Steuerhinterziehung - Umsatzsteuerkarussell? Was ist das?

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Umsatzsteuerkarusselle führen pro Jahr zu Schäden am Fiskus in Milliardenhöhe. Bei hochwertigen Produkten ist ein hoher Schaden bzw. eine große Beute auch schnell erreicht. Doch wie funktioniert ein solches Umsatzsteuerkarussell überhaupt.


Wie funktioniert es?


Bei einem Umsatzsteuerkarussell nutzen die Akteure den europäischen Binnenmarkt zu Nutze. Die Lieferung von Waren aus einem EU-Staat in einen anderen EU-Staat ist nämlich umsatzsteuerfrei. Unternehmer 1 aus dem EU-Ausland verkauft an Händler 2 in Deutschland Ware. Dieser Verkauf ist umsatzsteuerfrei und fällt im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldungen in Deutschland nicht auf. Handler 2 verkauft nun mit Umsatzsteuer weiter an Händler 3 und vereinnahmt dabei natürlich die Umsatzsteuer, die er aber nicht an das Finanzamt abführt. Der Profit liegt hier bei Händler 2 in Höhe der 19% Umsatzsteuer - häufig handelt es sich hierbei um Scheinfirmen. Die Ware ist jetzt bei Händler 3 – es erfolgt der Weiterverkauf an Händler 4 mit einem kleinen Aufschlag. Händler 3 verhält sich regelkonform und meldet die Transaktion ordnungsgemäß mit gezahlter Vorsteuer und vereinnahmter Umsatzsteuer beim Finanzamt an. Händler 4 verkauft die Ware mit einem kleinen Aufschlag wieder an Unternehmer 1 ins EU-Ausland – diese Transaktion ist wiederum umsatzsteuerbefreit. Händler 4 kann die Erstattung der gezahlten Vorsteuer beim Finanzamt beanspruchen.


Wie kann es aufgedeckt werden?


Ein solches System ist auf schnelle und hohe Gewinne ausgerichtet. Hohe Umsatzsteuererstattungen führen häufig zu Misstrauen beim Fiskus. Teilweise sind die Schäden aber schon eingetreten, sodass etwaige Überprüfungen im Wege von Umsatzsteuersonderprüfungen etwas zu spät kommen, allerdings weitere Schäden verhindern können. Je höherwertiger die Waren sind, desto eher sind die Prüfung und die Entdeckung des Finanzamtes wahrscheinlich.


Aufgrund der europaweiten Schäden, die derartige Vorgänge verursachen, ist zwischenzeitlich die Europäische Staatsanwaltschaft eingerichtet worden, die die Ermittlungen in derartigen Fällen grenzüberschreitend führt. Die Strafverfolgungsbehörden sind mithin nicht mehr auf die Kooperation ausländischer Behörden im Wege von Amtshilfeersuchen angewiesen. Europa wächst gerade in Belangen der Strafverfolgung zusammen.


Möglichkeiten der Verteidigung


Taugliche Ansätz zur Verteidigung bei derartigen Vorwürfen der Steuerhinterziehung finden sich häufig bei der Frage, ob die handelnden Akteure tatsächlich wissen, dass sie in einem Umsatzsteuerkarussell mit machen. Wer sind die Hintermänner? Wurden die Unternehmen ggf. von Dritten gelenkt, die sich im Verborgenen aufhalten? Nicht selten werden Tatvorwürfe auch gegen „kleine Mitarbeiter“ in den jeweiligen Unternehmen erhoben. Doch: wussten die Mitarbeiter, wo sie mitmachen? Um sich nämlich strafbar zu machen, muss man wenigstens wissen, wo man „mitwirkt“! Hier besteht am meisten Raum, für eine erfolgreiche Verteidigungsstrategie.

Foto(s): Dr. Andrew Patzschke

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