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Kreditablöse ohne Vorfälligkeitsentschädigung - einfach mit dem Widerruf

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Die Zinsen sind derzeit niedrig. Das sorgt bei vielen Kreditnehmern für den Wunsch, sich von den vor Jahren eingegangenen ungünstigen Kreditbedingungen lösen zu wollen.

Formfehler in den Widerrufsbelehrungen vieler Banken machen eine Ablösung des Darlehens ohne Vorfälligkeitsentschädigung möglich. Auch bereits gezahlte Vorfälligkeitsentschädigungen bei getilgten Darlehen können regelmäßig zurückgefordert werden.

Wer sich von seinem Darlehen lösen möchte, muss hierfür üblicherweise eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung zahlen, sofern die Bank überhaupt eine vorzeitige Kündigung und die damit verbundene Beendigung des Darlehensverhältnisses akzeptiert.

In § § 490 Abs. 2 S. 3 BGB heißt es:

„Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung)."

Die Alternative zur Kündigung ist der Widerruf nach dem Verbraucherkreditrecht.

Bei jedem Kredit steht dem Verbraucher als Kreditnehmer ein 2-wöchiges Widerrufsrecht zu. Die Frist für den Widerruf beginnt jedoch nicht zu laufen, bevor der Darlehensnehmer eine ordnungsgemäße, den gesetzlichen Anforderungen genügende Widerrufsbelehrung erhalten hat.

Erhält der Darlehensnehmer also keine ordnungsgemäße Belehrung, so beginnt auch die Frist nicht zu laufen. Der Darlehensnehmer kann dann auch heute noch sein Darlehen widerrufen.

Folgen eines Widerrufs

Nach erklärtem Widerruf ist das Darlehen rückabzuwickeln. Der Verbraucher muss den Netto-Darlehensbetrag zurückgeben und erhält dafür seine geleisteten Raten wieder. Eine Vorfälligkeitsentschädigung fällt hierbei nicht an.

Für die Zeit, die den beiden Vertragspartnern die jeweiligen Beträge zur Verfügung standen, muss Nutzungsersatz geleistet werden. Der Nutzungsersatz wird als Zinsen auf die Beträge geleistet und muss im Einzelfall ermittelt werden. Die Gerichte schätzen regelmäßig, wobei sie bei ihrer Schätzung vom zur Zeit des Vertragsschlusses durchschnittlichen und üblichen effektiven Marktzins ausgehen. Dieser ist gewöhnlich geringer als der vertraglich vereinbarte effektive Jahreszins. Hierdurch ist in einigen Fällen sogar auch eine Ersparnis der Zinsen für die Vergangenheit zu erreichen.

Wann ist die Widerrufsbelehrung fehlerhaft?

Gut 2/3 aller von Banken verwendeten Widerrufsbelehrungen sollen fehlerhaft sein.

Die Banken können sich jedoch auf die Richtigkeitsfiktion der Musterwiderrufsbelehrung der Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht verlassen, wenn sie das dort vom Gesetzgeber vorgegebene Muster für eine Widerrufsbelehrung verwendet haben (Muster der Anlage 2 BGB-InfoV). Dies ist den meisten Fällen jedoch nicht der Fall.

Rechtsanwalt Daniel Kutz, Anwaltskanzlei Lenné: „In vielen Fällen haben die Banken versucht ihre eigene Widerrufsbelehrung zu entwerfen und sind dabei an den schwierigen Anforderungen, die der Gesetzgeber stellt, gescheitert."

Meistens haben die Banken versucht, sich an dem gesetzlichen Muster zu orientieren oder dieses zu übernehmen, jedoch nicht die weiteren Gestaltungshinweise des Gesetzgebers beachtet.

In beiden Fällen kann sich die Bank nicht auf die Richtigkeitsfiktion der Musterwiderrufsbelehrung berufen.

Der Bundesgerichtshof hat bereits mehrfach entschieden, dass der Verwender (die Bank) sich nur auf die Richtigkeitsfiktion der Musterwiderrufsbelehrung berufen kann, wenn er eine Belehrung verwendet hat, die der Musterbelehrung der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der damaligen Fassung (Zeitpunkt des Vertragsschlusses) vollständig entspricht.

Dies bedeutet, dass bereits kleinste Abweichungen vom Muster verhindern, dass die Bank sich auf die Richtigkeitsfiktion berufen kann.

Weiterhin muss die Widerrufsbelehrung nicht nur den inhaltlichen Anforderungen genügen, sie muss zu dem auch „deutlich gestaltet" sein, d. h. sie muss sich in unübersehbarer Weise vom restlichen Vertragstext abheben. Geht die Belehrung in dem übrigen Vertragstext unter, so ist dies ebenfalls nicht ausreichend und die Widerrufsfrist beginnt nicht zu laufen.

Ob Ihre Widerrufsbelehrung ebenfalls fehlerhaft ist, muss im Einzelfall geprüft werden. Wir übernehmen dies gerne für Sie.

Bereits in mehreren Fällen haben Gerichte entschieden, dass die verwendete Widerrufsbelehrung der Bank fehlerhaft ist und das Darlehen daher rückabzuwickeln sei. Auch außergerichtliche Erfolge gibt es bereits.

Typische Fehler der Banken

Fehlerhaft sind u.a. die regelmäßig verwendeten Formulierungen:

„Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung."

„Jeder Darlehensnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (...) widerrufen. Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem dem Darlehensnehmer diese Belehrung mitgeteilt und eine Vertragsurkunde, der schriftliche Darlehensantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Darlehensantrages zur Verfügung gestellt wurde."

In der Gestaltung nicht ausreichend wurde eine Widerrufsbelehrung einer Sparkasse bewertet, die nach dem Baukastensystem aufgebaut war. Die Belehrung enthielt zwar alle denkbaren Varianten der Musterbelehrung, wobei die jeweils gültige angehakt war, dies war den Richtern jedoch nicht ausreichend, denn die Widerrufsbelehrung wurde dadurch unübersichtlich. Es ist „eine" auf den jeweiligen Fall und keine allgemein gültige Widerrufsbelehrung zu erteilen.

Rechtsanwalt Lenné: „Besonders betroffen von diesem Problem sind seit 2002 abgeschlossene Darlehensverträge. Hier rate ich zur Überprüfung."



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