NFTs in der Steuererklärung: Warum viele Finanzämter falsch liegen – und wie Sie sich erfolgreich wehren können
- 5 Minuten Lesezeit
Ein juristischer Leitfaden für Sammler, Kreative und Investoren – mit Praxisfällen, Handlungstipps und strategischer Verteidigung.
Plötzlich steuerpflichtig – obwohl nie verkauft?
Stellen Sie sich vor: Sie kaufen ein digitales Kunstwerk als NFT für 300 €. Zwei Jahre später steht das Finanzamt vor der Tür und verlangt rückwirkend Steuern – nicht etwa, weil Sie es verkauft hätten, sondern weil angeblich ein steuerpflichtiger Vorgang vorliegt.
Der Grund? Ein pauschales Verständnis von „privater Veräußerung“, das oft nicht zur Realität von NFT-Sammlern und Künstlern passt.
Zum BMF-Schreiben zur steuerlichen Behandlung von virtuellen Währungen und Token (PDF)
Was viele nicht wissen:
In vielen Fällen sind NFTs gar nicht steuerpflichtig – oder nur unter engen Voraussetzungen. Und: Die meisten Finanzämter setzen fälschlicherweise einfach die Regeln für Kryptowährungen eins zu eins auf NFTs um – ein schwerer Fehler.
Teil 1: Warum NFTs rechtlich keine Kryptowährungen sind
Während Bitcoin, Ether & Co. in § 23 EStG als „andere Wirtschaftsgüter“ bei privaten Veräußerungsgeschäften regelmäßig steuerpflichtig sind, lassen sich NFTs nicht einfach gleichsetzen.
1. Was ist ein NFT – rechtlich betrachtet?
Ein Non-Fungible Token ist ein einzigartiger digitaler Vermögenswert, meist verknüpft mit einem Kunstwerk, Bild oder Musikstück. Anders als Coins ist ein NFT nicht fungibel, d. h. nicht austauschbar oder teilbar.
Juristisch gesehen:
NFTs sind nicht zwingend „Wirtschaftsgüter“ im steuerlichen Sinne, wenn:
- kein Handel beabsichtigt ist
- keine Werthaltigkeit (z. B. leerer Token ohne Lizenz) vorliegt
- sie nur als digitale Repräsentanz eines kreativen Werks dienen (ähnlich wie ein Wasserzeichen)
2. Kein Markt = kein wirtschaftlicher Verkehr
Damit ein NFT als steuerpflichtiges Wirtschaftsgut gilt, muss ein Markt existieren, auf dem es gehandelt wird.
Viele NFTs (z. B. personalisierte Sammlerstücke oder limitierte Club-NFTs) haben keine Wiederverkäuferstruktur – und damit keinen steuerlich relevanten Marktwert.
Teil 2: Diese Fehler machen viele Finanzämter bei NFTs
1. Gleichbehandlung mit Coins – rechtlich unzulässig
Oft wenden Finanzämter die Bitcoin-Rechtsprechung des BFH (z. B. Urteil vom 14.2.2023 – IX R 3/22) auch auf NFTs an – obwohl NFTs dort nicht gemeint sind. Das ist sachlich wie rechtlich falsch.
2. Rückwirkende Versteuerung bei AirDrops, Mints oder Transfers
In der Praxis kommt es zu folgenden typischen Fallkonstellationen:
- NFT wurde kostenlos gemintet, aber später mit hohem „Wert“ angesetzt
- NFT wurde nur übertragen – keine Einnahme – trotzdem wird Steuer festgesetzt
- Finanzamt besteuert einen imaginären „Gewinn“, obwohl kein Verkauf stattgefunden hat
All das verstößt gegen grundlegende Besteuerungsprinzipien:
Ohne realisierten Wertzuwachs, keine Veräußerung – ohne Veräußerung, keine Steuer.
Teil 3: Drei echte NFT-Fälle aus der Praxis – und wie Finanzämter danebenliegen
Fall 1: Künstler mintet 20 eigene Werke – keine Verkäufe, aber Steuerbescheid
Ein freischaffender Künstler erstellt 20 digitale Werke als NFTs.
Er verschenkt zwei davon, der Rest bleibt in seiner Wallet.
Ergebnis: Das Finanzamt setzt pauschal 8.000 € Einnahmen an – basierend auf dem „Marktwert“ vergleichbarer NFTs.
Fehler: Es fand kein Verkauf, keine Einnahme und kein wirtschaftlicher Zufluss statt.
Rtige Argumentation:
- NFT = kein Wirtschaftsgut, da nur Eigenproduktion, kein Markt
- § 8 EStG verlangt tatsächlichen Zufluss
- Besteuerung auf Schätzbasis hier unzulässig
Fall 2: NFT übertragbar gemacht – angeblich steuerpflichtig
Ein Sammler mintet 2022 ein exklusives NFT eines Indie-Künstlers (Preis: 120 €).
2023 aktiviert er die Option, das NFT über OpenSea handelbar zu machen – verkauft es aber nie.
Finanzamt will 1.200 € ansetzen, da ein „Veräußerungsereignis“ durch Listung angenommen wird.
Fehler: Allein die Verkaufsbereitschaft ist kein steuerpflichtiger Vorgang.
Richtige Argumentation:
- Keine Verfügung, kein Vertrag
- § 23 EStG setzt tatsächliche Veräußerung voraus
- Eintrag bei OpenSea = bloße Absicht, nicht realisierter Gewinn
Fall 3: Club-NFT mit Zugang zu Online-Coachings – steuerlich als Wirtschaftsgut eingestuft
Ein Mandant kauft 2023 ein NFT für 350 €, das Zugang zu exklusiven Online-Coachings gewährt (nicht übertragbar).
Er nutzt das Coaching – aber verkauft das NFT nicht.
Finanzamt stuft es als „steuerpflichtiges Wirtschaftsgut“ ein, das jährlich zu bewerten sei.
Fehler: Es fehlt an Marktwert, Übertragbarkeit und wirtschaftlicher Verkehrsfähigkeit.
Richtige Argumentation:
- Nutzung = wie Eintrittskarte oder Lizenz
- Kein Markt, kein Wiederverkauf → kein steuerpflichtiger Vermögensvorteil
Teil 4: Wann NFTs steuerpflichtig sind – und wann nicht
Steuerpflichtig (typische Fälle):
- Verkauf von NFTs innerhalb eines Jahres nach Anschaffung → Spekulationsgewinn (§ 23 EStG)
- Verkauf von selbst erstellten NFTs gegen Entgelt → ggf. Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG)
- NFT-Handel mit Gewinnerzielungsabsicht und systematischem Vorgehen
Nicht steuerpflichtig (häufige Fälle):
- NFT wurde nur erstellt, aber nie verkauft
- NFT wurde verschenkt oder vererbt ohne Gegenleistung
- NFT dient ausschließlich der privaten Nutzung (z. B. Zugang, Sammlerzweck)
- NFT ist nicht verkehrsfähig (z. B. ohne Verkaufsmöglichkeit auf Plattformen)
Teil 5: Wie Sie sich gegen fehlerhafte Steuerbescheide zu NFTs erfolgreich wehren
1. Fehler in Bescheiden erkennen – und richtig reagieren
Wird ein NFT fälschlich als steuerpflichtig angesetzt, können Sie innerhalb eines Monats Einspruch einlegen.
Wichtig: Begründen Sie konkret, warum kein steuerpflichtiger Vorgang vorliegt – etwa durch:
- Nachweis der fehlenden Veräußerung oder Transaktion
- Dokumentation des NFT-Zwecks (z. B. Sammler, Zugang, Geschenk)
- Hinweis auf fehlende Verkehrsfähigkeit / Marktplatzzugang
2. Finanzamt zur Stellungnahme zwingen – rechtlich fundiert
Viele Steuerbescheide basieren auf pauschalen Annahmen. Sie können das Finanzamt auffordern, konkret darzulegen, worauf der vermeintliche Wert beruht.
Berufen Sie sich auf:
- § 8 EStG (Zuflussprinzip)
- § 23 EStG (Veräußerung nur bei tatsächlicher Verfügung)
- aktuelle Rechtsprechung zu Wirtschaftsgütern
- Unterscheidung zu Kryptowährungen gemäß BMF-Schreiben vom 10.05.2022
3. Rückwirkende Bescheide mit Schätzung? → Einspruch & Aussetzung der Vollziehung
Wenn das Finanzamt rückwirkend für vergangene Jahre „fiktive Gewinne“ aus NFTs ansetzt:
→ Sofort Einspruch + Antrag auf Aussetzung der Vollziehung stellen.
Begründen Sie die Willkürlichkeit der Schätzung, fehlende Rechtsgrundlage und fehlenden realen Zufluss.
Fazit: NFTs sind kein Steuerautomatismus – wehren Sie sich juristisch fundiert
Viele Finanzämter setzen NFTs vorschnell mit Kryptowährungen gleich – und besteuern fiktive Gewinne, die nie realisiert wurden.
Dabei ist die Rechtslage differenzierter: Nicht jedes NFT ist ein Wirtschaftsgut. Nicht jede Übertragung ist steuerpflichtig. Nicht jeder „Wert“ hat Relevanz.
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Sind NFTs immer steuerpflichtig?
Nein. Nur bei Verkauf, Tausch oder gewerblicher Nutzung entsteht ggf. Steuerpflicht. Reiner Besitz oder Erstellung ist nicht steuerpflichtig.
Was ist, wenn ich das NFT verschenkt habe?
Schenkungen sind steuerlich relevant – aber in vielen Fällen innerhalb der Freibeträge. Kein privater Veräußerungsgewinn.
Ich habe ein NFT gemintet – ist das schon steuerpflichtig?
Nicht zwangsläufig. Nur wenn Sie es entgeltlich übertragen oder gewerblich nutzen.
Wie lange muss ich NFTs halten, damit sie steuerfrei sind?
Bei privatem Erwerb greift die Spekulationsfrist von 1 Jahr. Danach ist ein Verkauf steuerfrei – sofern keine gewerbliche Tätigkeit vorliegt.
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