Finden Sie jetzt Ihren Anwalt zu diesem Thema in der Nähe!

Oury Jalloh: Bundesgerichtshof bestätigt fahrlässige Tötung

  • 2 Minuten Lesezeit
Esther Wellhöfer anwalt.de-Redaktion

[image]

Am Freitag, den 7. Januar 2005 verbrannte Oury Jalloh qualvoll in einer Gefängniszelle auf dem Polizeirevier in Dessau. Heute hat der Bundesgerichtshof (BGH) erneut über das Strafverfahren gegen den Leiter des Polizeireviers entschieden, dem die Staatsanwaltschaft fahrlässige Tötung durch Unterlassen zur Last legt. Er bestätigte, dass der Polizeibeamte der fahrlässigen Tötung schuldig ist.

Ungeklärte Todesumstände

Die genauen Umstände um den Tod von Oury Jalloh in der Zelle 5 des Dessauer Polizeireviers geben bis heute Anlass für Zweifel. Obwohl er an Händen und Füßen fixiert war, soll er selbst die Matratze seiner Pritsche in Brand gesetzt haben. Zudem war er zu dem Zeitpunkt stark alkoholisiert. Ein Billigfeuerzeug, mit dem er das Feuer gelegt haben soll, tauchte erst Tage nach dem Vorfall bei den Asservaten auf. Vieles wurde in den Prozessen zuweilen nur unzureichend aufgeklärt oder die Beweise von den Richtern nicht richtig gewürdigt.

Brandgutachten zuletzt im November

Dem entsprechend haben die Angehörigen des Getöteten eine regelrechte Odysee mit Gutachten und Prozessen hinter sich. Sie haben sich den Strafverfahren als Nebenkläger angeschlossen. Nachdem es bereits mehrere Untersuchungen zum Tathergang gegeben hatte, haben Unterstützer der Familie Jalloh zuletzt im November eine eigene Untersuchung durch Experten für den genaueren Hergang des Brands vorgestellt. Die Ergebnisse stützten den Verdacht, dass ein Unbekannter vor dem Tod Jallohs noch Zugang zu der Zelle gehabt und die Matratze angezündet hatte.

Lückenhafte Beweisführung

Schon im Jahr 2010 hatten sich die Karlsruher Richter mit dem Tod des aus Sierra-Leone stammenden Asylbewerbers zu befassen. Damals hatten sie massive Mängel in der Beweisführung des Landgerichts Dessau-Roßlau festgestellt, das den Angeklagten damals vom Vorwurf der Körperverletzung mit Todesfolge freigesprochen hatte. Der 4. Strafsenat verwies die Sache daher an das Landgericht Magdeburg zurück (BGH, Urteil v. 7. Januar 2010, Az.: 4 StR 413/09).

Feueralarm zunächst ausgeschaltet

Die Beweisführung hatte damals ergeben, dass der Polizeibeamte den Feueralarm zunächst wegdrückte und darauf nicht reagierte, weil er annahm, es handle sich um einen Fehlalarm. Der Alarm wurde zweimal ausgeschaltet, bevor man endlich darauf reagierte. Als die Zellentür geöffnet wurde, war Oury Jalloh bereits tot. Er starb an einem durch die brennende Matratze ausgelösten Inhalationshitzeschock. Das Verhalten der Polizei war nach Ansicht des BGH keinesfalls pflichtgemäß, so dass der Fall neu aufgerollt wurde.

Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung

Nach erneuter Beweisaufnahme und Befassung kam das Landgericht Magdeburg zu dem Schluss, dass der Polizeirevierleiter sich wegen fahrlässiger Tötung strafbar gemacht hatte. Sanktioniert wurde dies mit einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 90 Euro. Der Straftatbestand wurde nun darauf gestützt, dass der Revierleiter es zugelassen hatte, dass Oury Jalloh ohne ständige optische Überwachung in der Zelle belassen wurde. Denn es war den Polizeibeamten bekannt, dass der Asylbewerber versucht hatte, sich selbst zu verletzen. Gegen dieses Urteil gingen sowohl der Angeklagte, die Staatsanwaltschaft und die Nebenkläger in Revision. Der 4. Strafsenat bestätigte nun: Die Verurteilung erfolgte zu Recht.

(BGH, Urteil v. 04.09.2014, Az.: 4 StR 473/13)

(WEL)

Foto(s): ©Fotolia.com

Artikel teilen: