Sportwettenanbieter bet365 muss Verluste aus illegalen Online-Sportwetten und Online-Casinospielen erstatten!

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Das Landgericht Koblenz hat in einem weiteren Urteil im Bereich des Online-Glücksspiels entschieden, dass der Betreiber Hillside (Sports) ENC, bekannt unter der Marke „bet365“, einem deutschen Spieler die Verluste aus nicht lizenzierten Online-Sportwetten und Online-Casinospielen erstatten muss.

Im Rechtsstreit zwischen einem geschädigten Spieler und der Beklagten Hillside (Sports) ENC, einer Anbieterin von Online-Sportwetten mit Sitz in Malta, hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz (Aktenzeichen: 9 O 338/23) eine Entscheidung zugunsten des Klägers getroffen. Der Kläger forderte die Rückerstattung von Verlusten, die er bei der Teilnahme an Online-Sportwetten und Online-Casinospielen erlitten hatte, sowie die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Er hatte sich im Jahr 2018 bei der Plattform bet365, die von der Beklagten betrieben wird, angemeldet und zwischen dem 9. August 2018 und dem 1. Februar 2019 am Online-Glücksspielangebot teilgenommen. Dabei setzte er insgesamt 102.315,00 Euro ein und erhielt Auszahlungen in Höhe von 74.550,10 Euro, was zu einem Gesamtverlust von 27.764,90 EUR führte. Der Kläger argumentierte, dass diese Glücksspiele in Deutschland illegal seien, da die Beklagte keine deutsche Lizenz nach dem Glücksspielstaatsvertrag 2012 besaß. Er habe zudem nicht gewusst, dass die Teilnahme an den von der Beklagten angebotenen Glücksspielen in Deutschland verboten sei. Auf dieser Basis forderte der Kläger die Rückzahlung seiner Verluste und berief sich dabei auf die Nichtigkeit der zwischen ihm und der Beklagten geschlossenen Verträge gemäß § 134 BGB in Verbindung mit § 4 Abs. 4 des Glücksspielstaatsvertrags.

„Insgesamt wurde die Klage des Klägers größtenteils erfolgreich anerkannt, und das Gericht verurteilte die Beklagte zur Rückzahlung der Verluste in Höhe von 27.764,90 Euro sowie zur Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten. Dieses Urteil stärkt die Position von Verbrauchern, die sich gegen Verluste aus illegalem Online-Glücksspiel wehren, und betont die Notwendigkeit, dass Anbieter von Online-Glücksspielen nationale Lizenzanforderungen einhalten müssen, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (www.hartung-rechtsanwaelte.de). Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich neben der Beratung von Betroffenen des Abgasskandals auf die Durchsetzung von Ansprüchen von geschädigten Verbrauchern gegen Online-Casinos spezialisiert. Er hat sich das obsiegende Urteil vor dem Landgericht Koblenz erstritten.

Das Gericht befand, dass die Klage zulässig und begründet sei. Es stellte fest, dass die internationale und örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Koblenz gegeben sei, da die Beklagte ihre Dienstleistungen gezielt auf den deutschen Markt ausrichte und der Kläger seinen Wohnsitz in Deutschland habe. Die Zuständigkeit folge aus der Brüssel-Ia-Verordnung (EuGVVO), die besagt, dass ein Verbraucher die Wahl hat, am Ort seines Wohnsitzes zu klagen, wenn der Unternehmer seine Tätigkeit auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers ausrichtet.

Im Urteil wurde bestätigt, dass deutsches Recht auf den Fall anzuwenden ist, gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. b) Rom-I-VO. Dies ergibt sich daraus, dass der Kläger als Verbraucher gehandelt hat und die Beklagte ihre Tätigkeiten auf Deutschland ausgerichtet hat, was durch das deutschsprachige Angebot und die Verfügbarkeit der Plattform in Deutschland belegt ist. Hinsichtlich der Passivlegitimation der Beklagten entschied das Gericht, dass diese durch die Übernahme des Spielervertrags von den Voranbietern Hillside (Sports) LP und Hillside (Gaming) LP mit Wirkung zum 27. November 2018 die rechtliche Verantwortung übernommen habe. Dieser Übertrag des Spielervertrags sei als Vertragsübernahme zu verstehen, wodurch die Beklagte in die vollständige Rechtsstellung der Voranbieter eintrat.

„Das Gericht folgte der Argumentation des Klägers, dass die zwischen ihm und der Beklagten geschlossenen Verträge wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB nichtig seien. Der Glücksspielstaatsvertrag 2012, insbesondere § 4 Abs. 4, verbietet das Anbieten öffentlicher Glücksspiele im Internet ohne deutsche Lizenz. Die Beklagte verfügte nicht über die notwendige Lizenz in Deutschland, was zur Folge hatte, dass die geschlossenen Verträge von Anfang an rechtswidrig und damit nichtig waren“, betont Glückspielrechtsexperte Dr. Gerrit W. Hartung.

Weder der Einwand der Beklagten, das Angebot sei „geduldet“ worden, noch die Argumentation, dass die Rückforderung gegen die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoße, konnte das Gericht überzeugen. Auch das Argument, dass das Glückspielangebot der Beklagten im Rahmen eines unionsrechtswidrig abgebrochenen deutschen Konzessionsverfahrens als erlaubt gelten solle, wurde zurückgewiesen. Diese Argumentation sei unzutreffend, da die Konzession von einer anderen Tochtergesellschaft der Unternehmensgruppe beantragt worden sei, nicht von der Beklagten selbst. Das Gericht betonte, dass die Beklagte bewusst ohne Hinweis auf die fehlende deutsche Lizenz Gelder eingenommen habe und damit gegen geltende Vorschriften verstoßen habe.

Das Gericht befand weiterhin, dass die Einwendungen der Beklagten gegen den Rückzahlungsanspruch des Klägers, wie etwa § 817 Satz 2 BGB (Kondiktionssperre bei Gesetzesverstößen) oder § 814 BGB (Leistung in Kenntnis der Nichtschuld), nicht greifen. Es sei nicht erwiesen, dass der Kläger bewusst gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen habe oder sich der Einsicht in die Rechtswidrigkeit seiner Handlungen leichtfertig verschlossen habe. Da der Kläger als durchschnittlicher Verbraucher aufgrund der maltesischen Lizenz und des rechtlichen Auftretens der Beklagten davon ausgehen konnte, dass die Spiele legal seien, könne ihm kein Verschulden angelastet werden.

Die Ansprüche des Klägers waren auch nicht verjährt. Das Gericht führte aus, dass es der Beklagten nicht gelungen sei nachzuweisen, dass der Kläger bereits früher Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis über die Rückforderungsansprüche hatte, die eine Verjährung begründen könnten. Die bloße Teilnahme an den Spielen reiche nicht aus, um den Beginn der Verjährungsfrist auszulösen, solange der Kläger keinen Anlass hatte, an der Rechtmäßigkeit des Angebots zu zweifeln. Schließlich lehnte das Gericht den Antrag der Beklagten auf Aussetzung des Verfahrens ab. Es sah keine Notwendigkeit, das Verfahren bis zur Entscheidung eines anhängigen Vorabentscheidungsverfahrens beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) auszusetzen, da keine vergleichbare europarechtliche Fragestellung betroffen sei.

Foto(s): Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

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