Kündigung zum „nächstzulässigen Termin“ – unwirksam?

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Das Bundesarbeitsgericht hat in einer Entscheidung vom 20.01.2016 darauf hingewiesen, dass eine Kündigung als empfangsbedürftige Willenserklärung so bestimmt sein muss, dass der Empfänger Klarheit über die Absichten des Kündigenden erhalte. Der Kündigungsempfänger müsse auch erkennen können, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis aus der Sicht des Kündigenden beendet sein soll. Dazu genüge bei einer ordentlichen Kündigung regelmäßig die Angabe des Kündigungstermins oder der Kündigungsfrist.

Nun gibt es in der Praxis häufig Kündigungen, in denen eine Kündigung „zum nächstzulässigen“ Termin ausgesprochen wird. Damit will der Kündigende, beispielsweise der Arbeitgeber, Irrtümer über die Berechnung der Kündigungsfrist auffangen.

Was ist der Hintergrund?

Die Berechnung der Kündigungsfrist ist in manchen Fällen weniger eindeutig, als man vermuten würde. Kündigungsfristen können vertraglich vereinbart sein, sich aus tariflichen Vorschriften ergeben oder, wenn nichts Gesondertes vereinbart ist, ist auf die gesetzliche Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch zurückzugreifen.

Manche Arbeitgeber haben bei langjährigen Beschäftigungsverhältnissen Schwierigkeiten, die Rechtslage bezüglich der Kündigungsfristen nachzuvollziehen. Zu Beginn des Beschäftigungsverhältnisses ist möglicherweise ein Arbeitsvertrag in schriftlicher Form geschlossen worden, später können Arbeitsvertragsänderungen oder Neufassungen von Arbeitsverträgen vorliegen. Manche Unternehmen gibt es schon gar nicht mehr, die Arbeitsverhältnisse sind möglicherweise von einem Vorgänger-Unternehmen im Wege des Betriebsübergangs übernommen worden. Der Erwerber des Betriebs hat möglicherweise die Arbeitsvertragsunterlagen beim Firmenerwerb gar nicht erhalten und versucht nun, die Sachlage nachzuvollziehen.

Es gibt viele Gründe, weshalb der Arbeitgeber bzw. der Kündigende im Kündigungsschreiben nicht nur einen Kündigungstermin angibt, sondern auch hineinschreibt, er wolle zum nächstzulässigen Termin kündigen.

Ein weiterer Grund kann nämlich auch darin bestehen, dass eine Kündigungsfrist je nach Zugangszeitpunkt einen anderen Kündigungstermin bedingt.

Beispiel: Der Arbeitgeber schreibt am 31.03.2016 eine Kündigung. Die Kündigungsfrist beträgt 3 Monate zum Kalendermonatsende. In dem Kündigungsschreiben ist also angegeben: Hiermit kündigen wir zum 30.06.2016. Der Arbeitnehmer nimmt die Kündigung am 01.04.2016 entgegen. Er vertritt die Auffassung, die Kündigung könne, wenn überhaupt, erst zum 31.07.2016 wirksam werden. Stimmt das? Und ist die Kündigung dann komplett unwirksam, wenn sie auf den 30.06.2016 lautete?

Antwort: Der Arbeitnehmer hat Recht. Die Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Monatsende führt dazu, dass 3 volle Monate ab Mai bis 31.07.2016 zu berücksichtigen sind.

Die Kündigung ist aber möglicherweise unwirksam, weil sie am 30.06.2016 ausgesprochen wurde.

Wie verhält es sich also in diesem Fall?

Die Kündigung muss klar formuliert sein. Der Arbeitnehmer bzw. Kündigungsempfänger muss wissen, was der Kündigende erklären will.

Nach meiner Auffassung ist es also so: Will der Kündigende eine Kündigung zum 30.06.2016, ohne dass klar wird, dass gegebenenfalls auch eine Kündigung zu einem späteren Zeitpunkt gewollt ist, und kann die Kündigung zum 30.06.2016 nicht wirksam werden, dann ist sie in der Tat nicht wirksam.

Das bedeutet, dass der Kündigende zusätzlich zum Ausdruck bringen muss, dass er hilfsweise zum nächstzulässigen Termin kündigt. Aber auch in diesem Fall muss klar sein, wie die Kündigungsfrist berechnet wird. Die rechtlich zutreffende Frist muss für den Kündigungsempfänger leicht feststellbar und ohne umfassende tatsächliche Ermittlungen oder die Beantwortung schwieriger Rechtsfragen klar sein. Der Kündigende muss daher vorsorglich auch in dem Kündigungsschreiben angeben, wie die Kündigungsfrist berechnet wird.

Das Bundesarbeitsgericht führt aus:

„...Eine Kündigung zum nächst zulässigen Termin ist möglich, wenn dem Erklärungsempfänger die Dauer der Kündigungsfrist bekannt oder für ihn bestimmbar ist (BAG, 20.06.2013 – 6 AZR 805/11). Eine solche Kündigung ist typischerweise dahin zu verstehen, dass der Kündigende die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu dem Zeitpunkt erreichen will, der sich bei Anwendung der einschlägigen gesetzlichen, tarifvertraglichen und/oder vertraglichen Regelungen als rechtlich frühestmöglicher Beendigungstermin ergibt. Der vom Erklärenden gewollte Beendigungstermin ist damit objektiv eindeutig bestimmbar. Dies ist jedenfalls dann ausreichend, wenn die rechtlich zutreffende Frist für den Kündigungsadressaten leicht feststellbar ist und nicht umfassende tatsächliche Ermittlungen oder die Beantwortung schwieriger Rechtsfragen erfordert (BAG, 10.04.2014 – 2 AZR 647/13). Die Ermittlung der maßgeblichen Kündigungsfrist kann sich aus Angaben im Kündigungsschreiben oder aus einer vertraglich in Bezug genommenen tariflichen Regelung ergeben. ...“

Bundesarbeitsgericht (BAG) vom 20.01.2016 – 6 AZR 782/14

Rechtsanwalt Dr. Bert Howald

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Anwaltskanzlei Gaßmann & Seidel, Stuttgart


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