Schwerer Raub! Wie gefährlich ist ein Schlüssel?

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Zur Qualifizierung eines Raubes nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. b StGB genügt es nicht, einen offensichtlich ungefährlichen Gegenstand zur Überwindung des Widerstandes eines Dritten einzusetzen.

Der Grundtatbestand des Raubes gemäß § 249 Abs. 1 StGB setzt voraus, dass der Täter mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen. Trägt der Täter hierbei Werkzeuge oder sonstige Mittel in der Absicht mit sich, diese zur Überwindung eines möglichen Widerstandes einzusetzen, liegt auch der Qualifikationstatbestand des schweren Raubes gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. b StGB vor.

Der Bundesgerichtshof hatte sich in seiner Entscheidung, Urteil vom 12.07.2017, Az.: 2 StR 160/16, mit der Rechtsfrage zu beschäftigen, unter welchen Voraussetzungen das Merkmal „sonstiges Werkzeug oder Mittel“ beim schweren Raub nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. b StGB anzunehmen ist.

Sachverhalt

Der Angeklagte begab sich in ein Behindertenwohnzentrum, in dem er Gegenstände aus den Zimmern der Bewohner zu entwenden wollte. Der Angeklagte klingelte an den Zimmertüren und wollte sich unter einem Vorwand Zugang zu den Wohnungen verschaffen. Die Geschädigte, eine 74 Jahre alte und gehbehinderte Frau, öffnete dem Angeklagten die Wohnungstür mit einer Fernsteuerung von ihrem Bett aus, da sie annahm, der Angeklagte sei ihr Therapeut. Der Angeklagte begab sich daraufhin zum Bett der Geschädigten und verlangte nach Geld und Wertsachen. Um seinem Verlangen Druck zu verleihen, hielt er der Geschädigten einen ca. sechs Zentimeter langen Schlüssel vor und drohte, sie zu verletzen. Die Geschädigte hielt den Schlüssel – wie vom Angeklagten beabsichtigt – für ein Messer und deute auf ihr Portemonnaie, das etwa 14 Euro enthielt. Das Geld nahm der Angeklagte an sich und verließ das Zimmer, nachdem er sich vergewissert hatte, dass keine weiteren Wertgegenstände in der Wohnung waren.

Rechtliche Bewertung

Das Landgericht hatte den Angeklagten wegen schweren Raubes nach §§ 249, 250 StGB verurteilt. Das Landgericht sah hierbei den Qualifikationstatbestand des Beisichführens eines sonstigen Mittels zur Überwindung eines Widerstandes nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. b StGB als verwirklicht an. Hiergegen wandte sich der Angeklagte mit der Revision zum Bundesgerichtshof, die jedoch erfolglos blieb.

Der Bundesgerichtshof stellte in seiner Entscheidung klar, dass nicht jeder beliebige Gegenstand ein Werkzeug oder Mittel im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. b StGB darstellen kann. Es ist nach dem Wortlaut der Norm nicht erforderlich, dass der Gegenstand objektiv geeignet wäre, das Opfer durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu nötigen. Als tatbestandsqualifizierendes Drohungsmittel scheiden aber solche Gegenstände aus, bei denen aus Sicht eines objektiven Betrachters die Ungefährlichkeit auf Grundlage des äußeren Erscheinungsbildes offenkundig auf der Hand liegt.

Bei einem Schlüssel sei dies aber nicht – anders als bei einem Lippenpflegestift (BGH St 38, 116, 117 f.) oder einem Holzstück (BGH NStZ-RR 1996, 356) – ohne Weiteres anzunehmen. Ein Schlüssel sei als Schlag- oder Stoßwerkzeug durchaus geeignet, ernsthafte Verletzungen hervorzurufen. Von einer offenkundigen Ungefährlichkeit ist daher nicht auszugehen. Der Angeklagte hatte sich folglich auch nach der Auffassung des Bundesgerichtshofes wegen schweren Raubes unter Beisichführen eines sonstigen Mittels zur Überwindung eines Widerstandes strafbar gemacht.

Fazit

Diese Entscheidung beschäftigt sich mit einem klassischen Problem des schweren Raubes und setzt die sogenannte „Labello-Rechtsprechung“ (BGH St 38, 116, 117 f.) fort. Der Bundesgerichtshof hat zudem angedeutet, dass gegebenenfalls auch eine Verurteilung wegen besonders schweren Raubes unter Verwendung eines gefährlichen Werkzeuges nach § 250 Abs. 2 StGB durch das Drohen mit dem Schlüssel in Betracht kommen könnte. Da jedoch ein Verböserungsverbot bei der Entscheidung auf die nur durch den Angeklagten und nicht auch durch die Staatsanwaltschaft eingelegte Revision zu beachten ist, war auf die weitergehende Strafbarkeit.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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