OLG Karlsruhe: Bank haftet für gefälschte Überweisungsaufträge per E-Mail

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Eine Bank hat die auf gefälschte E-Mails hin veranlassten und überwiesenen Zahlungen an die geschädigte Kundin zu erstatten. Dies hat das OLG Karlsruhe mit Urteil vom 12.04.2022 (Az. 17 U 823/20) entschieden. Die Kundin hatte ihrem Kundenbetreuer bei der kontoführenden Bank regelmäßig Aufträge per E-Mail für Überweisungen von ihrem Konto erteilt. Diese Aufträge führte der Kundenberater regelmäßig aus und bestätigte diese per E-Mail an die Kundin. In der Folge erhielt der Kundenbetreuer von der identischen E-Mail-Adresse weitere Überweisungsaufträge, die sich auf den Gesamtbetrag von ca. EUR 255.400,00 summierten. Die Kundin wandte nunmehr gegenüber der Bank ein, diese E-Mails stammten nicht von ihr und forderte die Summe per Klage zurück. Das OLG Karlsruhe gab der Klage statt.

Bank trägt Beweislast für Überweisungsaufträge des Kunden

Das erstinstanzlich befasste Gericht hatte die Klage abgewiesen und sah fehlende Überweisungsaufträge der Kundin als nicht erwiesen an. Das OLG Karlsruhe sah hingegen die Bank als verpflichtet an, zu beweisen, dass die E-Mails von der Kundin stammen. Weil sich die Bank darauf eingelassen hatte, Zahlungsaufträge per E-Mail zu akzeptieren, trägt die Bank auch das Fälschungsrisiko für die Zahlungsaufträge, so das Oberlandesgericht. Denn die Bank dominiere das Verhältnis zwischen Kunde und Bank und entscheidet demnach, welche Auftragsform für die Bank ausreichend sicher ist.  Demnach müsse die Bank auch das Fälschungsrisiko und folglich die Beweislast für einen vom Kunden erteilten Auftrag tragen.

OLG erachtet gefälschte Mails für naheliegend

Das Oberlandesgericht ging zudem u. a. aufgrund Feststellungen des einbezogenen Gutachters und des Inhalts der E-Mails eher von gefälschten Aufträgen und einem gehackten E-Mail-Account aus. So wich der schriftliche Inhalt der Mails der weiteren Aufträge vom Charakter der Mails der Klägerin ab, enthielt gefälschte Rechnungen und die Mails wurden laut E-Mail-Protokollen aus einer anderen Zeitzone versandt. Die Bestätigungsmails des Kundenbetreuers an die Kundin wurden offenkundig rechtzeitig gelöscht, bevor die Kundin diese gelesen hatte. Das Landgericht hegte hingegen Zweifel daran, dass die Mails nicht von der Kundin stammten.

Kein Schadenersatzanspruch zugunsten der Bank

Die Bank konnte sich nach Auffassung des Gerichts nicht auf einen Schadenersatzanspruch gegen die Kundin berufen. Indem sich die Bank für die Zahlungsaufträge per E-Mail keine besonderen Sicherheitsvorkehrungen bzw. Sicherungspflichten ausbedungen hatte, fehle es bereits an einer für den Schadenersatzanspruch erforderlichen Pflichtverletzung der Kundin. Zwar habe sich die Kundin verpflichtet, ihre Kontoauszüge zu überprüfen. Die Haftungsvorschriften des Zahlungsverkehrsrechts regeln die Pflichten des Kunden im Zahlungsverkehr jedoch abschließend und umfassen nicht die Pflicht, die Kontoauszüge unverzüglich zu prüfen, so das Oberlandesgericht.

Das Urteil greift die Rechtsprechung des BGH zu gefälschten Überweisungen vor Inkrafttreten des Zahlungsverkehrsrechts auf und bleibt dabei, dass das Fälschungsrisiko sowie die Beweislast für einen ordnungsgemäßen Überweisungsauftrag bei der Bank verbleiben. Da das Zahlungsverkehrsrecht (§§ 675c ff. BGB) die Beweislastverteilung nicht geändert habe, besteht nach Auffassung des OLG Karlsruhe kein Anlass, hiervon bei Zahlungsaufträgen ohne Karte, PIN und TAN oder sonstigen Zahlungsinstrumenten abzuweichen.



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