Rückzahlung von Arbeitgeberleistungen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses

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Leistungen des Arbeitgebers müssen in bestimmten Fällen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zurückgezahlt werden.

Wichtig:

Wenn der Arbeitnehmer eine Eigenkündigung beabsichtigt, sollte er zunächst prüfen, ob der Arbeitgeber gegen ihn mit Erfolg Rückzahlungsansprüche geltend machen kann. Hierzu sollte im Idealfall anwaltliche Beratung hinzugezogen werden.

Nicht selten passiert es auch, dass der Arbeitgeber mit der letzten Gehaltsabrechnung Abzüge vornimmt, um vermeintliche Gegenansprüche zu realisieren.

1. Lohnabzüge bei der letzten Gehaltsabrechnung-Achtung Pfändungsschutz

Beispielsfall:

Der Arbeitnehmer scheidet mit einer Eigenkündigung zum 31.03.2016 aus dem Arbeitsverhältnis aus. Der Arbeitgeber rechnet den Bruttolohn ab, zieht aber bis auf wenige EUR vom Nettoauszahlungsbetrag ein Weihnachtsgeld ab, welches er im November 2015 an den Arbeitnehmer gezahlt hat.

Lösung:

Der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, durch Abzug vom Lohn Beträge einzubehalten und dem Arbeitnehmer nur wenige EUR netto auszubezahlen. Dies verstößt gegen die Pfändungsfreigrenzen. Diese sind in einer Anlage zu § 850 Buchst. c der Zivilprozessordnung geregelt und werden jährlich angepasst. Nach § 850 Buchst. c Abs. 1 der Zivilprozessordnung ist Arbeitseinkommen unpfändbar, wenn es eine bestimmte Höhe nicht überschreitet. Der überschreitende Teil ist unter Umständen pfändbar. In dieser Höhe kann der Arbeitgeber also auch bei Vorliegen entsprechender Gegenansprüche Abzüge vornehmen, aber eben nur bis zur Höhe des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens.

Das bedeutet natürlich nicht, dass der Arbeitnehmer vor Rückforderungsansprüchen geschützt wäre. Er ist nur davor geschützt, dass der Rückforderungsanspruch durch Abzug und pfändbarer Gehaltsbestandteile erfolgt. Der Arbeitgeber muss dann seine Gegenansprüche ganz normal gegenüber dem Arbeitnehmer geltend machen.

2. Genaue Prüfung der Anspruchsgrundlage des Arbeitgebers

a. Rückforderung von überzahltem Lohn

Hat der Arbeitnehmer irrtümlich vom Arbeitgeber zu viel Lohn erhalten, ist er grundsätzlich verpflichtet, diese Überzahlungen herauszugeben. Der Arbeitgeber hat einen entsprechenden Anspruch auf Zahlung. Gegen diesen Anspruch kann der Arbeitnehmer möglicherweise einwenden, dass

  • er entreichert ist
  • der Anspruch bereits verfallen ist

Für den Einwand der Entreicherung muss der Arbeitnehmer darlegen, dass er das zu viel empfangene Geld verbraucht hat und nicht ausgegeben hätte, wenn er von der Zuvielzahlung gewusst hätte. Ist die Überzahlung bei Arbeitnehmern mit geringerem Einkommen geringfügig, dann ist davon auszugehen, dass die zu viel empfangenen Beträge für den Lebensunterhalt ausgegeben wurden und eine Bereicherung nicht mehr vorhanden ist. Wenn die Lohnüberzahlung aber auffällig und hoch ist, kann in der Regel nicht davon ausgegangen werden, dass der Arbeitnehmer die Überzahlung nicht erkannt hat.

Hinsichtlich des Verfalls der Ansprüche sollte der Arbeitnehmer prüfen, ob tarifliche oder einzelvertragliche Ausschlussfristen greifen. Diese gelten natürlich auch für Ansprüche des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer.

b. Rückforderung von Einmalzahlungen

Will der Arbeitgeber, wie im oben genannten Beispielsfall eine Weihnachtsgratifikation zurückhaben, ist zu prüfen, ob eine solche Rückzahlung überhaupt verlangt werden kann. Ohne eine entsprechende Vereinbarung oder tarifliche Regelung zur Rückzahlung geht dies nicht.

„Im Übrigen ist auch bei Vorliegen einer vom Arbeitgeber vorformulierten Rückzahlungsklausel Sorgfalt geboten. Derartige Klauseln unterliegen einer strengen Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Derartige Klauseln sind nur wirksam, wenn sie den Arbeitnehmer nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine solche Benachteiligung ist insbesondere dann gegeben, wenn dem Arbeitnehmer bereits Lohn für geleistete Arbeit im Nachhinein wieder weggenommen werden soll.

Dabei kommt es auf den Zweck der Sonderzahlung an. Besteht dieser ausschließlich in der Belohnung von erbrachter bzw. erwartete Betriebstreue, solle eine Rückforderung grundsätzlich in bestimmten Grenzen möglich sein. So sieht es jedenfalls der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts, nach dem eine Sonderzahlung mit Mischcharakter, die jedenfalls auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Bezugszeitraums der Sonderzahlung abhängig gemacht werden kann.“

Bundesarbeitsgericht (BAG) v. 18.01.2012 - 10 AZR 612/10 = Arbeitsrechtliche Praxis Nr. 292 zu BGB § 611

c. Rückforderung von Fortbildungskosten

Hat der Arbeitgeber Fortbildungskosten für den Arbeitnehmer übernommen und ist für den Fall der Beendigung des Arbeitszeugnisses eine Rückzahlung dieser Fortbildungskosten durch den Arbeitnehmer an den Arbeitgeber vereinbart, sollte die entsprechende Regelung genau unter die Lupe genommen werden.

Auch hier gibt es eine sehr detaillierte Rechtsprechung zur Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB. Rückzahlungsvereinbarungen sind daher nur in sehr engen Grenzen möglich, solche Regelungen müssen insbesondere transparent sein, der Arbeitnehmer muss genau wissen, was im Fall einer Kündigung auf ihn zukommt. Es kann also sein, dass der Arbeitnehmer gar nichts zurückzahlen muss, obwohl eine entsprechende Vereinbarung geschlossen wurde. Dies bedarf aber einer Prüfung durch einen besonders geschulten und mit den Einzelheiten vertrauten anwaltlichen Berater.

Dr. Bert Howald

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Anwaltskanzlei Gaßmann & Seidel, Stuttgart


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