Pflichtenkorsett wird enger: Was Aufsichtsrat und Aufsicht miteinander zu tun haben

  • 3 Minuten Lesezeit

1. Aufsichtsrat als „Aufseher“

Wie der Name es bereits sagt, sind die Mitglieder des Aufsichtsrates einer Aktiengesellschaft – für den Aufsichtsrat einer GmbH oder Genossenschaft gilt Entsprechendes – zur Aufsicht verpflichtet. Sie sollen im Auftrag der Aktionäre den Vorstand der AG beaufsichtigen, d.h. das Handeln der Mitglieder des Vorstandes situationsabhängig einer mehr oder weniger engmaschigen Kontrolle und Prüfung unterziehen. Dabei sieht das Gesetz präventive als auch repressive Handwerkszeuge für den Aufsichtsrat vor.

Zu den grundlegenden Aufgaben des Aufsichtsrates (und damit des einzelnen Mitglied des Aufsichtsrates) einer Aktiengesellschaft gehört es, sich von der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft fortwährend ein genaues Bild zu machen. Dies schließt es nach dem Aktiengesetz (AktG) ein, dass die Mitglieder des Aufsichtsrates den vom Vorstand aufgestellten Jahresabschluss der Gesellschaft prüfen, bevor dieser der Hauptversammlung vorgelegt wird. Wird die Prüfung unterlassen, droht eine persönliche Haftung des Aufsichtsrates.

2. Aktuelles Urteil: OLG Düsseldorf, 06.11.2014, Az. I-6 U 16/14

So hat das Oberlandesgericht Düsseldorf (Urteil vom 06.11.2014 – I-6 U 16/14) jüngst das Mitglied eines Aufsichtsrates zum Schadensersatz verurteilt, weil dieses den (fehlerhaften) Jahresabschluss der betreffenden Aktiengesellschaft unbesehen der Hauptversammlung der AG hatte vorlegen lassen. Das Gericht hat es dabei als unbeachtlich angesehen, dass

- das Aufsichtsratsmitglied sich auf die Aussage eines anderen „kompetenten“ Aufsichtsratsmitgliedes verlassen hatte,

- das Aufsichtsratsmitglied nach eigener Aussage zu wenig Zeit für die Prüfung hatte (das Aktiengesetz gibt dem Aufsichtsrat eine Monat Zeit)

- das Aufsichtsratsmitglied keine Kenntnis von bestimmten Vorgängen innerhalb der Gesellschaft hatte,

- ein Hauptaktionär die „geringe“ Kontrolle des Vorstandes durch den Aufsichtsrat befürwortete.

3. Handlungsempfehlungen

Nach den klaren Aussagen des Gerichts sind Mitglieder von Aufsichtsräten somit gut beraten,

- sich nicht auf Aussagen und Urteile von andere Personen – seien es Kollegen, externe Dritte o.a. Personen – (blindlings) zu verlassen – sie sollten immer eine eigene Prüfung vornehmen;

- sich bei Amtsantritt ein umfassendes Bild von der Lage der Gesellschaft, internen Abläufen und vorherigen Beschlüssen des Aufsichtsrates zu machen;

- über eigene Fachkompetenz verfügen, um ihren gesetzlichen und vertraglichen Pflichten nachkommen zu können;

- sich im Fall fehlender eigener Fachkompetenz der Hilfe von Experten anzunehmen oder sich die Fachkompetenz anzueignen;

- sich der vom Gesetz gegebenen Informationsrechte gegenüber dem Vorstand der Aktiengesellschaft zu bedienen;

- sich zur eigenen Absicherung nicht auf den Hauptaktionär zu verlassen.

4. Zusammenfassung

Die gesetzlichen Regelungen zur Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern sind längst kein zahnloser Papiertiger mehr. Während die Gerichte in früheren Jahren sehr zurückhaltend mit der Auferlegung von Schadensersatzansprüchen gegen Aufsichtsräte waren, werden Aufsichtsräte heute nicht selten in die (finanzielle) Verantwortung genommen. Einer der Gründe hierfür ist sicherlich die zunehmende Verbreitung von D&O Versicherungen („Managerversicherung), die im Haftungsfall den Schaden begleichen. Aus Sicht der Gesellschaft lohnt sich daher auch bei größeren Schäden eine Klage gegen Aufsichtsratsmitglieder – die Versicherung zahlt ja …

Anzumerken bleibt, dass die Grundaussagen des OLG Düsseldorf auch für Aufsichtsräte einer GmbH oder Genossenschaft gelten. Auch diese sollten daher die genannten Handlungsempfehlungen ernst nehmen, um eine eigene Haftung zu vermeiden.

Bei allen Fragen rund um die Themen Aktienrecht, Haftung von Vorstand und Aufsichtsrat, D&O-Versicherung, GmbH-Aufsichtsrat unterstützen wir Sie gern. Rufen Sie einfach an. Schnell und unkompliziert.

Dr. Jänig, LL.M. (Durham), Rechtsanwalt und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Ronny Jänig LL. M.

Beiträge zum Thema