Sicherheit geht vor: arbeitsrechtliche Vorschriften bei sommerlichen Temperaturen

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Bei Hitze haben Arbeitgeber gemäß Arbeitsrecht einzugreifen, um Arbeitnehmer zu schützen.

Des einen Freud - des anderen Leid: Viele leiden bei hochsommerlichen Temperaturen unter der Hitze. Arbeitnehmer haben hier jedoch oft wenig Möglichkeiten auf eine Auszeit. Ein generelles Hitzefrei für Mitarbeiter gibt es nicht. Allerdings obliegt dem Chef eine Fürsorgepflicht. Das bedeutet, er ist verpflichtet, angemessene Maßnahmen bei hohen Temperaturen zu ergreifen. Das schreibt das Arbeitsschutzgesetz vor. Besondere Schutzmaßnahmen gelten für:

  • Schwangere und ältere Beschäftigte
  • Tätigkeiten im Freien


Was gilt im Arbeitsrecht?

Die Arbeitsstätten-Verordnung schreibt dem Arbeitgeber vor, dass am Arbeitsplatz die Lufttemperatur nicht höher als  26 °C ist. Das ist notwendig, um gesundheitliche Gefahren für die Mitarbeiter zu vermeiden.

Übersteigt die Lufttemperatur am Arbeitsplatz sogar 30 °C? Dann ist der Chef verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Belastung durch die Hitze für die Beschäftigten zu minimieren. Beispielsweise hat der Chef bei 30 °C die Pflicht, seine Beschäftigten mit Getränken zu versorgen.

Übersteigt die Lufttemperatur 35 °C? Dann eignet sich die Arbeitsstätte nicht mehr als Arbeitsplatz. Der Arbeitgeber hat hierbei weitere Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Er verstößt sonst gegen seine gesetzlich vorgeschriebene Fürsorgepflicht. Geeignete Schutzmaßnahmen sind:

  • Getränke
  • Klimageräte und Ventilatoren
  • Lüften früh morgens
  • Verzicht und Lockerung der Kleiderordnung
  • Homeoffice anbieten
  • Verlagerung der Arbeitszeit

Der Arbeitgeber hat gemäß § 618 BGB die Pflicht, die Verrichtung der Arbeit so zu ermöglichen, dass die Beschäftigten gegen Gefahren geschützt sind. Auch abgesehen von der Arbeitsstätten-Verordnung setzt der Chef bestenfalls Klimageräte und Ventilatoren ein. Es ist auch sinnvoll, Mitarbeitern stets Getränke anzubieten.


Betriebsrat hat Mitbestimmungsrecht 

Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG haben Betriebsräte im Bereich Arbeitsschutz und Unfallverhütung Mitbestimmungs- und Initiativrechte. Das bedeutet: Der Betriebsrat hat die Befugnis, diese Maßnahmen zur Vermeidung von Berufskrankheiten und Arbeitsunfällen sowie zum Gesundheitsschutz anzuwenden. Er kann folglich vom Arbeitgeber verlangen, dass dieser mit ihm eine Betriebs-Vereinbarung abschließt. Erzielen Betriebsrat und Arbeitgeber keine Einigung? Dann hat der Betriebsrat das Recht, dieses Thema der Einigungsstelle vorzulegen (LAG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 1.10.2013, 1 TaBV 33/13).


Homeoffice

Hier besteht ein bedeutender Unterschied, ob der Beschäftigte gelegentlich von zuhause aus noch Arbeiten für den Job erledigt oder fest geregelt einer Telearbeit nachgeht. Bei gelegentlichen Tätigkeiten außerhalb des regulären Arbeitsplatzes existieren keine speziellen Regelungen. Auch Vorgaben bezüglich der Raumtemperatur gibt es hier nicht. Es obliegt folglich in der Eigenverantwortung eines Mitarbeiters, bei Hitze entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Handelt es sich jedoch um einen festen Tele-Arbeitsplatz, trägt der Chef für dessen Ausstattung die Verantwortung - und damit auch für eine angemessene Temperatur.


Konsequenzen für den Arbeitgeber

Obwohl die Arbeitsstätten-Regel ASR 3.5 keinem Gesetz gleichkommt, drohen dem Arbeitgeber trotzdem Sanktionen, wenn er diese nicht beachtet. Bringt der Chef nachweislich und vorsätzlich Gesundheit und Leben seiner Beschäftigten in Gefahr? Dann droht ihm ein Bußgeld. Sogar eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr ist möglich.

Ein konkretes Beispiel verdeutlicht die Tragweite, wenn der Arbeitgeber fahrlässig handelt: Ein Landwirt geriet in den Fokus der Ermittlungen. Er hat wohl seinen Erntehelfer bei extremer Hitze ohne Pausen und Trinkwasser zur Feldarbeit gezwungen. Der Arbeiter kollabierte und verstarb nach zweiwöchigem Koma im Krankenhaus, möglicherweise aufgrund einer Vorerkrankung. Die Ungewissheit über den genauen Hergang führte letztendlich zur Einstellung des Verfahrens. Aber der angeklagte Landwirt hatte dennoch eine Zahlung in Höhe von 8000 Euro zu leisten.



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Stichworte: Arbeitsrecht, Arbeitsschutz, Arbeitsstätten-Verordnung, Gesundheitsschutz, Unfallverhütung

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