Kündigung während der Kurzarbeit: Geht das?

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Durch das Modell der Kurzarbeit konnten viele Unternehmen den Kopf aus der finanziellen Schlinge ziehen. Über 7 Millionen Arbeitnehmer*innen befanden sich beim Höchststand im Mai in Kurzarbeit. Allmählig ist der Geschäftsbetrieb wieder angelaufen, doch die finanzielle Situation der einzelnen Unternehmen hat sich dadurch nicht durchgehend stabilisiert. So stellen sich viele Arbeitgeber die Frage, ob der zunächst kurzfristige Wegfall des Beschäftigungsbedarf nicht von dauerhafter Natur ist, also ggfs. betriebsbedingte Kündigungen erforderlich werden. Auf Arbeitnehmerseite stellt sich die Frage, ob nicht zuerst auf Kurzarbeit umgestellt werden muss, bevor der Arbeitgeber betriebsbedingt kündigt. 

 

Kündigung und Kurzarbeit - ist das möglich?

Es stellt sich zunächst die Frage ob, diese beiden Modalitäten, die Kurzarbeit und die betriebsbedingte Kündigung, überhaupt miteinander vereinbar sind und nebeneinander existieren können.  

Kurzarbeit fordert zunächst einen erheblichen vorübergehenden Arbeitsausfall, stellt jedoch darauf ab, dass nach den Gesamtumständen des Einzelfalls mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit, in absehbarer Zeit wieder mit dem Übergang zur Vollarbeit zu rechnen ist.  Nun ist diese Annahme gespickt mit Eventualitäten. Eine Gesamtschau der sozialrechtlichen Vorschriften legt jedoch nahe, den Zeitraum, bis es wieder zur Vollarbeit kommt auf die Höchstbezugsdauer des Kurzarbeitergeldes zu beziehen. Denn dem liegt bereits die Wertung des Gesetzgebers zu Grunde, wie lange er die Kurzarbeit für unterstützungsbedürftig empfindet. 


Betriebsbedingte Kündigung

Ob während der Kurzarbeit eine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen werden kann, wurde von dem Bundesarbeitsgericht bereits festgestellt. 

Trotz Kurzarbeit besteht ein dringendes betrieblichen Bedürfnis für eine betriebsbedingte Kündigung, wenn der Beschäftigungsbedarf für einzelne Kurzarbeiter aufgrund weiterer, späterer Umstände entfällt.  

Ein weiterer Umstand fordert dafür nicht zwingend eine neue Sachlage, also einen anderen als den, der bereits für die Begründung der Kurzarbeit herangezogenen Umstand. Vielmehr muss auch eine Fehleinschätzung der ersten getroffenen Prognose ausreichen.  Bezogen auf die derzeitige Lage war es für die Arbeitgeber nicht abzuschätzen wie lange der wirtschaftliche Stillstand andauern würde und welche finanziellen Folgen auf sie zukommen würden.  

 

Bei der Betriebsbedingten Kündigung gibt es keine Mindestdauer für den Wegfall des Arbeitsplatzes. 

Fraglich ist daher, ob für die Dauer des Arbeitswegfalls auch an das Höchstbezugsdauer des Kurzarbeitergeldes anzuknüpfen ist. Dies lässt sich nicht eindeutig beantworten. Es gibt sowohl Argumente die dafür als auch dagegen sprechen. Dem Arbeitgeber wird diese Problematik jedoch in den meisten Fällen bekannt sein, da er sich vor dem Ausspruch von Kündigungen zumeist anwaltlich betraten lassen wird. Deshalb wird der Arbeitgeber wohl auf Nummer sicher gehen und bei der Prognose des Arbeitsausfalls für die betriebliche Kündigung an die Höchstbezugsdauer des Kurzarbeitergeldes anknüpfen.  

 

Was sagt die Betriebsvereinbarung?

Ob vor einer betriebsbedingten Kündigung auf Kurzarbeit umgestellt werden, muss hängt stark davon ab, ob Kurzarbeit in den Betriebsvereinbarungen geregelt ist. 

Eine betriebsbedingte Kündigung ist vornehmlich unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zu beurteilen. Dazu zählt auch, dass es keine milderen Mittel als den Ausspruch der Kündigung gibt (beispielsweise ein gleichwertiger freier Arbeitsplatz in demselben oder einem anderen Betrieb des Unternehmens). Auch hier fehlt eine eindeutige rechtliche Grundlage, es kann jedoch wiederrum das oben genannte Urteil des BAG herangezogen werden. In dem zu beurteilenden Fall gab es allerdings eine Betriebsvereinbarung, welche das Modell der Kurzarbeit vorsah. Dies zu Grunde gelegt, sah es der BAG dann auch als Voraussetzung an, den Spielraum des Abreitgebers zur Reduzierung des Arbeitsvolumen auszuschöpfen. Dies kann jedoch allgemein dann nicht gelten, wenn der Arbeitsausfall in einem Betrieb nicht gleichmäßig verteilt ist. Für einzelne Arbeitnehmer*innen kann es u.U. gerechtfertigt sein diesen aus betrieblichen Gründen zu kündigen.   

 

Kurzarbeit als milderes Mittel?

In Betrieben, welche keine Kurzarbeitsmodelle in der Betriebsvereinbarung vorgesehen haben, dann die Kurzarbeit auch nicht als milderes Mittel herangezogen werden. 

Wenn der Arbeitgeber rechtlich – ungeachtet der Sonderkonstellation im Rahmen der Covid19-Pandemie – nicht auf das Modell der Kurzarbeit zurückgreifen kann, dann kann es dies auch nicht als milderes Mittel in seine Unternehmensentscheidung mit einbeziehen. Im Kündigungsschutzprozess wäre dem Arbeitnehmer*in ohnehin geholfen, indem dem Arbeitgeber die vollste Beweislast dafür obliegt, ob der Arbeitsplatz des betroffenen Arbeitnehmers tatsächlich dauerhaft entfällt. Allerdings ist zu beachten, dass es in der Folge seiner unternehmerischen Entscheidung unterliegt, dass es zu dem Wegfall des Arbeitsplatzes kommt. Diesbezüglich ist seine Entscheidung gerichtlich nur hinsichtlich einer Willkürkontrolle zugänglich.  

Im Ergebnis bedeutet das: bei einer Kündigung während der Kurzarbeit sollten Sie sich anwaltlicher Hilfe bedienen, um zu prüfen, ob alle Erwägungen berücksichtigt worden sind. Nutzen Sie hierfür unser Angebot zur  Erstberatung bei einer Kündigung!

Bei weiteren Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Bitte zögern Sie daher nicht uns zu kontaktieren.  


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