Kündigung wegen Krankheitsausfall – Wann ist sie zulässig?

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Kündigung wegen Krankheitsausfall – Wann ist sie zulässig?


Krankheitsbedingte Kündigungen sind der häufigste Fall von sogenannten personenbedingten Kündigungen


Halten Arbeitgeber (AG) bestimmte Voraussetzungen ein, sind sie vom Gesetzgeber erlaubt.


1.         Kündigungsschutz allgemein


Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ist das Kernstück des Kündigungsrechts im Arbeitsrecht. Primäres Ziel des KSchG ist es, dem Arbeitnehmer (AN) den Arbeitsplatz zu erhalten (Bestandsschutz). Das bedeutet, dass der AG einen Kündigungsgrund benötigt, wenn er einen Arbeitsvertrag wirksam kündigen will.


Das Kündigungsschutzgesetz greift ab einer Betriebszugehörigkeit von 6 Monaten und der Betrieb muss mehr als 10 AN haben. In der Probezeit sowie in sogenannten Kleinbetrieben ist eine Kündigung grundsätzlich auch ohne einen Kündigungsgrund möglich. Ist das nicht gegeben, bedarf es immer eines Kündigungsgrundes und die Kündigung muss zudem sozial gerechtfertigt sein.


Eine ordentliche Kündigung muss entweder auf die Person oder das Verhalten des AN oder aber auf betriebsbedingte Gründe zurückzuführen sein.


2.         Kündigungsschutz bei Krankheit


2.1.     Was ist eine krankheitsbedingte Kündigung?


Gehen wir davon aus, dass der AN allgemeinen Kündigungsschutz genießt, muss also ein Kündigungsgrund gegeben sein. Der Krankheitsausfall an sich genügt hierbei jedoch nicht.


Fällt ein AN wiederholt kurzfristig, langanhaltend oder dauerhaft aus, kann er unter Umständen gekündigt werden. Eine vorherige Abmahnung ist in diesem Fall nicht nötig.


Wichtig zu wissen ist auch, dass AN nicht nur wegen der Krankheit, sondern auch während der Krankschreibung gekündigt werden können.


2.2.     Wann kann wegen Krankheit gekündigt werden?


Damit eine krankheitsbedingte Kündigung wirksam ist, müssen 3 Voraussetzungen erfüllt sein, und zwar:


  • Negative Gesundheitsprognose


  • Der AN wird auch künftig in erheblichem Umfang wegen Krankheit fehlen.

           

      Hier ist der AN im Vorteil, denn ohne die Zustimmung des AN darf der AG keine Auskunft beim behandelnde Arzt einholen. Ärzte mussen zuvor vom AN von            der Schweigepflicht entbunden werden. Auch muss ein AN dem AG keine Information zur Krankheit oder künftigen Ausfällen machen.


  • Beeinträchtigung betrieblicher und wirtschaftlicher Interessen des AG

           

      Hierzu zählen Störungen des Betriebsablaufes oder enorme Belastungen des AG durch Lohnfortzahlungskosten, Umsatzeinbußen wie auch       Personalkosten aufgrund von Neueinstellungen/Vertretungen arbeitsunfähig kranker AN.


  • Interessenabwägung

(Beendigungsinteresse AG / Fortsetzungsinteresse AN)

           

Damit die Kündigung wirksam ist, muss das AG-Interesse überwiegen. Ergebnis muss sein,

dass die Beeinträchtigung seiner Interessen nicht weiter hinnehmbar ist.


Auf AN-Seite sind z. B. die Dauer des Arbeitsverhältnisses, die Krankheitsursache(n), die Häufigkeit und Dauer vorheriger Erkrankungen, der Familienstand wie auch das Lebensalters des AN und damit verbunden seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen.


Bei der Interessenabwägung spielt auch rein, ob die Kündigung das mildeste Mittel (ultima ratio) ist oder ob es Möglichkeiten gibt, einer erneuten Erkrankung       vorzubeugen. Gibt es einen andere leidensgerechte Einsatzmöglichkeit für den AN?


Eine Antwort auf diese Frage liefert für gewöhnlich die Durchführung eines BEM-Verfahrens (Betriebliches Einliederungsmanagement).


Was genau sich hinter dem BEM-Verfahren verbirgt, können 

Sie hier nachlesen.


2.3.     Was wird neben den Voraussetzungen noch geprüft?


Im Falle einer Kündigungsschutzklage aufgrund einer krankheitsbedingten Kündigung lassen die Arbeitsgerichte in ihre Entscheidungsfindung, ob die Kündigung wirksam ist oder nicht, ebenfalls mit einfließen, ob es sich um wiederholte Kurzzeiterkrankungen, eine   Langzeiterkrankung, eine dauernde Arbeitsunfähigkeit oder eine krankheitsbedingte Leistungsminderung handelt.


  • Wiederholte Kurzzeiterkrankungen

Der AN ist häufig für Tage/Wochen arbeitsunfähig.


Die Kündigung ist zulässig, wenn der AN über einen Beobachtungszeitraum von 24 Monaten – sicherer sind 36 Monate – aufgrund von Kurzzeiterkrankungen im Durchschnitt länger als 6 Wochen arbeitsunfähig krank war.     Interessenbeeinträchtigung/-abwägung vorausgesetzt.


Genauer unter die Lupe genommen wird hier auch, ob es sich um immer wieder das gleiche Krankheitsbild handelt oder ob verschiedene voneinander unabhängige     Krankheiten Grund für den Arbeitsausfall sind.

           

  • Langzeiterkrankung


Die Wiederherstellung der Gesundheit ist nicht ausgeschlossen. Wann genau mit einer Genesung zu rechnen ist, ist jedoch unklar.


Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts (BAG) tritt eine langanhaltende Erkrankung ab 8 Monaten ein. Ist eine Gesung innerhalb von 24 Monaten nicht absehbar spricht das BAG von einer dauernden Arbeitsunfähigkeit.


Die Kündigung ist zulässig bei negativer Gesundheitsprognose, was bedeutet, dass eine Genesung innerhalb von 24 Monaten nicht absehbar ist.


Praktisch ist dies allerdings kaum anwendbar, da Ärzte/Gutachter eine Genesung über einen so langen Zeitraum selten definitiv ausschließen werden. Desweiteren müssen die Interessen abgewogen werden. Überwiegt das Beendigungsinteresse des AG aufgrund von finanziellen und/oder organisatorischen Beeinträchtigungen oder aber das Fortsetzungsinteresse des AN unter Berücksichtigung sozialer Aspekte?


  • Dauernde Arbeitsunfähigkeit

Der AN wird auf Dauer arbeitsunfähig sein, die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit innerhalb von 24 Monaten ist ausgeschlossen.


Die Kündigung ist zulässig, wenn der AN seine arbeitsvertragliche Tätigkeit         voraussichtlich nie mehr ausüben (z. B. Ein Gerüstbauer ist dauerhaft auf einen           Rollstuhl angewiesen) und er auch nicht auf einem anderen leidensgerechten Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden kann. Die Interessen des AG überwiegen.


  • Krankheitsbedingte Leistungsminderung

Der AN kann die Leistungen gemäß Arbeitsvertrag nicht annähernd zu 100 %  erfüllen.


Die Kündigung ist zulässig, wenn die Gesundheitsprognose negativ ist, also weiterhin mit erheblichen Minderleistungen zu rechnen ist (Folge: wirtschaftliche Beeinträchtigung des AG). Auch hier ist eine umfassende Interessenabwägung anzustellen.


            Die Kündigung kann z. B. abgewendet werden, sofern der AN auf einen für  ihn –            entsprechend seiner verminderten Leistungsfähigkeit – passenden anderen      Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden kann (Prüfung im BEM-Verfahren).


2.4.     Ist eine außerordentliche Kündigung wegen Krankheit möglich?


Sofern ein AN besonderen Kündigungsschutz genießt und damit ordentlich nicht kündbar ist, kann er dennoch außerordentlich gekündigt werden.


Neben der üblichen Negativprognose und durchgeführten Interessenabwägung muss ein wichtiger Grund vorliegen und der AN muss in dem Beobachtungszeitraum von 36 Monaten vor Ausspruch der Kündigung im Durchschnitt etwa 3x so oft krank sein als ein ordentlich kündbarer AN.


3.         Kündigungsschutzklage


Die Frist für eine Kündigungsschutzklage beträgt 3 Wochen ab Erhalt der Kündigung. Innerhalb dieser 3 Wochen muss die Klage beim Arbeitsgericht eingegangen sein, anderenfalls ist die Kündigung wirksam - auch wenn sie es eigentlich nicht ist.


Ebenso verschlechtern sich bei verstreichen lassen dieser Frist die Chancen auf eine Abfindung.


3.Fazit:


Es gibt eine Vielzahl von Punkten, an denen eine krankheitsbedingte Kündigung scheitern kann. Angefangen bei den grundsätzlichen Voraussetzungen zu Form und Frist bishin zu dem speziellen Grund mit den zu erfüllenden Voraussetzungen je nach Einzelfall.


AN sollten sich bei Erhalt einer krankheitsbedingten Kündigung unbedingt anwaltlich beraten/vertreten lassen. Je nach Sachlage kann die Kündigung abgewehrt oder eine angemessene Abfindung verhandelt werden.


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