OLG München: Zur Neuerrichtung eines Testaments nach erfolgtem Widerruf eines notariellen Testaments

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Das OLG München hat in seinem Beschluss vom 26.01.2022 (Az. 31 Wx 441/21) entschieden, dass ein durch ein nachfolgendes privatschriftliches Testament widerrufenes notarielles Testament keine erneute Wirksamkeit dadurch erlangt, dass es durch den Erblasser erneut mit Datumsangabe unterschrieben wird. Ist ein notarielles Testament wirksam widerrufen worden, liegt in der späteren Unterschrift unter einer beglaubigten Abschrift der Urkunde keine wirksame Neuerrichtung eines Testaments.

Die Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des Amtsgerichts München - Nachlassgericht - vom 10.09.2021 (NZS 602 VI 3093/21) wurde zurückgewiesen.
 
Nach Auffassung des OLG München war das Nachlassgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die zur Begründung des Antrags des Beteiligten zu 1 auf Erteilung eines Erbscheins erforderlichen Gründe für festgestellt zu erachten sind, da das handschriftliche Testament vom 26.10.2018 wirksam ist.

Insbesondere war das handschriftliche Testament vom 26.10.2018 wirksam errichtet worden. Diese wirksame Errichtung hatte gemäß § 2258 Abs. 1 BGB zur Folge, dass das notarielle Testament vom 19.10.2017 wirksam widerrufen wurde.

Die nachträgliche Unterschrift vom 09.05.2019 unter der beglaubigten Abschrift des - durch das handschriftliche Testament wirksam widerrufenen - notariellen Testaments berührt die Wirksamkeit des handschriftlichen Testaments nicht.

Nach Auffassung des OLG München konnte dahinstehen, ob in materieller Hinsicht durch die neuerliche Unterschrift auf der Abschrift abermals ein späteres Testament errichtet werden sollte, durch das das handschriftliche Testament aufgehoben wird (§ 2258 Abs. 1 BGB) oder ob hierdurch nur der Widerruf des späteren handschriftlichen Testaments erklärt werden und das ursprüngliche notarielle Testament wieder seine Wirksamkeit entfalten sollte (§ 2258 Abs. 2 BGB). Insbesondere konnte offen bleiben, ob allein diese Unterschriftsleistung ohne weitere Zusätze oder Erklärungen den notwendigen Testierwillen für ein neues Testament bzw. jedenfalls den notwendigen Erklärungswillen für den Widerruf des späteren Testaments überhaupt beinhalten kann.
 
Für beide denkbaren Auslegungsmöglichkeiten wäre die gesetzliche vorgeschriebene Form nicht eingehalten.

Nach Maßgabe des § 2258 BGB kann nur ein wirksames späteres Testament, bei dem sämtliche gesetzlichen Anforderungen an die Errichtung erfüllt sind, ein früheres Testament aufheben. Die erneute Unterschrift unter der beglaubigten Abschrift des - zuvor wirksam widerrufen - notariellen Testaments stellt aber weder ein formwirksames öffentliches Testament i.S.d. § 2232 BGB noch ein formwirksames eigenhändiges Testament i.S.d. § 2247 BGB dar. Allein die eigenhändige Unterschrift unter einer von einem Notar errichteten Urkunde genügt den Anforderungen des § 2247 BGB nicht. Vielmehr muss das Testament insgesamt eigenhändig verfasst sein.

Etwas anderes kann nur unter Umständen dann gelten, wenn ein widerrufenes handschriftliches Testament erneut unterzeichnet wird oder wenn das notarielle Testament auf der Grundlage einer von der Erblasserin übergebenen Schrift errichtet worden ist und diese sodann erneut unterzeichnet wird. Beide Ausnahmetatbestände liegen nach Ansicht des OLG München nicht vor. Es liegt vielmehr allein eine durch den Notar errichtete Urkunde vor, deren Abschrift nunmehr von der Erblasserin erneut lediglich mit einem Datum versehen und unterschrieben wurde. Dies genügt den Anforderungen des § 2247 BGB nicht. Nachdem auch keine erneute Beurkundung durch einen Notar stattgefunden hat, scheidet auch die Errichtung eines neuen öffentlichen Testaments nach § 2232 BGB aus.

Des Weiteren geht das OLG München in seinem Beschluss darauf ein, dass auch der bloße Widerruf des späteren Testaments in einer gesetzlich zulässigen Form erfolgen muss. Nachdem das spätere Testament nicht vernichtet oder verändert wurde, sondern der Widerruf durch die erneute Unterschriftsleistung zum Ausdruck kommen soll, müssen auch die Anforderungen an eine erneute letztwillige Verfügung (in Form eines Widerrufstestaments i.S.d. § 2254 BGB) erfüllt sein. Zutreffend kommt es wiederum auf die allgemeinen Formerfordernisse an. Und diese waren in dem Streitfall nicht erfüllt. Damit lag weder ein formwirksames neues Testament noch ein sonstiger formwirksamer Widerruf des handschriftlichen Testaments vom 26.10.2018 vor und verblieb bei der Wirksamkeit dieses Testaments.

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Jörg Schwede


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