Mit dem Anwalt nicht zufrieden – was tun?

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1. Mein Anwalt rät mir zu einem Vergleich – die Abfindung ist mir aber zu niedrig

Ihr Anwalt sollte Ihnen erklären können, weshalb er Ihnen zu dem Vergleich rät und weshalb die Höhe der Abfindung nach seiner Auffassung angemessen ist. Wenn er Ihnen das nicht erklären kann, sollten Sie den Vergleich lieber nicht schließen, er könnte nachteilhaft für Sie sein. Sie müssen schließlich nicht deshalb einer gütlichen Einigung mit der Gegenseite zustimmen, weil das für den Anwalt weniger Arbeit bedeutet. 

2. Mein Anwalt meldet sich nicht, wenn ich um einen Rückruf bitte

Ihr Anwalt sollte sich zeitnah bei Ihnen zurückmelden, wenn Sie eine Frage haben. Es kann nicht sein, dass der Rechtsanwalt Sie „in der Luft“ hängen lässt. Wenn der Anwalt nicht zurückrufen kann, weil er gerade andere Gerichtstermine, Besprechungen oder ähnliches wahrnimmt, sollte er sich melden, sobald er wieder Zeit für Sie hat. Es gibt keine grundsätzliche Pflicht, dass sich der Anwalt am selben Tag bei Ihnen melden muss. 

3. Mein Anwalt erklärt mir den Ablauf der Gerichtsverhandlung nicht

Der Anwalt sollte Ihnen auf Nachfrage erklären, wie eine Gerichtsverhandlung abläuft. Schließlich haben Sie so etwas wahrscheinlich noch nie erlebt. Ein Termin vor Gericht ist also für Sie ungewohnt und etwas nicht Alltägliches. Der Anwalt macht so etwas häufig. Er sollte Ihnen den Ablauf wenigstens kurz schildern, damit Sie vorbereitet sind. 

Zum Ablauf einer Güteverhandlung und zum Verfahren können Sie auf den Internetseiten des örtlichen Arbeitsgerichts, zum Beispiel der Homepage des Arbeitsgerichts Stuttgart, einige Hinweise bekommen. 

4. Mein Anwalt berücksichtigt meine Hinweise zum Sachverhalt nicht

Der Anwalt sollte mit Ihnen zumindest kurz über Ihre Hinweise sprechen. Vielleicht gibt es auch Gründe, weshalb er Ihre Hinweise nicht aufgegriffen hat. Das sollte er Ihnen aber erklären. Wenn Sie etwas nicht verstehen, sollten Sie Ihren Anwalt darauf hinweisen. 

5. Mein Anwalt schließt einen Vergleich, ohne mich vorher zu fragen

Es passiert eigentlich so gut wie nie, dass ein Vergleich geschlossen wird, ohne dass der Mandant vorher etwas davon erfährt. Denn so etwas geht gar nicht. Der Anwalt darf nur nach Ihren Anweisungen handeln. Sie bestimmen, was in Ihrem Fall gemacht wird. Leider gilt ein Vergleich in aller Regel auch dann, wenn Sie keine Zustimmung dazu gegeben haben. Wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihr Anwalt nicht nach Ihren Anweisungen vorgeht, sondern etwas ganz anderes macht, sollten Sie ihn darauf hinweisen und ihn um eine Erklärung bitten. 

6. Was kann ich tun, wenn ich mit meinem Anwalt nicht zufrieden bin?

Zunächst einmal sollten Sie versuchen, die Sache mit Ihrem Anwalt zu klären. Wenn dies nicht möglich ist, können Sie Ihrem Anwalt jederzeit das Mandat entziehen. Sie müssen dazu keine Frist einhalten. Die Entziehung des Mandats sollten Sie schriftlich machen oder wenigstens per E-Mail. Der Anwalt darf dann nicht mehr für Sie tätig werden! 

Aber Vorsicht bei der Mandatskündigung: Es kann sein, dass der Anwalt trotzdem einen vollständigen Gebührenanspruch gegen Sie hat, obwohl die Sache vielleicht noch nicht abgeschlossen ist. Wenn Sie einen neuen Anwalt beauftragen, kann es sein, dass auch dieser einen vollen Gebührenanspruch hat, sodass Sie zwei Anwälte bezahlen müssen. 

Wenn Sie rechtsschutzversichert sind, sollten Sie vor einer Mandatskündigung unbedingt klären, ob die Rechtsschutzversicherung Ihre Gründe versteht, weshalb Sie wechseln wollen, und die dadurch entstehenden Kosten trägt. Rechtsschutzversicherungen müssen die durch einen Anwaltswechsel entstehenden Mehrkosten nämlich im Normalfall nicht übernehmen. 

7. Was kann ich tun, um solche Situationen zu vermeiden?

Bei der Auswahl des passenden Rechtsanwalts sollten Sie darauf achten, dass der Anwalt über die richtige Qualifikation verfügt. Wenn Sie für Ihren Kündigungsschutzprozess zum Beispiel einen Anwalt wählen, der einmal Ihren Verkehrsunfall betreut hat, heißt dies noch nicht, dass er diesen Prozess gut für Sie führen kann. Deshalb ist es sinnvoller, einen Fachanwalt für Arbeitsrecht zu beauftragen. Fachanwälte müssen nicht teurer als „normale“ Anwälte sein. 

Ein Anwaltswechsel wird immer schwieriger werden, je länger Sie mit einem Anwalt zusammenarbeiten. Deshalb ist es besser, Sie legen sich bereits am Anfang auf einen vertrauenswürdigen Anwalt fest, nachdem Sie sich über seine Qualifikationen und Erfahrungen erkundigt haben. Solche Informationen sind meistens im Internet verfügbar, wenn auch nicht alle Informationen immer verlässlich sind. Wenn Sie zusätzlich noch eine Empfehlung bekommen, etwa über Ihre Bekannten oder Verwandten, liegen Sie meistens richtig. 

Dr. Bert Howald

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Anwaltskanzlei Gaßmann & Seidel, Stuttgart


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