Tätlichkeit: Gewalt unter Arbeitskollegen rechtfertigt fristlose Kündigung

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LAG Niedersachsen mit Urteil vom 05.09.2007 – 15 Sa 115/07 – wie folgt feststellend: „Ein tätlicher Angriff auf eine Arbeitskollegin stellt eine schwere Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Rechte und Interessen des anderen Arbeitnehmers dar. Die Beklagte ist ihrerseits nicht nur allen Arbeitnehmern gegenüber verpflichtet, dafür zu sorgen, dass sie keinen Tätlichkeiten ausgesetzt sind. Sie hat darüber hinaus ein eigenes Interesse daran, dass die betriebliche Zusammenarbeit nicht durch tätliche Auseinandersetzungen beeinträchtigt wird und Arbeitnehmer verletzt ausfallen. Ferner kann sie berücksichtigen, wie sich ein solches Verhalten auf die übrigen Arbeitnehmer und den Betrieb auswirken, insbesondere wenn sie keine personellen Maßnahmen ergreift. Hier sind weiter zu berücksichtigen die Schwere des tätlichen Angriffs, die Nichtigkeit des Anlasses (Parkplatzkonkurrenz) und der Umstand der Öffentlichkeit der tätlichen Auseinandersetzung, die es alles in allem der Beklagten trotz des Bestandsschutzinteresses des Klägers unzumutbar gemacht haben, an dem Arbeitsverhältnis festzuhalten.“ Quelle: Beck-online.de

Wer Gewalt ausübt, der fliegt - !

Am 22. 6. 2006 kam es gegen 6:00 Uhr auf dem Werksparkplatz-Nord zu einer Auseinandersetzung mit der Arbeitnehmerin P, die in eine Parkbucht eingeparkt hatte, in die auch der Kläger einparken wollte. Der Kläger fuhr mit seinem Wagen hinter den eingeparkten Wagen der Zeugin P, stieg aus, schlug gegen den linken Seitenspiegel des Wagens der Zeugin P, so dass dieser umklappte, öffnete deren Wagentür und redete laut auf die Zeugin ein. Der weitere Ablauf ist streitig. Gegenüber dem von ihr herbeigerufenen Polizeibeamten gab die Zeugin P an, von dem Kläger geschlagen worden zu sein. Auf dem Weg ins Werk entschuldigte sich der Kläger bei Frau P und bat sie, die Anzeige zurückzuziehen, was diese nicht tat. Auf Rat ihres Meisters, dem sie davon erzählt hatte, dass der Kläger sie geschlagen habe, brach sie gegen 7:00 Uhr ihre Schicht ab und begab sich gegen 8:00 Uhr zur Urlaubsvertretung ihres Hausarztes. Diese attestierte später: Patientin kam am 22. 6. 2006 in meine ärztl. ambul. Sprechstunde. Sichtlich zu erkennen multiple Prellungen li. Oberarm, leichte Schwellung, Kribbelparästh. nach tätl. Angriff.“ – Auszüge aus der Sachverhaltsdarstellung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen; Quelle: Beck-online.de

Betriebsbezogene Tätlichkeit, auch wenn sie nicht im Werk selbst geschehen ist

LAG Niedersachsen: „Entgegen der Berufung handelt es sich bei der festgestellten Tätlichkeit des Klägers gegenüber der Zeugin P um eine betriebsbezogene Tätlichkeit, auch wenn sie nicht im Werk selbst, sondern auf dem Werksparkplatz geschehen ist. Das Arbeitsgericht ist deshalb zu Recht von einer erheblichen Störung des Betriebsfriedens ausgegangen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin dermaßen beeinträchtigt gewesen ist, dass sie auf Veranlassung ihres Meisters ihre Schicht gegen 7:00 Uhr abgebrochen hat. Schließlich hat die Tätlichkeit zur zweiwöchigen Arbeitsunfähigkeit der Zeugin P geführt mit den damit verbundenen Belastungen der Beklagten mit Lohnfortzahlungskosten.“ Quelle: Beck-online.de

Tätlichkeit unter Arbeitskollegen: Kündigung ist verhältnismäßig; Abmahnung nicht erforderlich

LAG Niedersachsen: „Die Kündigung ist auch nicht unverhältnismäßig, insbesondere ist das Arbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass es bei Tätlichkeiten unter Arbeitskollegen vor Ausspruch einer Kündigung grundsätzlich keiner Abmahnung bedarf. Der Arbeitnehmer muss in einem solchen Fall von vornherein wissen, dass der Arbeitgeber ein solches Verhalten nicht duldet, sondern missbilligt.“ Quelle: Beck-online.de

Unkontrollierter Gewaltausbruch birgt die Gefahr der Wiederholung

LAG Niedersachsen: „Der unkontrollierte Gewaltausbruch des Klägers birgt zudem die Gefahr der Wiederholung in sich. Dieser Gefahr ist nicht dadurch zu begegnen, dass der Kläger und die Zeugin P getrennt eingesetzt werden könnten. Der Konflikt ist nicht am Arbeitsplatz des Klägers und der Zeugin P entstanden, sondern zufällig bei dem Aufeinandertreffen auf dem Werksparkplatz. Die Beklagte muss damit rechnen, dass der Kläger gegen irgendeinen anderen Kollegen oder eine andere Kollegin im Falle eines Wutausbruchs wieder tätlich wird. Die Schwere der Tat machte es der Beklagten unter Abwägung der beiderseitigen Interessen unzumutbar, an dem Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist festzuhalten.“ Quelle: Beck-online.de

Wer gegenüber Arbeitskollegen gewalttätig wird, den schützt auch keine 8 – jährige Betriebszugehörigkeitszeit

LAG Niedersachsen: „Dabei streitet für den Kläger sein Bestandsschutzinteresse unter Berücksichtigung des fast achtjährigen unbeanstandeten Arbeitsverhältnisses. Andererseits ist der Kläger noch in einem Alter, das seinen Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt nicht entscheidend entgegensteht. Nicht entscheidend zu berücksichtigen sind zudem die nicht im Zusammenhang mit dem verhaltensbedingten Kündigungsgrund stehenden Unterhaltsverpflichtungen des Klägers. Dagegen stehen die Interessen der Beklagten an der Wahrung des Betriebsfriedens.“  Quelle: Beck-online.de

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