Millionenklage gewonnen: Targobank muss nach unrechtmäßiger Kontosperre Vermögen auszahlen und Prozesskosten tragen

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Geldwäschebekämpfung ist kein Freibrief für bankseitige Willkür

Grenzüberschreitende Zahlungen werden als Auslandszahlungsverkehr bezeichnet. Bankkunden, die eine Zahlung innerhalb der EU, nach Liechtenstein, Island, Norwegen oder in die Schweiz veranlassen möchten, tun dies mittels SEPA-Überweisung. SEPA steht für „Single Euro Payments Area“. Mehr als 36 europäische Staaten gehören inzwischen zu dieser Single Euro Payments Area. Zwischen diesen Ländern sind die Regeln für grenzüberschreitende Zahlungen standardisiert, was Überweisungen einfach macht. Gleichwohl kommt es auch hier regelmäßig zu Problemen für Bankkunden.

So hat die Mandantin von Rechtsanwalt Benjamin Hasan eine Überweisung aus der SEPA Zone erhalten und wollte diese Summe in der Filiale ihrer Bank in Bar abheben und im privaten Tresor verwahren. Ein berechtigtes und nicht weiter zu hinterfragendes Unterfangen. Die eifrigen Bankangestellten weigerten sich jedoch, die Barabhebung durchzuführen.  Sie gaben – statt etwaige Rückfragen effektiv und eigenverantwortlich mit ihrer Kundin zu klären – stattdessen eine Verdachtsmeldung an die FIU (Financial Intelligence Unit), auch Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen genannt, ab und sperrten das Konto der späteren Klägerin.

Immer öfter reagieren Banken mit Verdachtsmeldungen, die regelmäßig zu Kontosperren führen, die Wochen und sogar Monate dauern – selbst wenn der Sachverhalt, der einer „verdächtigen“ Transaktion zugrunde liegt, sich rasch aufklären ließe. In der Zeit nach der Verdachtsmeldung sind dann keine ausgehenden Transaktionen möglich.

Außergerichtliche Klärungsversuche und Fristsetzung ignorierte die Bank geflissentlich und verwies auf interne Untersuchungen.   

Banken fehlt es an Eigeninitiative und echtem Aufklärungsinteresse

Im hiesigen Fall, der von Rechtsanwalt Benjamin Hasan aus dem Frankfurter Büro der international aufgestellten Kanzlei Michael Kyprianou & Co LLC betreut wurde, hatte die  Bankkundin außergerichtlich alle erdenklichen Bemühungen unternommen, Herkunftsnachweise zu erbringen und Klärung herbeizuführen. So legte sie Bestätigungen der ursprünglichen Bank vor, bei der das Millionenvermögen auf ihrem eigenen Konto angelegt war. Daraus ging ihre Eigentumsstellung eindeutig hervor. Gleichwohl hielt die Targobank nicht nur an der Kontosperre fest, sondern kündigte auch noch unter Verweis auf die AGB die gesamte Geschäftsbeziehung zur Kundin.
 
Der enttäuschten Kundin gelang es außergerichtlich auch nach der Kündigung des Kontos nicht, ihr gesamtes Vermögen von der Targobank herauszuverlangen oder die Bank dazu zu bewegen, das gesamte Geld auf ein Anderkonto ihres Anwalts zu überweisen. Erst nach Klageerhebung zahlte die Beklagte einen Teil des Vermögens aus. Sie begründete den Einbehalt des Restbetrags auch nach Erbringung des Herkunftsnachweises mit ihrer internen Prüfung und der abgegebenen Verdachtsmeldung. Diese fadenscheinige Begründung vermochte das Gericht jedoch nicht zu überzeugen.

Rechtsanwalt Benjamin Hasan: „Die Vorsicht von Banken ist zwar gut gemeint, darf jedoch nicht zu einem fahrlässigen Umgang mit Kundengeldern führen, der für Kunden oftmals existenzgefährdend sein kann. Dass die Bank hier auch nach Kündigung das Geld nicht vollständig auskehrte und ihre Borniertheit sogar nach Klageerhebung noch wochenlang aufrecht erhielt, zeugt von einem bedenklichen Rechtsverständnis!“

Von Einsicht keine Spur

Das Gericht musste nun noch über den verbleibenden Auszahlungsanspruch der Mandantin urteilen, da die Targobank einen sechstelligen Teilbetrag des Vermögens der Klägerin vor einem Urteil ausgezahlt hatte. Doch ausgestanden war die Angelegenheit für die Klägerin damit noch nicht. Denn die Beklagte beantragte Klageabweisung. Von Einsicht keine Spur. Auch hinsichtlich der Kostentragung forderten die Anwälte der Beklagten, dass die Bankkundin die Kosten tragen solle.

Hasan: „Was die Bank mit dem einbehaltenen Vermögen meiner Mandantin vor hatte, bleibt ihr Geheimnis. Erfreulich ist, dass das Landgericht Wiesbaden hier unserer Auffassung gefolgt ist und den Herausgabeanspruch bejahte und die gesamten Kosten des Rechtsstreits letztlich der beklagten Bank auferlegte. Die Bank hatte bis zuletzt versucht, die Millionenklage zu gewinnen und auch noch die Prozesskosten ihrer Ex-Kundin aufzudrücken und sich als vorbildlicher Privatdetektiv der Behörden zu gerieren“

Das hat die vorsitzende Richterin am Landgericht Wiesbaden jedoch nicht mitgemacht und fand im Janaur 2024 deutliche Worte für das Gebaren der beklagten Bank:

„Im Ergebnis kommt es darauf allerdings auch nicht an, da auch unterstellt, die Meldung bei der FIU sei rechtmäßig gewesen, die Beklagte jedenfalls nicht berechtigt war, die Gelder ohne Weiteres über Wochen hinweg zurückzuhalten. Eine Reaktion der FIU auf die Meldung ist unstreitig nicht erfolgt. Gem. § 46 I Nr. 2 GwG darf eine Auszahlung eines solchen Betrages erst nach einer Wartezeit von 3 Tagen erfolgen. Dies beinhaltet zwar keine ausdrückliche Verpflichtung zur unmittelbaren Auszahlung, kann aber letztlich nur so verstanden werden, dass mit fruchtlosem Ab lauf dieser Frist die entsprechende Transaktion auch vorgenommen werden muss. Es kann nicht in das Belieben der jeweiligen Bank gestellt werden, weitere Zeit verstreichen zu lassen, wenn bereits die FIU innerhalb der normierten Frist keine Maßnahme getroffen hat. Die Beklagte war deshalb spätestens mit dem 2.07.2023 zur Auszahlung verpflichtet. 

Die Klägerin hat Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Anwaltskosten, da bei dieser unklaren Rechtslage die Inanspruchnahme eines Fachberaters durchaus angezeigt war, die Beklagte dies durch die Verweigerung der Auszahlung vom Konto der Klägerin veranlasst hatte. Die Beklagte hat auf Grund der vorherigen Ausführungen auch die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist. Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes gem. § 91 a ZPO wäre die Beklagte auch insoweit unterlegen, da keinerlei Grund ersichtlich war, warum nicht einmal der unstreitig mit Autorisierung von einem eigenen Konto der Klägerin bei der Streitverkündenden stammende Betrag nicht der Klägerin zustehen sollte. Dies war auch offensichtlich nicht Anlass für Bedenken der Beklagten gewesen, so dass auf jeden Fall dieser Betrag sofort hätte ausgezahlt werden müssen.

(Hervorhebungen nicht im Original)

Benjamin Hasan ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Partner im Frankfurter Büro der international vertretenen Wirtschaftskanzlei Michael Kyprianou & Co LLC. In seiner mehr als zehnjährigen Erfahrung als Rechtsanwalt vereint er die Expertise eines prozesserfahrenen Fachanwalts für Bankrecht mit der eines Bank Managers. 

Er hat bereits hunderten Kunden der Commerzbank, N26, Comdirect, Deutsche Bank, Bunq, paypal, ING, Wise, Postbank, Qonto, Solaris, Targobank, Volksbanken und Sparkassen dabei geholfen, schnellstmöglich den Zugriff auf ihr Geld wiederherzustellen.

Im Falle von ungerechtfertigten Maßnahmen einer Bank, eines Finanzdienstleisters oder Zahlungsinstituts zeigt er rechtliche Handlungsmöglichkeiten auf und setzt die Ansprüche seiner Mandanten zügig mit dem nötigen Nachdruck und der erforderlichen prozessualen Finesse durch.

Weitere Informationen und Sofortkontakt zu einem Fachanwalt für Bankrecht finden Sie hier:

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Foto(s): Kyprianou & Hasan GbR

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