Kleines Reise-ABC für Winterurlauber

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Tipps bei Reisepannen

Alle Jahre wieder packen Reisefreudige über Weihnachten, Silvester und zu Beginn des neuen Jahres ihre Koffer und verbringen ein paar Tage in den Bergen oder auch im sonnigen Süden. Welche Rechte Urlauber haben, wenn der Flieger nicht pünktlich abhebt, die Koffer verschollen sind oder das Kreuzfahrtschiff ohne sie ablegt, wissen die Reiserechtsexperten Rechtsanwalt Roosbeh Karimi und Dipl.- Juristin Sabine Fischer-Volk von der Berliner Kanzlei karimi RECHTSANWÄLTE.

1. Hotel statt Schloss: nicht so festlich wie gedacht

Die Eheleute H. wollten den Jahreswechsel in einem noblen Schlosshotel und ihren Hochzeitstag feiern. Sie buchten 3 Übernachtungen mit Galadinner und festlichem Silvesterkonzert. Anfang Dezember teilte ihnen der Reiseveranstalter mit Bedauern mit, dass das Grandhotel überbucht ist und bot als Ersatz ein 4-Sterne-Hotel im Nachbarort an. Allerdings sollte es dort an Silvester nur ein Buffet geben und zum Tanz war ein DJ engagiert. Das Ehepaar H. wollte nicht in das wenig glamouröse Hotel und stornierte die Reise. Zu Recht?

Roosbeh Karimi:

Urlauber können jederzeit vor Reiseantritt von der gebuchten Pauschalreise zurücktreten, müssen aber ggf. Stornogebühren zahlen (§ 651 h BGB). Ändert allerdings der Veranstalter die Reise wie hier erheblich und bietet ein unzumutbares Ersatzangebot an, können Urlauber ohne Stornogebühren vom Vertrag zurücktreten. Sie haben dann auch Anspruch auf Schadenersatz wegen entgangener Urlaubsfreuden (§ 651 n BGB). Hätten die Eheleute das Ersatzangebot angenommen, bestünde ein Anspruch auf Reisepreisminderung (§§ 651 g Abs. 3 BGB, Art. 250 § 10 EGBGB).

2. Koffer im Nirgendwo: wenn der Flieger nicht rechtzeitig abhebt

Familie F. saß bereits im Flieger und freute sich auf ihr Kreuzfahrtschiff als der Flugkapitän mitteilte, dass sein Funkgerät nicht funktioniert. Er bat die Passagiere, wieder auszusteigen. Erst mit einem späteren Flieger und achtstündiger Verspätung erreichte die Familie schließlich den Hafen und gerade noch das Kreuzfahrtschiff. Die Koffer allerdings waren irgendwo auf der Strecke geblieben. Sie wurden erst 3 Tage später und mit einem Wasserschaden an Bord gebracht. Familie F. hatte sich bereits im nächsten Hafen neue Sachen gekauft und will nun Schadenersatz vom Reiseveranstalter. Zu Recht?

Sabine Fischer-Volk:

Ist ein Passagier von einem Flugausfall betroffen, hat er neben dem Recht auf Entschädigung auch Anspruch auf eine zeitnahe Beförderung zum gebuchten Zielflughafen (Art. 8 Abs. 1, b Fluggastrechte-VO). Dafür hat sich die Familie entschieden. Verspätet sich die Ersatzbeförderung, besteht nur dann kein Anspruch auf Entschädigung, wenn die Verspätung am Endziel weniger als 2 Stunden beträgt (Art. 5 Abs. 1, c, iii). Familie F. kam sogar mit einer 8-stündigen Verspätung am Endziel an.

Das Luftfahrtunternehmen ist von der Ausgleichspflicht gegenüber den Fluggästen nur dann befreit, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Der europäische Gerichtshof hat hierzu entschieden (Rechtssache C-394/14), dass Fluggesellschaften auch dann eine Ausgleichszahlung zahlen müssen, wenn das technische Problem am Flugzeug so wie hier unerwartet auftritt. Denn es liegt in der Natur der Sache, dass sich technische Probleme am Flugzeug plötzlich und unangekündigt zeigen. Technische Defekte stellen ein für Luftfahrtunternehmen typisches und in Ausübung ihrer betrieblichen Tätigkeit vorkommendes Ereignis dar, weshalb sich eine Airline nicht mit Bezug auf deren Seltenheit oder unvorhersehbaren Eintritt von Entschädigungszahlungen entlasten kann. Somit besteht auch bei einem technischen Defekt grundsätzlich ein Anspruch auf Entschädigung nach der Fluggastrechte-VO.

Hinweis:

Der BGH hat entschieden, dass Reisende in solchen Fällen nicht verlangen können, dass sie doppelt entschädigt werden, d. h. von der Airline und dem Veranstalter (BGH, Urteil vom 6. 8. 2018 – X ZR 128/18 und X ZR 165/18). Vielmehr müssen sie sich eine Entschädigungszahlung nach der EU-Fluggastrechte-VO wie im obigen Fall anrechnen lassen auf mögliche Reisemängelansprüche gegenüber dem Veranstalter; hier Schadenersatz für gekaufte Ersatzkleidung und beschädigte Koffer sowie Mängelansprüche wegen verspätet eintreffendem Reisegepäck. Auf beides zusammen besteht kein Anspruch. Zumeist aber sind Ansprüche aus der EU-Fluggastrechte-VO ohnehin höher.

3. Pünktlich eingecheckt: wenn die Maschine dennoch ohne Sie startet

Familie H. hatte einen Flug gebucht und rechtzeitig am Abfertigungsschalter des Flughafens eingecheckt. Anschließend bummelte sie noch durch diverse Geschäfte und frühstückte in einem Café. Als sich die Familie 45 Minuten vor dem Abflug an der Sicherheitskontrolle einfindet, streikt dort die Technik. Man bittet die Passagiere, sich zu einem anderen Terminal zu begeben, wo sich die Abfertigungszeit wegen der zusätzlichen Passagiere weiter verzögerte. Als die Familie schließlich am Abflug-Gate eintraf, war der Flieger bereits weg. Sie buchte einen neuen Flug, der 2 Stunden später zum Urlaubsort abhob. Nun will sie die Kosten vom Airport zurück. Zu Recht?

Roosbeh Karimi:

Nach Urteilen des AG Erding und AG München aus den Jahren 2016 und 2018 (AG Erding, Urt. v. 23.08.2016 [Az. 8 C 1143/16] und AG München, Urt. v. 05.10.2018 [Az. 154 C 2636/18]) haben Fluggäste Ansprüche gegen Airline oder Flughafenbetreiber. So besteht z. B. zwischen der Airline, bei der der Flug gebucht wurde und dem Flughafenbetreiber ein Vertragsverhältnis mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter (Passagiere). Den Airport z. B. kann ein sog. Organisationsverschulden treffen, da er die Sicherheitskontrollen so organisieren muss, dass Passagiere rechtzeitig zum Boarding erscheinen können. Der Flughafen München musste laut AG München in diesem Fall 80 % der zusätzlichen Kosten zahlen, die der Familie durch die Neubuchung entstanden waren. Die Richter sprachen keine 100 % der Kosten zu, da die Familie das Flughafenpersonal nicht nachdrücklich genug auf den bevorstehenden Abflug ihrer Maschine aufmerksam gemacht hatte.

Hier sind die wichtigsten Voraussetzungen für einen Anspruch:

1. Der Fluggast war rechtzeitig am Flughafen. 

Was als rechtzeitig angesehen wird, variiert je nach Einzelfall. Passagiere sind meistens auf der sicheren Seite, wenn sie 2 Stunden vor Abflug am Flughafen sind.

2. Es trat überraschend eine Verzögerung oder lange Wartezeit auf, die auf einen (Organisations-)Fehler von Airline oder Flughafenbetreiber zurückzuführen ist.

Lange Wartezeiten beim Check-in oder an der Sicherheitskontrolle dürfen nicht vorhersehbar sein und die Airline oder der Betreiber müssen es versäumt haben, alle Vorkehrungen zu treffen, damit Sicherheitskontrolle und Check-in sachgerecht durchgeführt werden können.

3. Der Fluggast hat das örtliche Personal am Flughafen auf sich und seine Situation aufmerksam gemacht.

Nur wenn der Fluggast bei Erkennen der Situation und Zeitnot selbst aktiv wird, trägt er kein Mitverschulden.

Mehr Fälle & Beratung

Den vollständigen Beitrag und viele weitere Tipps können Sie direkt auf unserer Internetseite lesen:

https://www.karimi.legal/2020/01/kleines-reise-abc-fuer-winterurlauber/

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