Kündigung erhalten - Wie geht es weiter?

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Der Arbeitnehmer reagiert natürlich zunächst einmal wie gelähmt: Wieso trifft es ausgerechnet mich? Niemand steckt die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses einfach so weg.

Viele Arbeitgeber erhoffen sich durch dieses Überraschungsmoment bei einer unvermittelten Entlassung den Effekt, dass der Arbeitnehmer erst einmal gar nichts unternimmt, weil er die Stigmatisierung durch das soziale Umfeld vermeiden will.

Allerdings muss der Arbeitnehmer nun von sich aus aktiv werden. Und zwar schnell ! 

Vorsicht vor der sogenannten „Wirksamkeitsfiktion”: § 4 und § 7 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG)

Eine Kündigung muss zwingend binnen einer Frist von drei Wochen mit der Kündigungsschutzklage angegriffen werden. Das Kündigungsschutzgesetz regelt, dass eine Kündigung ansonsten als von Anfang an wirksam behandelt wird.

Dies gilt selbst dann, wenn das Arbeitsverhältnis (noch) nicht dem Anwendungsbereich des ersten Teils des Kündigungsschutzgesetzes unterfällt!

Das heißt, dass alle Unwirksamkeitsgründe, also auch solche, die nicht im Kündigungsschutzgesetz geregelt sind, mittels der Kündigungsschutzklage geltend gemacht werden müssen. Dazu gehört auch, dass etwa eine Behördenzustimmung zur Kündigung fehlt oder die Anhörung der Mitarbeitervertretung (in Wirtschaftsunternehmen: der „Betriebsrat", in kirchlichen Betrieben: die „Mitarbeitervertretung", in Betrieben des öffentlichen Dienstes: der „Personalrat”).

Dies gilt nur ausnahmsweise dann nicht, wenn es sich etwas um eine mündliche Kündigung handelt. Aber selbst die Frage, ob die Kündigungsfrist zu kurz bemessen war, kann im Regelfall nur innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung durch eine solche Klage geklärt werden.

Wer hilft mir jetzt weiter?

Der Ratsuchende entscheidet selbst, wen er zur Unterstützung einschalten will. Dabei fällt es vielen schwer, den richtigen Anwalt zu finden.

Wer kann meine Interessen am besten vertreten?

Rechtsschutzversicherungen benennen zuweilen einen Anwalt, der helfen kann. Dies kann die richtige Wahl sein, die Anwaltswahl ist aber trotzdem grundsätzlich auf für den rechtsschutzversicherten Mandanten frei. Er sollte einen Anwalt auswählen, der über die fachliche Qualifikation verfügt. Zudem gehen viele Mandanten auf persönliche Empfehlung zum Anwalt, etwa durch Nachbarn, Bekannte oder Verwandte. Das ist sicherlich die richtige Vorgehensweise.

Dabei sollte man die Qualifikation des Anwalts hinterfragen. Fachanwälte für Arbeitsrecht verfügen über eine besondere Erfahrung bei der Bearbeitung von Fällen. Den Titel Fachanwalt darf nur führen, wer schon mehrere Jahre in dem Bereich arbeitet und in speziellen Fortbildungen mit Leistungskontrolle erfolgreich geschult wurde. Der Fachanwalt hat auch eine ständige Fortbildungspflicht. Jährlich muss er mindestens 15 Fortbildungsstunden nachweisen, sonst verliert er den Titel. 

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Deshalb lohnt es sich, einen Fachanwalt auszusuchen.

Auf die „Feinheiten” kommt es an

Geht der Arbeitnehmer rechtzeitig zum Anwalt, muss dieser sofort prüfen, ob dem Arbeitgeber vielleicht Fehler bei der Form und beim Inhalt der Kündigung unterlaufen sind. Die Kündigung muss im Original zugegangen sein. Wer hat die Kündigung unterschrieben? War der Unterzeichner überhaupt berechtigt, eine solche Erklärung abzugeben?

Nicht jeder Vertreter einer Firma kann ein Arbeitszeugnis kündigen. Er muss dazu eine entsprechende Berechtigung haben. In Einzelfällen kann es schon zum Erfolg führen, wenn der Anwalt die Kündigung wegen einer fehlenden Vollmacht zurückweist.

Der Anwalt prüft aber auch, ob die Fristen eingehalten sind. Dazu wird der gute Anwalt den Mandanten fragen, wann er die Kündigung erhalten hat. Denn nur dann kann er die Fristen richtig berechnen.

Zu dem ersten Gespräch mit dem Fachanwalt sollte man daher auf jeden Fall

- sagen können, an welchen Tag und zu welcher Uhrzeit eine Kündigung, die z.B. im Briefkasten lag, zugegangen ist. Bei der persönlichen Übergabe im Betrieb ist dieser Zeitpunkt entscheidend usw.

- eine Gehaltsabrechnung mitbringen. Aus dieser sieht der Anwalt, welche Eckdaten zum Beschäftigungsverhältnis vorliegen.

- seinen Anstellungsvertrag und sämtliche späteren Änderungen mitbringen. Daraus ergeben sich fast immer wichtige Informationen für den Fall.

- sagen können, ob in dem Betrieb eine Arbeitnehmervertretung existiert. Nicht in jedem Betrieb gibt es eine Arbeitnehmervertretung.

- wichtige Besonderheiten parat haben: wurden im Zuge der Kündigung Begründungen des Arbeitgebers für die Kündigung mitgeteilt?

Muss ich eine Kündigung schriftlich bestätigen?

Viele Arbeitgeber verlangen eine Unterschrift des Arbeitnehmers unter die Kündigung. Der Arbeitnehmer fühlt sich dann verpflichtet, zu unterschreiben. Ohne anwaltliche Prüfung sollte man natürlich nichts unterschreiben. Es gibt keine Verpflichtung, eine Empfangsbestätigung für die Kündigung zu unterschreiben oder zu unterschreiben, dass man mit der Kündigung einverstanden sei. Die Kündigung ist eine einseitige Erklärung des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer muss also gar nichts tun. Leider lässt sich aber der Zugang der Kündigung auch nicht verhindern. Selbst wenn man das Schreiben nicht liest oder es im Büro liegen lässt, wird es doch als zugegangen behandelt werden.

Es wird auch nichts nützen, wenn man unzutreffenderweise behauptet, man habe gar kein Schreiben erhalten. Im Gerichtsverfahren wäre das sogar ein versuchter Prozessbetrug. Grundsätzlich aber muss der Arbeitgeber beweisen, dass er eine Kündigung  ausgesprochen hat. Er muss auch den Zugang beweisen. Die Einzelheiten sollte man mit dem Anwalt besprechen.

Meldung bei der Agentur für Arbeit

Wer eine Kündigung bekommen hat oder davon erfährt, dass ihm eine Kündigung ausgesprochen werden soll, muss sich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend melden, wenn er verhindern will, dass ihm Nachteile bei der Gewährung von Arbeitslosengeld drohen. Der Arbeitgeber muss hierauf nicht gesondert hinweisen. Der Arbeitnehmer muss sich selbst um einen Termin bei der Arbeitsagentur kümmern.

Dr. Bert Howald

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Anwaltskanzlei Gaßmann & Seidel, Stuttgart


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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