehmers, seine Kleidung selbst zu bestimmen, steht also dem des Arbeitgebers an einem geregelten Arbeitsablauf entgegen. Rechtlich gesehen handelt es sich dabei um einen Konflikt zwischen dem in Art. 2 I GG geregelten allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Arbeitsnehmers und dem Weisungsrecht des Arbeitgebers (§ 106 GewO).

Toni Ivanov: Wie weit erstreckt sich dieses Bestimmungsrecht des Arbeitgebers?

Fachanwalt Bredereck: Für die Ausübung des Direktionsrechts ist ein betriebliches Bedürfnis erforderlich, das die Anordnung einer bestimmten Dienstkleidung gerechtfertigt. Das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers auf seinen eigenen Stil tritt daher zurück, wenn der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran hat, die Arbeitskleidung seiner Mitarbeiter mitzubestimmen. Für den Arbeitnehmer bedeutet das, dass er rechtlich verpflichtet ist, den Kleidervorschriften des Arbeitgebers Folge zu Leisten.

Die Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts kann in erster Linie von der allgemeinen Rücksichtnahmepflicht des § 241 Abs. 2 BGB abgeleitet werden. Insbesondere können sich berechtigte Arbeitgeberinteressen von den Kundenkontakten ergeben, etwa zur Kennzeichnung der Funktion des Arbeitnehmers oder wenn eine bestimmte Kleidung in dem jeweiligen Berufsfeld ein „Muss“ ist. Eine Verpflichtung zur Einhaltung einer einheitlichen Arbeitskleidung kann auch aus dem Arbeitsschutz oder aus hygienischen Gründen resultieren.  

Toni Ivanov: Und wie sieht‘s aus mit der Zahlung?
 
Fachanwalt Bredereck: Es herrscht der Grundsatz, dass der Arbeitgeber die vorgeschriebene Kleidung zur Verfügung stellen bzw. bezahlen muss. Für Kleidungsstücke, die auch privat verwendet werden können, gilt dies allerdings nicht. Die Arbeitsvertragsparteien können jedenfalls vereinbaren, dass sich der Arbeitnehmer an den Kosten beteiligt, solange der Anteil des Arbeitnehmers nicht unangemessen hoch ist. Ist am Arbeitsplatz eine Schutzkleidung gesetzlich vorgeschrieben, hat der Arbeitgeber sowohl den Kaufpreis als auch die Reinigungs- und Instandhaltungskosten dafür zu übernehmen.

Toni Ivanov: Was sind die Konsequenzen bei einer Nichtbeachtung der Kleidervorschriften?

Fachanwalt Bredereck: Liegt eine Anordnung des Arbeitgebers bezüglich der zu tragenden Kleidung am Arbeitsplatz vor, dann müssen sich die Mitarbeiter an diese „Kleidungsgesetze“ halten. Die Weigerung selbst kann zwar keine Kündigung begründen, wird aber als eine Pflichtverletzung und daher auch als ein abmahnungsfähiges Verhalten betrachtet, wenn die Weisung sachlich begründet ist.

Toni Ivanov: Vielen Dank!

Ein Beitrag von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck, Berlin und Essen.

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12.09.2014


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