Ukraine-Krieg: Kündigung russischer Arbeitnehmer denkbar?

  • 3 Minuten Lesezeit

Um dieses Video anzuzeigen, lassen Sie bitte die Verwendung von Cookies zu.

Ein Beitrag von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck und Dr. Attila Fodor, Berlin und Essen.

Was bereits während der Corona-Krise deutlich wurde, wird sich im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg wohl wiederholen: Dass nämlich gesellschaftliche Konflikte in die Arbeitsverhältnisse überschwappen, und es beispielsweise zu Kündigungen von russischen Arbeitnehmern kommen könnte.

Wären wirksame Kündigungen russischer Staatsbürger im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt überhaupt denkbar? Unter welchen Umständen wären russische Arbeitnehmer vor solchen Kündigungen geschützt? Antworten hat der Kündigungsschutzexperte Anwalt Bredereck:

Zunächst: Einem Arbeitnehmer darf grundsätzlich nicht wegen dessen Staatsangehörigkeit gekündigt werden. Das gilt auch und grade dann, wenn der Arbeitgeber die Kündigungen im Zusammenhang mit einem aktuellen Ereignis, wie einem Krieg, ausspricht, und er etwa, wie im Fall des Ukraine-Krieges, seine Solidarität zur Ukraine, zu den dortigen Opfern, oder seine Missbilligung von Russlands Rolle in dem Krieg oder der russischen Führung zum Ausdruck bringen will.

Solche Kündigungen wären wegen Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) regelmäßig unzulässig. Das AGG schützt Arbeitnehmer vor einer diskriminierenden Kündigung wegen deren Staatsangehörigkeit oder ethnischer Zugehörigkeit.

Dennoch muss man zwischen Kleinbetrieben einerseits und mittleren und größeren Betrieben andererseits unterscheiden: In Kleinbetrieben wären russische Arbeitnehmer weniger gut vor einer Kündigung geschützt, als bei anderen Arbeitgebern.

Das liegt daran, dass in Kleinbetrieben, also in Betrieben mit zehn oder weniger Arbeitnehmern, das Kündigungsschutzgesetz nicht gilt; Arbeitgeber brauchen dort keinen Kündigungsgrund, um Mitarbeitern zu kündigen. Einen wirksamen Schutz vor Kündigungen bietet hier nur das AGG mit seinem Diskriminierungsverbot.

Der Arbeitnehmer könnte sich aber nur dann wirksam auf das Diskriminierungsverbot des AGG berufen, wenn er es vor Gericht beweisen kann, dass ihm nur wegen seiner Staatsangehörigkeit oder ethnischen Zugehörigkeit gekündigt wurde. Dieser Beweis ist in der Praxis schwer zu führen. Der Chef müsste etwa vor Zeugen angemerkt haben, dass er wegen des Ukraine-Krieges in Zukunft „keine Russen“ im Betrieb duldet und er dem russischen Arbeitnehmer ausdrücklich deshalb kündigt.

Dagegen ist der Kündigungsschutz russischer Arbeitnehmer bei Arbeitgebern mit regelmäßig mehr als zehn Vollzeitmitarbeitern deutlich verbessert: Wer dort länger als sechs Monate beschäftigt ist, genießt den Schutz des Kündigungsschutzgesetzes. Der Arbeitgeber bräuchte in dem Fall einen Kündigungsgrund nach dem Kündigungsschutzgesetz, um wirksam kündigen zu dürfen.

Allenfalls könnte man im Kontext der Ukraine-Krise daran denken, dass der Arbeitgeber zur Kündigung berechtigt sein könnte, um damit den Betriebsfrieden zu schützen. Denkbar wäre das etwa, wenn im Betrieb ukrainische und russische Kollegen zusammen arbeiten und der Arbeitgeber befürchtet, dass der Betriebsfrieden wegen der aktuellen Ereignisse leiden könnte – und er den russischen Mitarbeitern kündigt, um dem vorzubeugen.

Eine Kündigung wegen Störung des Betriebsfriedens ist zwar unter engen Voraussetzungen möglich. Nach den dazu geltenden Grundsätzen des Bundesarbeitsgerichts reicht aber eine abstrakte Gefährdung des Betriebsfriedens allein nicht aus, um die Kündigung zu rechtfertigen. Es müssen konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die auf eine Störung des Betriebsfrieden hindeuten.

Solche Anhaltspunkte wären wohl regelmäßig gegeben, wenn ein russischer Mitarbeiter die Kriegshandlungen Russlands vor seinen ukrainischen Kollegen lobt oder seine ukrainischen Kollegen verbal oder tätlich angeht oder sie bedroht.

Sind solche Verhaltensweisen aber nicht ersichtlich, würde eine Kündigung russischer Arbeitnehmer wegen deren Staatsangehörigkeit oder ethnischen Zugehörigkeit regelmäßig gegen das Kündigungsschutzgesetz und gegen das AGG verstoßen. Eine dagegen fristgemäß eingereichte Kündigungsschutzklage hätte regelmäßig gute Aussichten auf Erfolg. Der Arbeitnehmer hätte meist gute Chancen, sich auf seinen Job zurück zu klagen, oder zumindest eine hohe Abfindung zu erreichen.

Haben Sie eine Kündigung erhalten? Droht Ihnen eine Kündigung? Haben Sie Fragen zu Ihrer Abfindung oder zum Aufhebungsvertrag?

Rufen Sie noch heute Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck an. In einer kostenlosen und unverbindlichen telefonischen Ersteinschätzung beantwortet er Ihre Fragen zum Kündigungsschutz und zur Abfindungshöhe.

Bundesweite Vertretung

Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck vertritt seit mehr als 23 Jahren Arbeitnehmer und Arbeitgeber bundesweit bei Kündigungen und im Zusammenhang mit dem Abschluss von Aufhebungsverträgen und Abwicklungsvereinbarungen.

Alles zum Arbeitsrecht finden Sie auf der Kanzleihomepage.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Alexander Bredereck

Beiträge zum Thema