Preisanpassungsklauseln in AGB - wann sind sie zulässig?

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Unternehmen versuchen sich vor steigenden Herstellungs-, Anschaffungs- und Dienstleistungskosten mit (einseitigen) Preisanpassungsklauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) abzusichern. Oftmals geht dies zu Lasten der Verbraucher, weshalb sich Gerichte immer wieder mit derartigen Preisanpassungsklauseln beschäftigen müssen.

AGBs - was gilt generell?

Grundsätzlich gilt für AGB gemäß § 307 Abs. 1 BGB: 

Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. 

§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt dann vor, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (BGH, Urteil vom 25.04.2001 - VIII ZR 135/00). Kurzum: der Verwender braucht jedenfalls einen guten Grund für die Preisanpassungsklausel und muss dem Vertragspartner im Regelfall selbst Zugeständnisse machen (bspw. in Form eines Kündigungsrechts).

§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB gibt dem Verwender vor, die Rechten und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dafür muss die Klausel aus Sicht eines durchschnittlichen Vertragspartners in ihrer Formulierung verständlich sein, insbesondere muss sie die wirtschaftlichen Nachteile so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (BGH, Urteil vom 12.06.2001 - XI ZR 274/00). Dies heißt im Grunde: wenn Sie einen Rechtsanwalt konsultieren müssen, um die Klausel überhaupt zu verstehen, ist diese meist schon intrasparent.

Anpassungsklausel Netflix

Das Landgericht Berlin hat mit Urteil vom 16.12.2021 - 52 O 157/21 folgende Preisanpassungsklausel für unwirskam erklärt:

"Wir sind berechtigt, den Preis unserer Abo-Angebote von Zeit zu Zeit in unserem billigen Ermessen zu ändern, um die Auswirkungen von Änderungen der mit unserem Dienst verbundenen Gesamtkosten widerzuspiegeln. Beispiele für Kostenelemente, die den Preis unserer Abo-Angebote beeinflussen, sind [...]"

Hierin sah das Landgericht einen Verstoß gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Der Kunde wisse im Zweifel nicht, was die - ungenaue - Angabe "von Zeit zu Zeit" in Verbindung mit "billigem Ermessen" bedeuten soll. Er kann mithin Zeitpunkt und Umfang seiner wirtschaftlichen Nachteile nicht einschätzen.

Preisanpassungsklausel Spotify

Dem Urteil des Landgerichts Berlin, Urteil vom 28.06.2022 - 52 O 296/21 - lag eine ganz ähnliche Preisanpassungsklausel von Spotify zugrunde:

"Spotify kann nach billigem Ermessen die Abonnementgebühr und sonstige Preise ändern, um die gestiegenen Gesamtkosten für die Bereitstellung der Spotify-Dienste auszugleichen. Für die Berechnung der Gesamtkosten maßgeblich sind beispielsweise die Kosten [...] Spotify kann etwa eine Preiserhöhung erwägen, wenn z.B. Kkosten für Inhalte [...] steigen, was zu einer Erhöhung der Gesamtkosten für die Bereitstellung der Spotify-Dienste führt."

Diesmal sah das Landgericht Berlin auch das Verbot derunangemessenen Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB verletzt. Der Verstoß liegt nach Auffassung des Gerichts darin, dass lediglich eine Erhöhung des Preises zu Lasten des Verbrauchers vorgesehen ist. Sollten sich die Kosten verringern, sei keine Preisanpassung zugunsten der Kunden vorgesehen, weshalb diese unangmessen benachteiligt seien. Spotify legte gegen das Urteil Berufung ein (KG Berlin - 23 U 112/22), weshalb das Urteil noch nicht rechtskräftig ist.

Wirksame Preisanpassungsklausel eines Stromanbieters

Der BGH erklärte mit Urteil vom 25.11.2015 - VIII ZR 360/14 folgende Preisanpassungsklausel eines Stromanbieters für wirksam:

"Der Lieferant wird die auf der Grundlage dieses Vertrages zu zahlenden Preise darüber hinaus nach billigem Ermessen der Entwicklung der Kosten anpassen, die für die Preisberechnung maßgeblich sind. Eine Preiserhöhung kommt in Betracht und eine Preisermäßigung ist vorzunehmen, wenn sich zB die Kosten für die Beschaffung von Energie oder die Nutzung des Verteilernetzes erhöhen oder absenken oder sonstige Änderungen der energiewirtschaftlichen oder rechtlichen Rahmenbedingungen zu einer veränderten Kostensituation führen (zB durch die Einführung von Netzzugangsentgelten für Einspeisungen, Änderungen der Belastungen nach dem EEG oder KWKG). Steigerungen bei einer Kostenart, zB den Strombezugskosten, dürfen nur in dem Umfang für eine Preiserhöhung herangezogen werden, in dem kein Ausgleich durch etwaig rückläufige Kosten in anderen Bereichen, etwa bei den Netz- und Vertriebskosten, erfolgt. Bei Kostensenkungen, zB der Strombezugskosten, sind vom Lieferanten die Preise zu ermäßigen, soweit diese Kostensenkungen nicht durch Steigerungen in anderen Bereichen ganz oder teilweise ausgeglichen werden. Der Lieferant wird bei der Ausübung seines billigen Ermessens die jeweiligen Zeitpunkte einer Preisänderung so wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen werden als Kostenerhöhungen, also Kostensenkungen mindestens in gleichem Umfang preiswirksam werden wie Kostenerhöhungen."

Entsprechender obiger Grundsätze besteht nach der vorliegenden Preisanpassungsklausel eine Recht auf Preiserhöhung und Preissenkung, weshalb keine Partei einseitig benachteiligt wird. Zugleich kann der Vertragspartner nachvollziehen, bei welchen Änderungen der Rahmenbedingungen der Preis in welchem Verhältnis steigt und sinkt. 

Geld zurück bei unwirksamen Klauseln

Wie Sie jedoch auch sehen können, hängt die Wirksamkeit der Preisanpassungsklauseln von Feinheiten - oftmals nur einzelnen Worten - ab. Dabei kann die Unwirksamkeit von solchen Klauseln bares Geld bedeuten. Denn haben Sie aufgrund unwirksamer Preisanpassungsklauseln zu viel Geld gezahlt, kann Ihnen ein Anspruch auf Rückzahlung nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zustehen. Daher sollten Sie im Zweifel einen Rechtsanwalt / eine Rechtsanwältin konsultieren. Unsere Kanzlei deckt die für Sie in diesem Zusammenhang relevanten Rechtsgebiete und berät Sie gerne mit Kompetenz und Erfahrung!

Foto(s): https://unsplash.com/photos/K05Udh2LhFA

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