N26 Bank AG muss nach unrechtmäßigem Einbehalt von Kundenvermögen gesamte Prozesskosten tragen

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Geldwäschebekämpfung: Nebenwirkungen für Kontoinhaber

Dass Banken regelmäßig den Zahlungsverkehr ihrer Kunden prüfen und auch langfristig beobachten, ist eine begrüßenswerte Entwicklung in der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Immer öfter reagieren Banken jedoch mit Verdachtsmeldungen, die regelmäßig zur Kontosperre führen, die Wochen und sogar Monate dauern – selbst wenn der Sachverhalt, der einer „verdächtigen“ Transaktion zugrunde liegt, sich rasch aufklären ließe. In der Zeit nach der Verdachtsmeldung sind dann keine ausgehenden Transaktionen möglich. Als Begründung wird dann angeführt, dass die Bank ihre Prüfungspflichten erfülle und auf Mithilfe des Kunden angewiesen sei. Gleichzeitig werden Herkunftsnachweise angefordert.  

Herkunftsnachweise werden gefordert

Geeignete Belege für den Herkunftsnachweis können nach Auskunft der BaFin insbesondere sein:

  • Ein aktueller Kontoauszug bezüglich eines Kontos des (Lauf-)Kunden bei einer anderen Bank, aus dem die Barauszahlung hervorgeht
  • ein aktueller Kontoauszug bezüglich des Kontos eines Dritten, aus dem die Barauszahlung hervorgeht (Handeln im Namen einer dritten Person), ergänzt um weitere Dokumente und Informationen zu dem Dritten,
  • Barauszahlungsquittungen einer anderen Bank,
  • Sparbücher des (Lauf-)Kunden, aus denen die Barauszahlung hervorgeht,
  • Verkaufs- und Rechnungsbelege (z.B. Belege zum Autoverkauf, Goldverkauf),
  • Quittungen bezüglich getätigter Sortengeschäfte,
  • letztwillige vom Nachlassgericht eröffnete Verfügungen,
  • Schenkungsverträge, Schenkungsanzeige.

Die Bank als Hilfssheriff der Ermittlungsbehörden? 

In einem Fall, der von Rechtsanwalt Benjamin Hasan aus dem Frankfurter Büro der international aufgestellten Kanzlei Michael Kyprianou & Co LLC, betreut wurde, hatte der Bankkunde außergerichtlich alle erdenklichen Bemühungen unternommen, die von der N26 Bank geforderten Herkunftsnachweise zu erbringen. Er legte Bestätigungen seines in China ansässigen Arbeitgebers vor, aus denen eindeutig hervorging, dass es sich bei dem von der Bank als auffällig erachteten Zahlungseingang aus dem Ausland um eine vertraglich vereinbarte sechsstellige Bonuszahlung handelte. Gleichwohl hielt die N26 Bank nicht nur an der Kontosperre fest, sondern kündigte auch noch unter Verweis auf die AGB die gesamte Geschäftsbeziehung zum Kunden.
 
Dem enttäuschten Kunden gelang es außergerichtlich auch nach der Kündigung des Kontos nicht, sein Vermögen von der N26 Bank herauszuverlangen oder die Bank dazu zu bewegen, sein Geld auf eines seiner bei einer anderen Bank geführten Konten zu überweisen. Die N26 Bank begründete den Einbehalt des Geldes auch nach Erbringung des Herkunftsnachweises mit ihrer internen Prüfung. Diese fadenscheinige Begründung vermochte nicht zu überzeugen.

Rechtsanwalt Benjamin Hasan: „Die Vorsicht von Banken ist zwar nachvollziehbar, darf jedoch nicht zu einem blinden Übereifer verfallen, der für Kunden oftmals existenzgefährdend sein kann. Dass die Bank hier auch nach der Kündigung das Geld nicht auskehrte und ihre Renitenz sogar nach Klageerhebung noch wochenlang aufrecht erhielt, ist schon bezeichnend!“


Der Zweck heiligt nicht die Mittel

Das Gericht musste im Ergebnis zwar nicht über den offensichtlichen Auszahlungsanspruch des Mandanten urteilen, da die N26 Bank das Vermögen des Klägers letztlich doch noch vor einem Urteil auszahlte. Doch ausgestanden war die Angelegenheit für die Bank damit noch nicht. Denn die Frage der Kostentragung des Prozesses wurde nach der Erledigung der Hauptsache (also nach Auszahlung des gesamten Guthabens) noch hitzig umkämpft.

Hasan: „Erfreulich im konkreten Fall ist, dass das Landgericht Berlin hier unserer Auffassung gefolgt ist und die gesamten Kosten des Rechtsstreits letztlich der Bank auferlegte. Die Bank hatte bis zuletzt versucht, auch diese Kosten noch dem Kunden in die Schuhe zu schieben und sich als pflichtbewusster Hilfssheriff der Behörden zu gerieren“

Das hat der vorsitzende Richter am Landgericht Berlin jedoch nicht mitgemacht und fand deutliche Worte für das Gebaren der beklagten Bank:

„Vorliegend waren deshalb der beklagten Partei die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, da sie ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses in dem Rechtsstreit voraussichtlich unterlegen wäre. Denn die beklagte Partei hat zwischenzeitlich die strittige Forderung ohne Einwendungen bezahlt und hierdurch zum Ausdruck gebracht, dass die Forderung der Klägerseite berechtigt war. Soweit vorliegend allein der von der Beklagten zwischenzeitlich erhobene Geldwäscheverdacht besonderer Beachtung verdient, folgt hieraus im Ergebnis keine abweichende Beurteilung. Die Beklagte mag anfangs, nämlich im Juli 2022 berechtigt und haftungsrechtlich begünstigt gewesen sein, als sie die Geldwäscheverdachtsmeldung vorgenommen und im Anschluss auch die Zugriffsmöglichkeiten auf das Konto eingeschränkt hat. Die Beklagte war jedoch nicht berechtigt, das Geld bis zum 2. März 2023 und damit bis nach Klageerhebung einzubehalten. Die Beklagte ist insoweit kein Ersatzstaatsanwalt oder Erfüllungsgehilfe der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen, für die sie das Geld des Klägers ohne behördliche Anordnung zulasten des Kontoinhabers monatelang einbehalten darf. Zwar bestimmt § 43 Absatz 1 GwG wohl keine genaue Frist, wann spätestens eine beantragte Transaktion nach Meldung an die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen vorgenommen werden muss. Eine monatelange Einbehaltung rechtfertigt aber auch ein Geldwäscheverdacht ohne Eingriff der Staatsanwaltschaft oder sonstiger Behörden weder nach §§ 43, 46 GwG nicht. Denn die in § 46 GwG normierte Anhaltepflicht des meldepflichtigen Kreditinstituts dient, (lediglich) dazu, der Staatsanwaltschaft die Prüfung und Beantragung von Maßnahmen gemäß § § 111 b FF. StPO zu ermöglichen, wenn und soweit sie es für geboten hält, dem Kontoinhaber ganz oder teilweise die Verfügung über sein Kontoguthaben zu entziehen (Kammergericht, Urteil vom 19. Juli 2022, 4 U 78/22).“

(Hervorhebungen nicht im Original)

Dem Mandanteninteresse verpflichtet

Benjamin Hasan ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht. In seiner mehr als zehnjährigen Erfahrung als Rechtsanwalt vereint er die Expertise eines prozesserfahrenen Fachanwalts für Bankrecht mit der eines Chief Compliance Officers einer Bank. Im Falle von ungerechtfertigten Maßnahmen einer Bank, eines Finanzdienstleisters oder Zahlungsinstituts zeigt er rechtliche Handlungsmöglichkeiten auf und setzt die Ansprüche seiner Mandanten vor allen Gerichten mit dem nötigen Nachdruck und der erforderlichen prozessualen Finesse durch. Setzen Sie auf die Expertise eines Fachanwalts für Bankrecht!

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Foto(s): Kyprianou & Hasan GbR


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