Kriterien einer wirksamen Abmahnung – Arbeitsrecht für Arbeitgeber

  • 5 Minuten Lesezeit

Kriterien einer wirksamen Abmahnung – Arbeitsrecht für Arbeitgeber


Nicht immer verläuft im beruflichen Alltag alles wie geplant. Es kann durchaus vorkommen, dass Mitarbeiter ihren durch Arbeitsvertrag auferlegten Verpflichtungen nicht nachkommen und gegen diese verstoßen. Den Arbeitgebern steht für diese Fälle das rechtliche Instrument der Abmahnung zur Verfügung, um ihre Unzufriedenheit zum Ausdruck zu bringen sowie manchmal den Weg zur Kündigung zu ebnen. Allerdings sind ausgesprochene Abmahnung nicht in jedem Falle berechtigt und wirksam. Daher ist es für den Arbeitgeber wichtig zu wissen, wann die Abmahnung wirksam ist und worin gerade typische Fehler liegen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass der Arbeitnehmer mittels Klage gegen die unwirksame Abmahnung vorgeht und der Arbeitgeber sich somit einem aufwendigen Rechtsstreit aussetzt.


Die Abmahnung: Funktion, Vorstufen und Rechtsfolge


Verletzt ein Arbeitnehmer seine Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag, so darf der Arbeitgeber nicht unmittelbar die Kündigung aussprechen, sondern lediglich zunächst einmal das Fehlverhalten des Arbeitnehmers mittels Abmahnung rügen.

Die Abmahnung soll daher einer Hinweis-, Rüge-, und Warnfunktion dienen. Sie zeigt dem Arbeitnehmer sein Fehlverhalten auf, das zukünftig zu unterlassen ist, da ansonsten bei erneutem Verstoß arbeitsrechtliche Konsequenzen drohen.

Fehlt einer dieser Funktionen, handelt es sich nicht um eine Abmahnung im rechtstechnischen Sinne. Vielmehr könnte es sich um eine Ermahnung, einen Verweis, eine Belehrung oder einen kollegialen Ratschlag handeln. Dies alles sind Vorstufen der Abmahnung. Anders als die Abmahnung sind sie kündigungsrechtlich ohne Bedeutung.

Die Rechtsfolge einer wirksamen Abmahnung besteht darin, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigen kann, wenn der Arbeitnehmer zukünftig gleichartige oder vergleichbare Pflichtverletzungen begeht.


Gründe für eine Abmahnung


Typische Gründe, weshalb die Abmahnung oftmals ausgesprochen wird, sind unter anderem das wiederholte Zuspätkommen zur Arbeitsstelle, das unentschuldigte Fehlen am Arbeitsplatz, Alkohol- und Drogenkonsum am Arbeitsplatz, Beleidigungen gegenüber dem Arbeitgeber, den Arbeitskollegen oder auch Kunden sowie die Arbeitsverweigerung bzw. die Nichtbeachtung von Arbeitsanweisungen. Ist ein Arbeitnehmer oftmals krank, rechtfertigt dies keine Abmahnung. Schließlich kann er nichts dafür, dass er arbeitsunfähig ist. Wenn er jedoch Krankmeldungen zu spät oder nie einreicht, dann kann dies eine Abmahnung durchaus rechtfertigen.


Voraussetzungen der Abmahnung


Die Abmahnung kann sowohl schriftlich als auch mündlich erteilt werden. Da der Inhalt einer Abmahnung jedoch im Streitfall regelmäßig nachgewiesen werden muss, ist es ratsam, die Abmahnung schriftlich zu erteilen und auch in der Personalakte zu verzeichnen.

Weiterhin muss die Abmahnung hinreichend bestimmt formuliert sein. Dies bedeutet, dass der Inhalt so formuliert sein sollte, dass der Arbeitnehmer erkennen kann, was sein arbeitsvertragliches Fehlverhalten war.

Die Abmahnung muss dem Arbeitnehmer auch zugegangen sein. Bei einer nur mündlichen Abmahnung ist das Zuhören erforderlich. Bei einer schriftlichen Abmahnung muss die Abmahnung den Arbeitnehmer auch erreicht haben. Der Arbeitgeber trägt hierbei die volle Beweislast des Zugangs, was ein großes Risiko für diesen darstellt. Allerdings kann er von dem Arbeitnehmer eine Empfangsquittung verlangen, um den Zugang der Abmahnung belegen zu können.

Außerdem ist die Berechtigung zur Abmahnung zu beachten. Nicht nur derjenige, der zum Ausspruch einer Kündigung berechtigt ist, darf eine Abmahnung aussprechen, sondern auch jeder Vorgesetzte, der weisungsbefugt ist. Daher werden Abmahnungen auch häufig von der Personalabteilung ausgesprochen. So ist bei einer Abmahnung stets auf die Unterschrift vom Arbeitgeber persönlich oder von einem Vorgesetzten zu achten.

Damit die Abmahnung auch weiterhin wirksam ist, muss sie verhältnismäßig sein. Unverhältnismäßigkeit liegt in dem Fall vor, wenn der Fehler jedem hätte passieren können, also leichteste Fahrlässigkeit vorliegt. An zahlreichen Arbeitsplätzen sind Fehler teilweise vorprogrammiert und berechtigen daher nicht die Erteilung der Abmahnung. Es kommt daher immer auf den Einzelfall an und man muss sich entscheiden, ob der ansonsten zuverlässige und engagierte Mitarbeiter wirklich dazu neigt, seine Grenzen immer weiter auszudehnen.

Des Weiteren besteht im Grundsatz keine zeitliche Begrenzung für die Erteilung einer Abmahnung. Sie kann jederzeit ausgesprochen werden, sobald eine Pflichtverletzung vorliegt. Auch nach einem längerem Zeitraum kann der Arbeitgeber ein Fehlverhalten abmahnen. Es gilt aber der Maßstab je länger die Abmahnung zurückliegt, desto geringer ist ihr Gewicht. Außerdem kann der Ausspruch der Abmahnung bei einem Zeitablauf von einem Jahr ab dem Vertragspflichtverstoß verwirkt sein. Verwirkung liegt in dem Fall vor, wenn dem Berechtigten die Ausübung seines Rechts versagt wird, weil er über einen längeren Zeitraum hinweg von seinem Recht keinen Gebraucht gemacht und dadurch bei der Gegenseite den Eindruck erweckt hat, mit der Geltendmachung werde in Zukunft nicht mehr zu rechnen sein. Spätestens dann ist es nicht mehr möglich, eine wirksame Abmahnung auszusprechen.


Typische Fehler bei der Erteilung von Abmahnungen


Wird eine Abmahnung wegen einem arbeitsvertraglichen Pflichtverstoß ausgesprochen, so kann genau wegen dieser Vertragsverletzung nicht zu einem späteren Zeitpunkt die Kündigung ausgesprochen werden. Durch die Abmahnung wurde nämlich der Kündigungsgrund verbraucht, weshalb eine Kündigung nicht mehr möglich ist. Um kündigen zu können, muss es zu einem erneutem Verstoß des Arbeitnehmers kommen.

Ein weiterer Fehler von Arbeitgebern ist es, in einer Abmahnung mehrere Fehlverhalten abzumahnen. Stellt sich nämlich im Streitfall vor Gericht heraus, dass einer dieser Pflichtverstöße nicht vom Arbeitgeber nachweisbar ist, ist die gesamte Abmahnung unwirksam – und bei ausgesprochener verhaltensbedingter Kündigung ist auch diese unwirksam, da es an einer einschlägigen Abmahnung fehlt. Arbeitgebern ist deshalb dringend zu raten, je nach Vertragsverstoß eine einzelne Abmahnung auszusprechen und dann gegebenenfalls mehrere einzelne schriftliche Abmahnungen dem Arbeitnehmer gleichzeitig auszuhändigen. Allerdings kann sich zu häufiges Abmahnen auch schädlich auswirken, da diese durch vermehrtes Abmahnen an ihrer erforderlichen Warnfunktion verliert. Dann handelt es sich lediglich um eine Vorstufe der Abmahnung.

Außerdem muss der Ton einer ausgesprochenen Abmahnung stets sachlich sein. Beleidigt der Arbeitgeber den Angestellten in der Abmahnung, ist sie ebenso unwirksam.


Vorgehen gegen unberechtigte Abmahnung


Handelt es sich bei dem vorgeworfenen Verhalten gar nicht um eine Pflichtverletzung und ist die Abmahnung somit unwirksam, so kann der Arbeitnehmer die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte verlangen. Diese hindere den Arbeitnehmer nämlich an seiner beruflichen Entwicklung und greift damit unangemessen in sein Persönlichkeitsrecht ein. Der Arbeitnehmer hat daher einen Anspruch auf Widerruf und Beseitigung der Abmahnung. Sollte sich der Arbeitgeber weigern, kann der Arbeitnehmer seinen Anspruch vor dem Arbeitsgericht geltend machen und einklagen.


Unsere Empfehlung


Im Falle einer unwirksam erteilten Abmahnung droht die entsprechende Unwirksamkeit einer gegebenenfalls erteilten Kündigung sowie ein gerichtliches Vorgehen gegen die Abmahnung und damit ein aufwendiger Rechtsstreit. Angezeigt ist es daher, die in der Abmahnung enthaltenen Formulierungen von einem Rechtsanwalt auf ihre Wirksamkeit hin überprüfen zu lassen, um letztendlich wirksam und rechtssicher Abmahnungen ohne drohende Konsequenzen erteilen zu können.



Foto(s): Rechtsanwalt Patrick Baumfalk

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Patrick Baumfalk

Beiträge zum Thema