Beschuldigt der Teilnahme an einem Umsatzsteuerkarussell- Strafe und Haftung verhindern!

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Kaum etwas ist für ein Unternehmen gefährlicher als in den Fokus der Steuerfahndung zu geraten, weil der Verdacht der Beteiligung an einem Umsatzsteuerkarussell besteht. Durchsuchungen, Beschlagnahmungen von Firmenunterlagen und ein dinglicher Arrest können die Folge sein, wenn das Verfahren nicht von Anfang an von einem erfahrenen Verteidiger betreut wird. Zwar gilt, dass Ihnen die Beteiligung nachgewiesen werden muss, aber in der Praxis wird jedes Indiz und jeder Umstand zu Ihren Lasten umgedeutet. In dem folgenden Artikel wird ein kurzer Überblick über die Funktionsweise eines solchen Karussells gegeben.

Eine Strafbarkeit der Beteiligten an einem Umsatzsteuerkarussell kommt je nach Tatbeitrag unter den Gesichtspunkten der Täterschaft, der Mittäterschaft oder der Beihilfe in Betracht. In Fällen der organisierten Umsatzsteuerhinterziehung mit mehreren Beteiligten kann eine Strafbarkeit in einem besonders schweren Fall nach § 370 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 AO vorliegen, sofern die Tat als Bandenmitglied begangen wurde. Bei planmäßiger Vorgehensweise und kollusivem Zusammenwirken der an einem Umsatzsteuerkarussell beteiligten Personen wird ein wechselseitiges Zuschreiben der Tatbeiträge erfolgen, § 25 Abs. 2 StGB.

Der ausländische Lieferant (Ketteneinspeiser), der entgegen den Vorschriften im anderen Mitgliedsstaat keine Umsatzversteuerung vornimmt und steuerfreie innengemeinschaftliche Lieferungen erklärt, begeht ggf. eine eigene Umsatzsteuerhinterziehung im EU-Ausland und wirkt je nach Lage des Falles an der Steuerhinterziehung des Missing Traders mit. 

Soweit der Missing Trader in Höhe tatsächlicher Umsätze keine Umsatzsteuervoranmeldung abgibt, liegt eine Strafbarkeit gem. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO vor (pflichtwidriges in Unkenntnis lassen). Bei Abgabe unrichtiger oder unvollständiger Umsatzsteuervoranmeldungen greift § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO. Gibt der Missing Trader ordnungsgemäße Umsatzsteuervoranmeldungen ab, entrichtet jedoch die Umsatzsteuer (bei Zahlamt) zum Fälligkeitszeitpunkt nicht, ist eine Steuerhinterziehung nach § 370 AO mangels Tathandlung nicht gegeben. Es kommt jedoch bei Vorliegen der Voraussetzungen eine Strafbarkeit wegen gewerbsmäßiger oder bandenmäßiger Schädigung des Umsatzsteueraufkommens nach § 26 c UStG in Betracht. Schuldet der Missing Trader die in einer Rechnung gegenüber dem Buffer unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14 c Abs. 2 Satz 2 UStG und meldet diese entsprechend § 18 Abs. 4 UStG nicht an, erfüllt er den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO. Daran ändert auch die ihm eingeräumte Möglichkeit der Berichtigung nach § 14 c Abs. 2 Satz 3 UStG grundsätzlich nichts. Der Verkürzungsschaden wegen der Berichtigungsmöglichkeit ist ein solcher auf Zeit. Im Hinblick auf die Auswirkungen der Tat kann aber eine Strafmilderung in Betracht kommen.

Macht der Buffer aus Rechnungen des Missing Traders Vorsteuern geltend, obwohl keine Lieferung erfolgt oder der Missing Trader infolge fehlender selbstständiger wirtschaftlicher Tätigkeit kein Unternehmer ist, mindert er unzulässig sein Zahlamt und gibt unrichtige Umsatzsteuervoranmeldungen oder Jahreserklärungen ab, § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO. Für die Strafzumessung ist allein auf die maßgebliche Summe des zu Unrecht anerkannten Vorsteuerabzuges und nicht auf den Auszahlungsbetrag abzustellen, da dieser sich im Saldo durch Verrechnung mit wahrheitsgemäßen Angaben erkennen kann. Aufgrund seiner Funktion als für die Finanzverwaltung unauffälliger Puffer zwischen Missing Trader und Distributor werden Nichtabgabefälle regelmäßig nicht vorkommen. Die unzulässige Rechnungslegung gegenüber des Buffers, um diesen den Vorsteuerabzug zu ermöglichen, stellt für den Missing Trader eine Beihilfe zu der Steuerhinterziehung des Buffers oder eine mittäterschaftlich begangene Steuerhinterziehung dar.

Soweit der Distribution in einer dem Buffer vergleichbaren Situation ist (Erschleichen der Vorsteuer) gelten die Ausführungen zu dem Buffer entsprechend. Werden vom Distributor innengemeinschaftliche Lieferungen oder Drittlandslieferungen lediglich vorgetäuscht, um die Steuerfreiheit zu erlangen und wird der Liefergegenstand im Inland veräußert, liegt ein nach 3 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbarer Inlandsumsatz und eine Strafbarkeit nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO vor.

Bei tatsächlicher Beförderung oder Versendung der Ware ins übrige Gemeinschaftsgebiet, um diese beginnend mit dem Ketteneinspeiser erneut ins Karussell einzubringen, ist die Steuerfreiheit der innengemeinschaftlichen Lieferung zu versagen. Eine steuerfreie innengemeinschaftliche Lieferung im Sinne des § 6 UStG führt zur Strafbarkeit des Unternehmers, wenn er im kollusiven Zusammenwirken mit dem tatsächlichen Abnehmer die Lieferung vortäuscht, um dem Abnehmer die Hinterziehung von Steuern zu ermöglichen. Dann macht der gegenüber den Finanzbehörden unrichtige Angaben und sich damit den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO. Dies gilt aber nur dann, wenn die tatsächliche Identität des Erwerbers verschleiert wird und diesem damit ermöglicht wird, die im Bestimmungsland geschuldete Mehrwertsteuer zu hinterziehen, auch wenn die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit objektiv gegeben sind.

Oft sind es gutgläubige Unternehmen, die als sogenannte Buffer missbraucht werden. Die Finanzbehörden konstruieren schon aus den kleinsten Preisvorteilen ein Wissen oder hätte Wissen müssen für die jeweiligen Firmen bzw. deren Entscheidungsträger. Mangelnde oder verdächtig übergroße Sorgfalt werden auch oft angeführt. Hier kann ein mit solchen vertrauter Verteidiger die benannten Verdachtsmomente widerlegen und damit nicht nur den strafrechtlichen Vorwurf widerlegen sondern auch die Gefahr des wirtschaftlichen Ruins, den meistens droht der Vorsteuerabzug für diese Geschäfte, verhindern.

Rechtsanwalt Andreas Junge ist Fachanwalt für Strafrecht und zertifizierter Berater für Steuerstrafrecht. Er verteidigt seit Jahren erfolgreich bundesweit in Steuerstrafsachen und insbesondere in sogenannten Umfangsverfahren. Überdurchschnittlich viele enden mit einer Verfahrenseinstellung. Selbst bei einer Verfahrenseinstellung wird eine Vereinbarung getroffen, die das wirtschaftliche Überleben sichert.

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