OLG Köln: Nachbargrundstück darf nicht gefilmt werden
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Bereits im September 2016 ist uns ein Sieg im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Köln (Urteil v. 22.09.2016, Az. 15 U 33/16) wegen der unerlaubten Videoüberwachung eines Nachbargrundstücks gelungen. Dem Mandat lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger und Berufungskläger hatte seine Nachbarin zunächst vor dem Landgericht Köln u. a. auf Beseitigung mehrerer Videokameras, hilfsweise auf eine die Rechtsverletzung abstellende Fixierung der Kameras in Anspruch genommen. Es handelte sich um für den Kläger sichtbare Videokameras der Marke AVM457ZAP/F38 des Herstellers AVTech „2 Megapixel Network Camera“. Die Kameras befanden sich auf dem Grundstück, bzw. an der Immobilie der Beklagten. Die Kameras waren an der Vorderfront der Immobilie der Beklagten in ca. 3,50 m Höhe oberhalb des Hauseingangs, im hinteren Bereich der Immobilie am Anbau in einem Innenhof zur Terrasse hinzeigend in einer Höhe von 2,30 m, im Garten an der Grenze zum Nachbargrundstück an einem verzinkten Rohr sowie im unmittelbaren Hauseingang über der Haustür der Beklagten angebracht. Sie erfassten in der Vergangenheit unstreitig und nachweislich u. a. Teile des Grundstücks des Klägers (Terrasse u. Wohnzimmer) sowie den Gehweg vor dem Hauseingang des Klägers.
Die Beklagte verteidigte sich vor Gericht mit den Argumenten, die aufgezeichneten Daten würden grundsätzlich unverzüglich gelöscht. Zudem habe sie ein dringendes Interesse an der Überwachung ihres Grundstückes, da der Kläger ihr Grundstück unerlaubt betreten habe.
Das Landgericht Köln bejahte mit Urteil vom 06.01.2016, Az. 18 O 69/15, zunächst das Vorliegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers im Sinne von Artikel 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Aufgrund von im Rahmen des Prozesses vorgelegter Lichtbilder war unstreitig, dass in der Vergangenheit tatsächlich Teile des klägerischen Grundstücks sowie Teile des öffentlichen Weges gefilmt wurden. Das Gericht stellte insoweit fest, dass bereits die hypothetische Möglichkeit einer Überwachung durch Videokameras (sog. Überwachungsdruck) das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers beeinträchtigen würde. Aufgrund der zweifelsfrei und nachweislich erfolgten Rechtsverletzung in der Vergangenheit sowie der Tatsache, dass die Kameras ohne manuelle Einwirkungen durch eine Zoomfunktion verändert werden könnten, läge eine objektive Verdachtslage der Überwachung zu Lasten des Klägers vor. Auch die möglichen Videoaufzeichnungen der öffentlichen Wege würden unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers darstellen. Die Beklagte hätte schließlich in der Vergangenheit den Weg, der zum Hauseingang des Klägers führt, gefilmt. Der Kläger müsse daher stets Angst haben, permanent gefilmt zu werden.
Trotz dieser zutreffenden rechtlichen Einschätzung, urteilte das Landgericht jedoch im Ergebnis fehlerhaft. Es bejahte zwar zutreffend eine Persönlichkeitsrechtsverletzung, verneinte aber die gestellten Hauptanträge auf vollständige Beseitigung der Kameras. Stattdessen sprach das Gericht dem Kläger die mit den Hilfsanträgen geltend gemachten Ansprüche zu und verurteilte die Beklagte, die Kameras dauerhaft und sichtbar so zu fixieren, dass die Rechte des Klägers nicht tangiert werden würden.
Der Kläger beauftragte schließlich die Kanzlei Hiddemann mit der Durchführung des Berufungsverfahrens und verfolgte seine Ansprüche auf vollständige Beseitigung der Kameras weiter. Zu Recht, wie das Oberlandesgericht Köln mit Urteil vom 22.09.2016 entschied.
Das OLG Köln folgte der von uns vertretenen Rechtsauffassung und sprach dem Kläger die Entfernung aller vier Kameras aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs.1 analog BGB i. V. m. Art.1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG zu.
Das OLG Köln teilte zunächst die Feststellungen des LG, dass bereits aufgrund der Filmaufnahmen in der Vergangenheit eine Persönlichkeitsrechtsverletzung, nämlich Überwachungsdruck vorliege. Der Eingriff sei auch rechtswidrig, da die Interessen des Klägers im Rahmen einer Güterabwägung überwiegen würden. Der damit bestehende Unterlassungsanspruch rechtfertige insbesondere die vom Kläger begehrte Rechtsfolge auf Beseitigung der Kameras. Das Gericht führte aus, dass nur diese Maßnahme den Nichteintritt der drohenden Beeinträchtigung gewährleiste. Zwar seien anderweitige Maßnahmen möglich, jedoch nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen. Schließlich sei es der Beklagten jederzeit möglich, die Kameras unmerklich wegen der Zoomfunktion wieder zu verändern, sodass der Überwachungsdruck permanent bestehen bliebe.
Im Ergebnis verurteilte das OLG Köln die Beklagte schließlich zur Beseitigung der vier Kameras. Einen Anspruch auf Geldentschädigung lehnte das OLG Köln hingegen ab. Es führte dazu aus, dass eine derartige Geldentschädigung lediglich bei besonders schwerwiegenden Eingriffen zuzusprechen sei. Es lägen jedoch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass vorliegend die Intimsphäre des Klägers tangiert worden oder Bildnisse des Klägers veröffentlich worden seien.
Die Revision wurde nicht zugelassen.
Haben Sie Fragen zu dem Thema Videoüberwachung oder Datenschutzrecht, sprechen Sie uns gerne unverbindlich an.
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