Mit Eigenverwaltung in Eigenregie durch das Insolvenzverfahren

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1. Einführung in die Eigenverwaltung

Die Eigenverwaltung ermöglicht es insolventen Unternehmen, Sanierungsmaßnahmen innerhalb eines gerichtlichen Verfahrens selbst zu gestalten und die Einsetzung eines Insolvenzverwalters zu vermeiden.

2. Anforderungen und Voraussetzungen an eine Eigenverwaltung (§§ 270 ff. InsO)

Mit dem Insolvenzantrag hat das Unternehmen den Antrag auf Eigenverwaltung zu stellen. § 270a InsO gibt die zusätzlich zum Insolvenzantrag benötigten Unterlagen, Vorgaben und Darstellungen vor, die ggü. dem Insolvenzgericht einzureichen sind. Dort heißt es:

„(1) Der Schuldner fügt dem Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung eine Eigenverwaltungs-planung bei, welche umfasst: 

1. einen Finanzplan, der den Zeitraum von sechs Monaten abdeckt und eine fundierte Darstellung der Finanzierungsquellen enthält, durch welche die Fortführung des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes und die Deckung der Kosten des Verfahrens in diesem Zeitraum sichergestellt werden soll,

2. ein Konzept für die Durchführung des Insolvenzverfahrens, welches auf Grundlage einer Darstellung von Art, Ausmaß und Ursachen der Krise das Ziel der Eigenverwaltung und die Maßnahmen beschreibt, welche zur Erreichung des Ziels in Aussicht genommen werden,

3. eine Darstellung des Stands von Verhandlungen mit Gläubigern, den am Schuldner beteiligten Personen und Dritten zu den in Aussicht genommenen Maßnahmen,

4. eine Darstellung der Vorkehrungen, die der Schuldner getroffen hat, um seine Fähigkeit sicherzustellen, insolvenzrechtliche Pflichten zu erfüllen, und

5. eine begründete Darstellung etwaiger Mehr- oder Minderkosten, die im Rahmen der Eigenverwaltung im Vergleich zu einem Regelverfahren und im Verhältnis zur Insolvenzmasse voraussichtlich anfallen werden.

(2) Des Weiteren hat der Schuldner zu erklären

1. ob, in welchem Umfang und gegenüber welchen Gläubigern er sich mit der Erfüllung von Verbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen, Pensionszusagen oder dem Steuerschuldverhältnis, gegenüber Sozialversicherungsträgern oder Lieferanten in Verzug befindet,

2. ob und in welchen Verfahren zu seinen Gunsten innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Antrag Vollstreckungs- oder Verwertungssperren nach diesem Gesetz oder nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz angeordnet wurden und

3. ob er für die letzten drei Geschäftsjahre seinen Offenlegungspflichten, insbesondere nach den §§ 325 bis 328 oder 339 des Handelsgesetzbuchs nachgekommen ist.“

3. Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung

Wenn die Eigenverwaltungsplanung des antragstellenden Unternehmens vollständig und schlüssig ist und keine Umstände für Zweifel an den glaubhaft gemachten Umständen des antragstellenden Unternehmens bestehen, leitet das angerufene Insolvenzgericht die vorläufige Eigenverwaltung ein und bestellt einen (überwachenden) vorläufigen Sachwalter.

Bei Mängeln setzt das Insolvenzgericht eine Frist zur Nachbesserung von maximal 20 Tagen.

Neben der überwachenden Tätigkeit des vorläufigen Sachwalters hat dieser zumeist auch die Beauftragung durch das Insolvenzgericht erhalten, um zu prüfen, ob ein Insolvenzgrund vorliegt, eine die Verfahrenskosten deckende Masse vorhanden ist und das Unternehmen fortgeführt werden kann.

Mit Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung verbleibt die vollständige Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis beim antragstellenden Unternehmen (im Gegensatz zu einem „regulären“ vorläufigen Insolvenzverwaltung).

Der vorläufige Sachwalter tritt nicht nach außen in Erscheinung. Gläubigerrechtewahrend müssen jedoch zu begründende Verbindlichkeiten, die nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören, seitens des antragstellenden Unternehmens mit dem Sachwalter abgesprochen werden (§ 275 Abs. 1 InsO). Zudem hat der Sachwalter ein Widerspruchsrecht für alle zu begründenden Verbindlichkeiten (§ 275 Abs. 1 InsO).

Der Geschäftsbetrieb läuft (zumindest eingeschränkt) fort.

4. Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung

Im Anschluss an die angeordnete vorläufige Eigenverwaltung eröffnet das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung.

Im Gegensatz zum „regulären“ Insolvenzverfahren verbleibt in der Eigenverwaltung die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis – analog zum vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren – weiterhin beim antragstellenden Unternehmen.

Spätestens im eröffneten Verfahren muss die Geschäftsleitung einen konkretisierten und finalisierten Plan vorlegen, der abbildet, wie und in welcher Form das Unternehmen fortgeführt werden kann und wie die Gläubigerforderung zumindest teilweise befriedigt werden können. Dieses angestrebte Ziel ist „Herzstück“ und Sinn einer Eigenverwaltung.

Die Umsetzung kann über den Verkauf der Wirtschaftsgüter und Übertragung des Geschäftsbetriebes im Rahmen eines sog. Asset-Deals, aber auch durch die Sanierung des Rechtsträgers über einen sog. Insolvenzplan erfolgen. Insbesondere über einen Insolvenzplan kann eine Vielzahl an kreativen Sanierungslösungen umgesetzt und durch die Gläubigerversammlung abgesegnet und genehmigt werden.

5. Beendigung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung

Die beschlossenen Maßnahmen der Gläubigerversammlung werden sodann im Anschluss durch die Geschäftsleitung und den Sachwalter umgesetzt und abgewickelt. Das Verfahren endet mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung.

Kann die angedachte/angestrebte Sanierungslösung – aus welchem Grund auch immer – nicht umgesetzt werden oder wird diese von der Gläubigerversammlung nicht genehmigt, leitet das Insolvenzgericht das Verfahren in ein „reguläres“ Insolvenzverfahren über.


Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und hoch komplexe rechtliche Materie. Insbesondere erheben die Ausführungen einen Anspruch auf Vollständigkeit. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 

Gerne stehe ich Ihnen zur Verfügung und will Sie bei Ihren rechtlichen Anliegen und Problemen unterstützen.



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