Kontensperrung bei Gemeinschaftskonten und Depots - Russland Sanktionen greifen oft nicht!
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Rechtswidrige Kontensperrungen
Nicht genug damit, dass zahlreiche Banken ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen viele Konten namentlich im Rahmen von Russland-Sanktionen gesperrt haben, ohne dass hierfür die die gesetzlichen Voraussetzungen vorlagen, sind hier auch manche Inhaber von Gemeinschaftskonten betroffen.
So wurden etwa Gemeinschaftskonten von Eheleuten bei Banken des Konzernunternehmens Deutsche Bank AG im Rahmen der Russland-Sanktionen gesperrt, obwohl ein Ehepartner die deutsche oder eine andere Staatsangehörigkeit eines Mitgliedsstaats der EU hatte.
Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut gelten die Finanzsanktionen gemäß Art. 5b der EU-Verordnung 2022/328 nicht für Staatsangehörige eines Mitgliedsstaats. Es heißt in Absatz 2 der Vorschrift wörtlich:
„Absatz 1 gilt nicht für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats und für natürliche
Personen, die über einen befristeten oder unbefristeten Aufenthaltstitel eines
Mitgliedstaats verfügen.“
Danach sind die Einschränkungen auch auf diejenigen Kontoinhaber nicht anzuwenden, die zwar eine russische Staatsangehörigkeit haben, jedoch zumindest über einen befristeten Aufenthaltstitel eines Mitgliedstaats verfügen. Gegenüber vielen betroffenen Kontoinhabern ist bereits aus diesem Grund die Anwendung der Einschränkungen gemäß Art. 5b unrechtmäßig.
Schwellenwert von 100.000 EUR bei Gemeinschaftskonto verdoppelt
Bezüglich der Inhaber von Gemeinschaftskonten hat die Deutsche Bundesbank in der Broschüre „Häufig gestellte Fragen zu Finanzsanktionen“ folgendes klargestellt:
„H.2. Was gilt bei Gemeinschaftskonten?
Wie die Europäische Kommission auf Ihrer Webseite ausführt, erhöht sich bei Gemeinschaftskonten der Schwellenwert für jeden weiteren Mitkontoinhaber um 100.000 Euro, wenn alle Mitkontoinhaber zu dem erfassten Personenkreis zählen, vgl. https://ec.europa.eu/info/sites/default/files/business_economy_euro/banking_and_finan-
ce/documents/faqs-sanctions-russia-deposits_en.pdf [zuletzt abgerufen am 3. August 2022].“
Damit ist zunächst einmal deutlich, dass bei zwei Kontoinhabern eines Gemeinschaftskontos mit russischer Staatsangehörigkeit, für die keine Ausnahmen gemäß Art. 5b Abs. 2 gelten, der Schwellenwert von 100.000 EUR verdoppelt wird. Es dürfen also Einlagen bis zu 200.000 EUR angenommen werden.
Keine Sanktionsanwendung bei Gemeinschaftskonto mit einem EU-Bürger
Verfügt jedoch einer der beiden Kontoinhaber über die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedsstaats der Europäischen Union, z.B. über die die deutsche, so gelten für das Gemeinschaftskonto insgesamt keine Einschränkungen. Dies hat die Deutsche Bundesbank in der vorgenannten Erläuterung ebenfalls klargestellt und führt dort aus:
„Handelt es sich bei einem der Mitkontoinhaber um einen Staatsangehörigen eines EU-Mitgliedstaats, gilt nach Art. 5b Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 das Einlagenannahmeverbot nach Abs. 1 der Regelung nicht. Gleiches gilt, wenn einer der Mitkontoinhaber Staatsangehöriger eines dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR)
angehörenden Landes oder der Schweiz oder eine natürliche Person mit einer befristeten oder unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung (s. dazu H.9a.) in einem EU- oder EWR-Mitgliedstaat oder der Schweiz ist.“
Außer den Angehörigen der EU-Staaten sind auch die der weiteren EWR-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen von den Sanktionen befreit. Gleiches gilt für Staatsangehörige der Schweiz.
Auffällige Banken
Rechtswidrige Kontosperrungen bzw. –einschränkungen wurden u.a. bei folgenden Banken beobachtet:
Deutsche Kreditbank AG – DKB
Deutsche Bank AG
Postbank, Norisbank (beide zum Konzern der Deutschen Bank gehörig)
Commerzbank AG
Ing-Diba AG
N26 Bank AG
Fidor Bank AG
Rechtliche Möglichkeiten
Betroffene Inhaber von Gemeinschaftskonten und anderen Konten, deren Konten trotz der genannten Ausnahmeregelungen eingeschränkt werden, sollten anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Ingo M. Dethloff konnte bereits in zahlreichen Fällen zeitnah eine Aufhebung der Kontensperre erwirken. In den meisten Fällen ist dies bereits im Wege eines außergerichtlichen Vorgehens möglich. Eine erste Einschätzung für das mögliche Vorgehen wird von Rechtsanwalt Dethloff kostenfrei erteilt.
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