Schimmel: Dreimaliges Stoßlüften pro Tag ist dem Mieter zumutbar

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AG Berlin Tempelhof-Kreuzberg, Urteil vom 19.10.2015 – 20 C 234/13

Mit Urteil vom 19.10.2015 hat das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg eine Vermieterin zur Beseitigung von Schimmelschäden verpflichtet und dem Mieter eine Minderung von 10 % bis zur Beseitigung zugesprochen.

Der Ausgangsstreit

Zwischen den Parteien wurde am 27.08.2009 ein Mietvertrag über eine Wohnung geschlossen. Im März 2012 zeigte der Mieter der Vermieterin einen Schimmelbefall in seiner Wohnung an. Die Vermieterin ließ im Juli 2012 Mangelbeseitigungsarbeiten durchführen. Zum Zeitpunkt des Urteils befand sich noch Schimmel im Gäste-WC, im Badezimmer, im dritten Schlafzimmer, in der Küche, sowie im Wohnzimmer. Der Mieter verlangte, dass die Vermieterin zur Beseitigung des Schimmels verurteilt werde. Er beantragte weiter festzustellen, dass er sowohl zur Minderung als auch zur Zurückbehaltung der Miete berechtigt sei. Die Höhe der Mietminderung hat der Mieter ausdrücklich in das Ermessen des Gerichts gestellt. Er hält eine Mietminderung von 20 % für angemessen.

Die Entscheidung

Das Amtsgericht verurteilt die Vermieterin zur Schimmelbeseitigung, soweit zum Zeitpunkt des Urteils noch Schimmel in der Wohnung vorhanden ist. Die Vermieterin hatte eingewendet, dass der Schimmel auf ein unsachgemäßes Heiz- und Lüftungsverhalten zurückzuführen ist. Durch das Amtsgericht wurde ein Sachverständigengutachten eingeholt. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass allein im Bereich des Kinderzimmers ein Baumangel vorliegt, der zur Schimmelbildung führen kann. Ansonsten handele es sich um eine zum Zeitpunkt der Errichtung zulässige, aber sehr dichte Bauart.

Die Frage der Entlüftung war zum Zeitpunkt der Errichtung zweitrangig. Die hohe Dichte führe dazu, dass von den Mietern ein angepasstes Lüftungsverhalten gefordert werden müsse, um Schimmelbildung zu vermeiden. Notwendig wäre deshalb ein sechs- bis achtmaliges Stoßlüften pro Tag. Das Amtsgericht begründet seine Entscheidung damit, dass von Mietern üblicherweise allein verlangt werden kann, dass sie dreimal am Tag lüften (und zwar einmal morgens, einmal am frühen Abend und einmal kurz vor dem Schlafengehen). Ist aufgrund der Bauart ein stärkeres Lüften erforderlich, muss dies bei Vertragsschluss mit dem Mieter vereinbart werden. Als Mietminderung hält das Amtsgericht eine Minderungshöhe in Höhe von 10 % der Miete angemessen. Zusätzlich soll der Mieter den fünffachen Minderungsbetrag bis zur Beseitigung der Mängel zurückbehalten dürfen.

Praxistipp

Interessant ist die Entscheidung vor allen Dingen deswegen, weil der Mieter keinen festen Minderungsbetrag verlangt hatte, sondern diesen in das Ermessen des Gerichts gestellt hat. Hierdurch kann verhindert werden, dass man als klagender Mieter die Möglichkeit zur Minderung eventuell unterschätzt und es verpasst, eine höhere Minderung durch das Gericht feststellen zu lassen. Eine Minderung in Höhe von 10 % der Miete halte ich persönlich angesichts des Umfangs des Schimmelschadens in fünf Zimmern für sehr moderat. 

Die doch geringe Höhe der Minderung zeigt aus meiner Sicht, dass eine Minderung (gerade auch bei Schimmelschäden) immer auch davon abhängig ist, ob sich der Richter selber durch einen solchen Mangel erheblich beeinträchtigt fühlen würde oder nicht. Eventuell wurde durch das Gericht bei der Entscheidung über die Höhe der Minderung berücksichtigt, dass das Gebäude den technischen Standards zum Zeitpunkt der Errichtung entsprach und nur kleinere bauliche Mängel bestanden.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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