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Mein rotes Auto ist plötzlich blau?! Autokauf recht extrem

  • 4 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

Viele Menschen entscheiden sich für den Erwerb eines Neuwagens, weil sie nicht die „Katze im Sack“ kaufen wollen. Umso größer ist die Verwunderung dann, wenn man ganz eindeutig nicht farbenblind ist, aber das neue Fahrzeug beim Autohändler dennoch eine andere Farbe aufweist, als gewollt. Manchmal führt das Auto aber auch von Anfang an ein Eigenleben und springt nur nach gutem Zureden an. Die folgende Aufzählung soll daher einen kleinen Überblick über die Rechte von strapazierten Autokäufern geben, die von ihren eigenen Autos sprichwörtlich an der Nase herumgeführt wurden.

[image]Plötzlich farbenblind, oder was?!

Schwarz ärgerte sich wohl ein Autokäufer, der zwar eine blaue Corvette bestellt hatte, aber eine schwarze geliefert bekam. Er verweigerte die Abnahme des Fahrzeugs und zahlte den Kaufpreis nicht, sodass der Autohändler ihn verklagte. Der Bundesgerichtshof (BGH) war aber der Ansicht, dass die Lieferung eines Kfz in einer anderen als der bestellten Farbe einen erheblichen Sachmangel darstellt und bejahte einen Rücktritt des Autoliebhabers vom Kaufvertrag. Die Farbe sei immerhin ein entscheidendes Kaufkriterium und vertraglich genau festgelegt worden. Außerdem könne sie auch bei einem späteren Verkauf des Kfz eine wichtige Rolle spielen, das je nach Farbton dann ein „Kassenschlager“ oder ein „Ladenhüter“ werden könnte (BGH, Urteil v. 17.02.2010, Az.: VIII ZR 70/07).

Kfz mit Eigenleben

Wenn nicht nur die Kinder tun, was sie wollen, sondern auch das eigene Auto, ist es mit der Geduld endgültig vorbei. Deshalb wollte der Käufer eines Neuwagens vom Kaufvertrag zurücktreten; schließlich sprang das Auto häufig gar nicht oder erst nach einer Wartezeit von bis zu 20 Minuten an. Weil er fast nur Langstrecken fuhr, sah der Verkäufer darin aber keinen Mangel; immerhin sei das Auto ohnehin die meiste Zeit in Betrieb. Der Fahrer traute sich aber gar nicht mehr auf die Toilette der Autobahnraststätte, weil er befürchtete, eine unfreiwillige Verlängerung der Pause in Kauf nehmen zu müssen und wollte das Auto aus diesem Grund nicht länger behalten. Zu Recht, wie das Oberlandesgericht (OLG) München entschied. Denn gerade bei einem Neuwagen könne man ein problemloses Anspringen des Motors erwarten. Derartige Startprobleme stellen daher einen Mangel und auch einen erheblichen Risikofaktor für den Verkehr dar. Springe der Motor etwa vor einem Bahnübergang nicht mehr an, werde das Kfz zu einem stehenden Hindernis im öffentlichen Straßenverkehr. Außerdem sei das Starten neben dem Fahren und Parken eine wesentliche Funktion eines Autos, die der Käufer auch ohne gesonderte Absprache mit dem Händler erwarten dürfe (OLG München, Urteil v. 26.10.2011, Az.: 3 U 1853/11).

Ein „kratz“bürstiger Handwerker?

Kommt der Neuwagen bereits verkratzt beim Händler an, würde der Käufer am liebsten wieder die Kurve kratzen. Wer will denn schon einen beschädigten Neuwagen? Das musste auch ein Mann erleben, bei dessen Wagen im Rahmen einer Inspektion ein behobener Lackschaden festgestellt wurde. Der Verkäufer gab daraufhin an, dass das Kfz auf dem Transport zu ihm leicht am Lack beschädigt, der Kratzer aber fachgerecht behoben worden sei. Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf ließ daher einen Rücktritt des Käufers vom Vertrag nicht zu; immerhin habe es sich nur um einen geringfügigen Lackkratzer gehandelt, der fachgerecht behoben wurde. Daher liege kein offenbarungspflichtiger und zum Rücktritt berechtigender Unfallschaden vor. Durch den Lackschaden verliere das Kfz seine Eigenschaft als Neuwagen nicht (OLG Hamm, Urteil v. 17.11.2011, Az.: I-28 U 109/11).

Fahrt im Schneckentempo ...

Wird eine Luxuskarosse von einem PS-schwachen Kleinwagen überholt, fragt man sich doch, ob das Auto wirklich hält, was es verspricht. Als ein Audi-Fahrer merkte, dass sein Kfz die versprochene Höchstgeschwindigkeit nicht erreichte, ließ er die Motorleistung überprüfen. Als eine Minderleistung festgestellt wurde und drei Reparaturversuche erfolglos blieben, wollte der Autofahrer vom Kaufvertrag zurücktreten. Das Landgericht (LG) Wuppertal hielt den Rücktritt für wirksam, weil die Motorminderleistung einen Sachmangel i. S. d. § 437 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) darstelle. Immerhin sei eine bestimmte Motorleistung vertraglich vereinbart, jedoch eine Minderleistung von etwa 8 Prozent festgestellt worden. Da auch mehr als zwei Nachbesserungsversuche fehlgeschlagen waren, bestehe ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Kfz (LG Wuppertal, Urteil v. 16.11.2010, Az.: 16 O 134/08).

Das durstige Auto

Mit einem sprichwörtlichen Fass ohne Boden rechnet man beim Kauf eines Neuwagens wirklich nicht. Als ein frischgebackener Neuwagenbesitzer nach einigen Tagen bereits Öl nachfüllen musste, wunderte er sich daher über den erheblichen Verbrauch. Weil sich nach einem Austausch des Zylinderkopfes nichts änderte, wurde das Auto erneut untersucht und ein von Anfang an bestehender Motorschaden festgestellt. Daraufhin verlangte der Eigentümer die Lieferung eines neuen und mangelfreien Kfz. Das Landgericht (LG) Hagen gab ihm Recht. Ein Neuwagen dürfe nicht so viel Öl verlieren, geschweige denn mit einem Motorschaden ausgeliefert werden, sodass ein Sachmangel zu bejahen sei. Zwar dürfe, nachdem mit einem Nachbesserungsversuch - der Reparatur - begonnen wurde, keine Neulieferung mehr verlangt werden. Schlägt die Reparatur aber fehl, könne der Eigentümer wieder frei wählen, ob er erneut eine Reparatur riskieren möchte oder die Lieferung eines mangelfreien Kfz verlangt (LG Hagen, Urteil v. 29.07.2011, Az.: 2 O 50/10).

(VOI)

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