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Sparbuch, Kontoinhaber und Beweiswert

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Eine etwas aus der Mode geratene Form des Sparens ist das sog. Sparbuch. Sparbücher kommen gebunden, also als Buch, wie auch in – loser – Blattform vor. Der Sparer zahlt bei der Bank Beträge ein, die dem Sparbuch gutgeschrieben werden. Er erhält eine Urkunde, die sog. Sparurkunde, welche bestätigt, dass der Inhaber dieser Urkunde einen Anspruch auf Auszahlung des Guthabens gegen die Bank hat. Es handelt sich bei dem Sparbuch um eine Privaturkunde gem. § 416 ZPO. Gestützt auf die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit erbringt diese Urkunde den vollen Beweis dafür, dass das dort ausgewiesene Guthaben zugunsten des im Sparbuch benannten Berechtigten besteht. Folglich trägt ein Kreditinstitut, sollte es Streit über den Bestand der Forderung geben, die volle Beweislast dafür, dass das Sparguthaben ausgezahlt worden ist. Der Beweiswert entfällt erst bei der Entwertung der Sparurkunde. In der Rechtsprechung bisher akut waren die Fälle, in denen z. B. ein Erbe alte nicht entwertete Sparbücher gefunden hat und die Ansprüche aus dem Sparbuch erfolgreich gegen die Bank durchsetzen konnte.

Nunmehr hatte der Bundesgerichtshof in einem weiteren Urteil vom 17.07.2019 über einen anderen, viel häufiger vorkommenden Fall zu entscheiden. Folgender Fall lag der Entscheidung zugrunde:

Die Eltern der Klägerin hatten auf den Namen der Tochter ein Sparbuch angelegt, auf dem Geld für die Tochter angespart werden sollte. Typischerweise werden solche Sparkonten bei der Geburt eines Kindes angelegt mit dem Ziel, dem Kind z. B. Vermögenswerte für die Durchführung einer guten Ausbildung zukommen zu lassen. Im vorliegenden Fall trennten sich die Eltern. Der Vater hat, bevor die Tochter 18 wurde und damit die volle Verfügungsbefugnis über das Guthaben erlangte, über 17.000,00 € abgehoben. Dieses Geld verlangt die Tochter nunmehr zurück.

Das Amtsgericht hatte noch dem Antrag der Klägerin stattgegeben, in der Rechtsmittelinstanz wurde der Antrag abgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin Rechtsbeschwerde eingelegt und Erfolg gehabt. Die Angelegenheit ist zurückverwiesen worden.

Der Bundesgerichtshof ist zu der Auffassung gelangt, dass die tatrichterliche Auslegung der Vorinstanzen, wer Inhaber des Sparkontos ist, fehlerhaft sei.

Zunächst stellt der Bundesgerichtshof Folgendes fest:

 „Kontoinhaber eines Sparkontos ist derjenige, der nach dem erkennbaren Willen des das Konto eröffnenden Kunden Gläubiger der Bank werden soll…Die Einrichtung des Kontos auf den Namen eines anderen lässt für sich genommen noch nicht den Schluss auf einen Vertrag zugunsten Dritter zu. Entscheidend ist vielmehr, wer gemäß der Vereinbarung mit der Bank Kontoinhaber werden soll…“

 [BGH XII ZB 425/18 Ziff. 14]

Für diese Auslegung stellt der Bundesgerichtshof einige Grundsätze auf:

  • Behalten die Eltern das auf den Namen des Kindes angelegte Sparbuch in der Hand, geben sie es also nicht dem Kind, so ist aus diesem Verhalten regelmäßig zu schließen, dass sich die Eltern die Verfügung über das Sparguthaben vorbehalten wollen. § 808 BGB, die Regelung zum Besitzverhältnis am Sparbuch, erhält hier Bedeutung.
  • Maßgeblich ist auch, ob und zu welchem Zeitpunkt dem Kind eine Information über die Existenz des Sparbuches übermittelt wird.
  • Von Bedeutung kann zudem der Umstand sein, dass der Einzahlende auf dem Sparbuch (z. B. der Vater) sich eine Vollmacht zur Verfügung über das Sparkonto erteilen lässt.
  • Als weiteres Indiz kann die Beantwortung der Frage herangezogen werden, aus welchen Mitteln das Guthaben angespart wurde.

Mittels der vorstehend beispielhaft ausgesuchten Indizien ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, wem das Guthaben tatsächlich zugewandt werden soll bzw. wer verfügungsberechtigt ist. Bereits im Jahr 1970 hat der Bundesgerichtshof zum Az. VIII ZR 49/69 Folgendes entschieden:

 „Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass grundsätzlich derjenige, der den Sparvertrag mit der Bank schließt und der die Einlagen auf das Sparkonto leistet, Inhaber der Forderung aus dem Sparbuchguthaben ist. Wird das Sparbuch auf den Namen eines Angehörigen ausgestellt, so kann das zwar ein Beweisanzeichen dafür sein, dass der Sparer mit der Bank einen Vertrag zugunsten seines Angehörigen (§ 328 Abs. 2 BGB) schließen will und dass dieser schon mit der Errichtung des Sparkontos verfügungsberechtigter Inhaber der Guthabenforderung sein soll. Das Berufungsgericht konnte aber aufgrund der weiteren von ihm in Betracht gezogenen Umstände ohne Rechtsfehler dieses Beweiszeichen als entkräftet ansehen.“

Der Bundesgerichtshof hat im Rahmen der Auslegung über die indizielle Wirkung des Besitzes des Sparbuches im aktuellen Urteil vom 17.07.2019 wie folgt entschieden:

 „Darauf, dass die Eltern ein auf den Namen ihres minderjährigen Kindes angelegtes Sparbuch nicht aus der Hand geben, lässt sich nicht typischerweise schließen, dass sie sich die Verfügung über das Sparguthaben vorbehalten wollen (Abgrenzung zu BGH Urteile vom 18. Januar 2005 – X ZR 264/02 – FamRZ 2005, 510 und BGHZ 46, 198 = FamRZ 1967, 37).“

 [Fettdruck durch Unterzeichner]

Im Ergebnis also lässt sich feststellen, dass für die Beantwortung der Frage, wer Inhaber der Forderung eines für ein Kind angelegtes Sparbuch ist, die Auslegung aller Tatumstände bei der Anlage wie auch bei der „Pflege“ des Sparbuchs heranzuziehen sind.

Ob sich also Ansprüche des Kindes ergeben, ist Indizienfrage und bedarf der sorgfältigen Aufklärung des Sachverhaltes.

Wir beraten Sie gerne.



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