Rund um Photovoltaik-Anlage und Gebäude

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Solarenergie boomt und ist eine Entwicklung, die sich in den nächsten Jahren wohl fortsetzen dürfte. Immer mehr Privathaushalte und Unternehmen erkennen die Vorteile und auch die finanziellen Anreize.

Der vorliegende Beitrag befasst sich jedoch nicht mit Fördermitteln und Steueraspekten, sondern stellt zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) dar. Diese befassen sich damit, ob die aufgebaute Solar- oder Photovoltaik-Anlage rechtlich selbständig bleibt und wie solche Anlagen zu qualifizieren sind.

BGH vom 22.10.2021 - V ZR 69/20 & BGH vom 18.03.2022 - V ZR 269/20

Das Gericht musste hier entscheiden, ob eine PV-Anlage sonderrechtsfähig ist. Anders ausgedrückt ging es um die Frage, ob eine Solaranlage weiterhin eigenständig zu bewerten ist.

Nun war zu klären, ob eine Photovoltaik-Anlage selbst ein Gebäude darstellen kann. Anlass war eine eigenständige Gerüstkonstruktion, die auf freiem Grund steht, wie oft neben Autobahnen zu sehen.

Ein Bauwerk ist jede ortsfeste, durch Verwendung von Arbeit und Material und in Verbindung mit dem Erdboden hergestellte Sache. Dies ist der weitere Begriff nach §§ 438 Abs. 1 Nr. 2, 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB. Hier wird mit Blick auf die längere Verjährung großzügig viel aufgefasst, was eine lange Nutzungsdauer hat. Es handelt sich bei einer solchen Gerüstträger-Anlage also um ein Bauwerk.

Ein Gebäude im sachenrechtlichen Sinn ist demgegenüber enger einzugrenzen. Im Rahmen der §§ 93, 94 BGB geht es darum, wirtschaftliche Werte zu erhalten und rechtssichere Vermögenszuordnung zu schaffen. Ein wirtschaftlich sinnloser Abbau, der einer Zerstörung entspricht, soll vermieden werden. Typischerweise versteht man unter Gebäude ein selbständig nutzbares, überdachtes Bauwerk, das von Menschen betreten werden kann und geeignet oder bestimmt dazu ist, Schutz für Menschen, Tiere oder Sachen zu bieten. Dies ist bei einer Stahlkonstruktion nicht gegeben, deren Beschaffenheit einzig die sonnengeneigte Aufstellung von Solarmodulen umsetzt.

Damit ist eine noch so aufwändige Solaranlage auf einem Gerüstständer kein Gebäude.

Ob ein Bestandteil wesentlich ist, bestimmt sich nach den konkreten Umständen. Elemente können dann zusammengefasst werden, wenn eine Beseitigung zugleich eine Zerschlagung wirtschaftlicher Werte bedeuten würde. Kontrollfrage muss sein, ob der Abbau einem Teilabriss gleichkommt und Zerstörung oder Funktionsverlust bedeutet.

Die Gerüstkonstruktion der Anlage wird in der Regel nur auf Zeit aufgebaut und ist daher nur Scheinbestandteil nach § 95 BGB. Damit bleibt das Gerüst der Anlage selbst sonderrechtsfähig.

Die Anlage selbst ist aber, vgl oben, kein Gebäude. Damit muss es sich im Umkehrschluss um eine bewegliche Sache im Rechtssinne handeln. Für die Frage, was mit den eingebauten Modulen geschieht, ist ein Rückgriff auf § 95 BGB damit nicht möglich. Die Wesentlichkeit muss im Moment der Verbindung betrachtet werden, nachträgliche Entwicklungen sind nicht zu erfassen. Zugrundeliegende Überlegung ist es, ob verfügbare Ersatzmodule einbaubar gewesen wären und ob die ausgebauten Module andernorts in ein anderes Gestell eingebaut hätten werden können. Dann ist eine Wesentlichkeit wohl abzulehnen.

Für die rechtliche Behandlung von Solar- und Photovoltaikanlagen kann man also nicht auf die Rechtsverhältnisse des Grundstücks oder Gebäudes zurückgreifen, auf dem sich die Anlage befindet. Je nach Art des Einbaus kann dies im Einzelfall für die Module aber auch anders aussehen. Vor allem, wenn ein Ausbau einer Zerstörung gleichkäme.

Vor der Entscheidung für oder gegen eine solche Anlage sollte man wesentliche rechtliche Rahmenbedingungen bedenken und gegebenenfalls mit einem Fachmann besprechen. Vor allem wenn nicht der Alleineigentümer des Anwesens auch die Anlage ganz errichten will, ist ein besonders bedachtes Vorgehen nötig.

Auf öffentlich-rechtliche Vorschriften zur Frage, ob gebaut werden darf, ist gesondert einzugehen.

Foto(s): https://pixabay.com/de/photos/solarfeld-wiese-energie-strom-3381073/; https://pixabay.com/de/users/stux-12364/


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