Kündigung des Mietverhältnis wegen Verkauf, Umbau oder Abriss (Teil 3)

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Teil 3: Nachteile bei Fortsetzung des Mietverhältnisses

Nachteile bei Fortsetzung des Mietverhältnisses bei anderer Verwertung

Eine Kündigung ist nur gerechtfertigt, wenn die Fortsetzung des Mietverhältnisses dem Vermieter selbst erhebliche Nachteile bringen würde. Damit scheiden Nachteile bei Angehörigen oder dem Erwerber aus. Dem liegt zugrunde, dass Grundbesitz kostendeckend genutzt sein sollte. Nur bei erheblichen Verlusten oder gravierenden Gewinneinbußen kommt eine Kündigung in Betracht. Für eine Kündigung ist es auch nicht ausreichend, wenn die gegenwärtige Nutzung zwar einen angemessenen Gewinn erwirtschaftet, durch eine anderweitige Verwendung aber noch eine Steigerung möglich wäre. Maßstab ist die Sozialpflichtigkeit des Eigentums gemäß Art. 14 GG.

Bereits die Erzielbarkeit der ortsüblichen Vergleichsmiete soll dem Vorliegen eines Nachteiles entgegenstehen (LG Kiel (WuM 1993, 52). Im Falle des beabsichtigten Verkaufs des Grundstückes ist neben der Höhe des Mindererlöses von Bedeutung, welche gewichtigen persönlichen oder wirtschaftlichen Gründe den Vermieter zum Verkauf veranlassen.

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat die über die Verwertungskündigung einer Erbengemeinschaft, die sich auseinandersetzen wollte, im Urteil vom 26.09.2005 (WuM 2005, 658) entschieden, dass allein das Auseinandersetzungsinteresse der Erbengemeinschaft eine Kündigung nicht rechtfertigt. Bei der Frage der Angemessenheit der Verwertung sei auf den Wert der Wohnung in vermietetem Zustand abzustellen. Wenn wegen der Hinderung an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung gekündigt werde, weil die Wohnung in vermietetem Zustand einen erheblich geringeren Erlös erzielen würde, als bei einer Veräußerung in unvermietetem Zustand, sei der Nachteil anhand der Marktverhältnisse konkret nachzuweisen. Das OLG Stuttgart bestätigt damit die hohen Hürden der Verwertungskündigung.

  • Die Höhe des finanziellen Nachteils

Da die Kündigung wegen Hinderung der wirtschaftlichen Verwertung nur dann begründet ist, wenn dem Vermieter daraus erhebliche Nachteile entstehen, ist bei einem Verkauf zu prüfen. wann dieser Nachteil als erheblich gilt.

Das Bundesverfassungsgericht hat diese Frage offengelassen und ausgeführt, dass es nicht notwendig ist, im Vorgriff die Grenze zu bestimmen, bis zu welcher der Eigentümer dabei wirtschaftliche Nachteile zu tragen hat. Es wurde aber auch betont, dass ein erheblicher Nachteil nicht erst dann vorliegt, wenn der Eigentümer in Existenznot gerät. Dem Eigentümer kann nicht zugemutet werden, das Mietverhältnis bis an die Grenze des wirtschaftlichen Zusammenbruchs fortzusetzen. Auch Vermögenseinbußen, welche die wirtschaftliche Existenz des Eigentümers noch nicht ernsthaft in Frage stellen, sind bei Prüfung der Kündigung zu beachten. Eine angemessene wirtschaftliche Verwertung des Objektes durch Verkauf kann auch gegeben sein, wenn der Verkauf noch nicht zwingend erforderlich ist (LG Stuttgart, DWW 1995, 143; BVerfG v. 20.9.1991, 1 BvR 539/91; WuM 1992, 46). In seinen Entscheidungsgründen hat das BVerfG weiter ausgeführt, dass zu prüfen ist, ob der Verkauf unter Umständen für den Eigentümer möglicherweise wirtschaftlich sinnlos ist, weil der in vermietetem Zustand erzielbare Erlös wesentlich unter den vom Vermieter für die Wohnung erbrachten Aufwendungen liegt und sich der Kündigungsschutz damit als faktisches Verkaufshindernis darstellt. In dem zugrunde liegenden Fall lag der in vermietetem Zustand erzielbare Erlös bei DM 92.000,- und der im unvermieteten Zustand bei DM 135.000,-.

  • Kein fester Betrag oder Prozentsatz für Bestimmung des erheblichen Nachteils

Nachdem somit für die Bestimmung der Erheblichkeit des Nachteils nicht auf einen starren Prozentsatz abgestellt werden kann, sondern die Erheblichkeit vielmehr von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängt, müssen bereits im Kündigungsschreiben detailliert die Umstände vorgetragen werden, welche eine Erheblichkeit des Nachteils begründen können. Diese Nachteile müssen so dargelegt werden, dass der Mieter sie gegenüber seinem Interesse am Fortbestand des Mietverhältnisses abwägen kann (LG Braunschweig, Urteil v. 1.3.1991, WuM 1991, 694). Neben der Darlegung eines bestimmten Mindererlöses im konkreten Fall ist daher auszuführen, wie und in welcher Weise sich dieser Mindererlös nachteilig für den Vermieter auswirkt, sodass insoweit auch die persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse des Vermieters darzustellen sind (vgl. LG München I, Urteil v. 24.1.1990, WuM 1991, 193; LG Mosbach, Urteil v. 30.10.1990, WuM 1991, 191).

  • Aufgrund der uneinheitlichen Rechtsprechung seien folgende Beispiele genannt:

Das LG Mainz (ZMR 1986, 14) hat eine Minderung des Kaufpreises von DM 50.000,- für ausreichend erachtet. So auch das LG Traunstein (WuM 1989, 421) bei einem Mindererlös in gleicher Höhe.

Das LG Hamburg (Urteil v. 8.2.1990, WuM 1991, 185) hat dagegen entschieden, dass eine Erheblichkeit allenfalls ab einer Einbuße von ca. 15 bis 20% in Betracht kommt.

Das LG Stuttgart (Urteil v. 21.2.1990, WuM 1991, 201) hielt einen Mindererlös von 20% hinnehmbar, wenn der Verkaufserlös der Abdeckung von Verbindlichkeiten dient, die der Vermieter nach Berufsaufgabe aus Krankheitsgründen nicht mehr abdecken kann.

Das LG Detmold (Urteil des v. 16.5.2001, NZM 2002, 339) hielt eine Kaufpreiseinbuße von 10 % als erheblichen Nachteil für ausreichend, wenn der Vermieter das Haus aufgrund einer wirtschaftlichen Notlage verkaufen muss.

Jedoch kann im Einzelfall trotz einer hohen Kaufpreiseinbuße infolge der Vermietung ein erheblicher Nachteil verneint werden, wenn bei Verkauf in vermietetem Zustand immer noch ein höherer Preis erzielbar ist als beim Erwerb durch Schenkung der Wohnung bezahlt wurde (BVerfG, Beschluss v. 9.10.1991, WuM 1991, 663). Jedoch sind bei Erwerb durch Erbe bei Berechnung des wirtschaftlichen Nachteils auch Kosten von Investitionen in die Wohnung zu berücksichtigen (LG Köln, WuM 1996, 39) sowie etwaige Aufwendungen für die Auszahlung von Miterben oder Ablösung von Wohnrechten zu beachten (LG Kiel, WuM 1994, 283) und somit dem Wert der Wohnung im Zeitpunkt des Erbfalles hinzuzurechnen.

Wurde die Wohnung in vermietetem Zustand erworben, ist bei Bestimmung des Nachteils auf die Differenz zwischen Kaufpreis und demjenigen Preis abzustellen, der beim Verkauf in vermietetem Zustand zu erzielen ist, wobei Kaufkraftverlust und eine übliche Rendite zu berücksichtigen sind (LG Mannheim, ZMR 1994, 568; LG Gießen, WuM 1994, 688; LG Berlin WuM 1995, 111).

Das LG Hamburg (Urteil v. 20.7.2000, WuM 2001, 196) hat einen Anspruch des verkaufenden Vermieters auf Realisierung des ursprünglichen Kaufpreises zuzüglich eines Wertsteigerungsbetrages gemäß dem Lebenshaltungskosten-Index verneint und ein darunter liegender Verkaufspreis nicht zwingend einen als erheblichen Nachteil bewertet.

Bei Ermittlung des erheblichen Nachteils sind schließlich auch weitere finanzielle Nachteile (z. B. höhere Zinszahlungen) zu berücksichtigen, bezüglich des Mehrerlöses bei Verkauf ohne Mietverhältnis (BVerfG, Beschluss v. 15.4.1992, NJW 1992, 2752). 

Bei Verkauf eines Einfamilienhauses wollen Käufer dieses i.d.R. selbst nutzen. Daher berechnet sich die voraussichtliche Kaufpreiseinbuße nach den Finanzierungskosten bis zum Ende des Mietverhältnisses, abzüglich 50 % der vereinnahmten Mieten, zzgl. der Kosten eines möglichen Räumungsprozesses einschließlich Zwangsräumung und der Einbuße, die aufgrund der verminderten Nachfrage eintritt.

§ 573 BGB stellt allein auf das berechtigte Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses ab. Daher dürfen die Interessen des Mieters an dem Fortbestand des Mietverhältnisses bei Überprüfung der Wirksamkeit der Kündigung nicht herangezogen werden. Die besonderen Belange des Mieters sind nur auf dessen Widerspruch nach § 574 BGB zu beachten; erst dann hat eine umfassende Abwägung der im Einzelfall gegebenen beiderseitigen Interessen stattzufinden. 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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