Unfall nicht bemerkt - Strafanzeige wegen Fahrerflucht?

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Unfall nicht bemerkt - Anzeige wegen Fahrerflucht

„Ich habe den Unfall nicht bemerkt!“ ist häufig das erste, was Polizeibeamte zu hören bekommen, wenn sie jemanden der Fahrerflucht beschuldigen. Daher wird diese Aussage gerne als Schutzbehauptung angesehen, die der Täter vorschiebt, um einer Verurteilung zu entgehen. Doch geht das überhaupt?

Was Sie bei einer Fahrerflucht und bei unerlaubten entfernen vom Unfallort beachten sollten, habe ich hier, sowie in einem ausführlichen Artikel zum Thema Strafen bei Unfallflucht auf meiner Kanzleiwebsite zusammengefasst.

Im folgenden Rechtstipp erfahren Sie    

  • Wann Unfallflucht strafbar ist   

  • Ob die Unkenntnis eines Unfalls glaubhaft ist

  • Was zur Klärung getan werden kann   

  • Welche Rolle die Schadenshöhe spielt

  • Was die Bagatellgrenze ist 

  • Welche Strafen bei Unfallflucht drohen

  • Wer nach einer Fahrerflucht zahlt

  • Was Sie tun sollten, wenn Sie einen Unfall nicht bemerkt haben

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Wann ist Fahrerflucht strafbar?

Der Tatbestand der im Volksmund als "Fahrerflucht" bezeichneten Unfallflucht ist in § 142 StGB ("Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort") geregelt.

Aus diesem geht klar hervor, dass es sich bei der Fahrerflucht um ein sogenanntes Vorsatzdelikt handelt, also eine Tat, deren Strafbarkeit vom Vorhandensein eines Vorsatzes abhängig ist. Wenn Sie ein anderes Fahrzeug im Vorbeifahren beschädigen, ohne es zu bemerken, wissen Sie nicht, dass Sie nicht weiterfahren dürfen. Ohne Kenntnis vom Unfall ist das Entfernen vom Unfallort keine vorsätzliche Flucht. Ohne Vorsatz keine Strafbarkeit. So weit, so gut. Die Herausforderung liegt darin, das Fehlen des Vorsatzes glaubhaft zu machen.


Ist die Unkenntnis eines Unfalls glaubhaft?

Wie bereits gesagt, gilt nach einer Fahrerflucht die Beteuerung „Ich hab das gar nicht bemerkt“ gerade wegen ihrer potentiell strafbefreienden Wirkung als Schutzbehauptung, deren Glaubhaftigkeit erst einmal bezweifelt und überprüft werden muss. Wenn es sich um einen Fall mit geringen Schaden unterhalb der sogenannten Bagatellgrenze handelt, also beispielsweise einen leichten Lackschaden, ist es durchaus vorstellbar, dass der Fahrer keine Kollision bemerkt hat. Bei einem Blechschaden, der annehmen lässt, dass es hörbar geknallt haben muss, sieht es etwas anders aus.


Klärung durch ein Gutachten

Um den Unfallhergang – und in diesem Zusammenhang auch die Wahrscheinlichkeit, den Unfall nicht bemerkt zu haben – zu rekonstruieren, wird in aller Regel, meist von der Versicherung des Geschädigten, ein Gutachten durch einen Sachverständigen in Auftrag gegeben. Hierbei werden die Gegebenheiten des Unfallortes, die entstandenen Schäden, die Umstände zum Unfallzeitpunkt, sowie grundsätzliche Eigenschaften von Fahrzeug und Fahrer analysiert. Wenn das Ergebnis des Gutachtens den Schluss nahelegt, dass die Kollision vom Fahrer unbemerkt vonstattengegangen sein kann, kann keine Anklage wegen Unfallflucht erhoben werden. Widerspricht das Gutachten der Aussage des Verdächtigen jedoch, droht ein Strafverfahren.


Welche Rolle spielt die Schadenshöhe bei der Bestrafung von Fahrerflucht?

Es steht der Plan einer Gesetzesänderung im Raum, nach der in Zukunft Fälle von Fahrerflucht ohne Personenschaden nur noch als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden sollen. Das ist allerdings, wenn überhaupt, Zukunftsmusik.

Bislang gilt: Fahrerflucht ist Fahrerflucht, egal ob es Tote und Schwerverletzte oder bloß einen Lackschaden gegeben hat. Allerdings wirkt sich die Höhe des entstandenen Schadens darauf aus, wie die Schwere der Schuld des Unfallflüchtigen beurteilt wird, und somit auch auf die Höhe der zu erwartenden Strafe. Interessant zu wissen ist, dass ein unvorhergesehenes Ereignis im Straßenverkehr, bei dem Gegenstände beschädigt werden, erst dann als "Unfall" klassifiziert wird, wenn die sogenannte Bagatellgrenze überschritten ist.


Was ist die Bagatellgrenze?

Die Bagatellgrenze liegt bei einer Schadenshöhe von 40€. Bei Beträgen unterhalb dieser Grenze ist die Sache kein Strafverfahren wert. Man könnte nun auf den Gedanken kommen, dass man sich ungeschoren entfernen kann, wenn man einen Schaden von weniger als 40€ verursacht bzw. zu beklagen hat. Allerdings wäre es ärgerlich, wenn man sich verrechnet hat, und sich später herausstellt, dass sich die Schadenshöhe auf 41,55€ beläuft. Darauf sollte man es nicht ankommen lassen. Wie man sich nach einem Unfall im Bereich der Bagatellgrenze verhalten sollte, können Sie in unserem Rechtstipp "Verliert man bei Fahrerflucht den Führerschein?" nachlesen.

Welche Strafe droht bei Fahrerflucht?

Für gewöhnlich drohen gemäß § 142 StGB Geldstrafen, bis zu 3 Punkte in Flensburg und unter Umständen ein vorübergehendes Fahrverbot. Es sind allerdings auch Freiheitsstrafen von bis zu 3 Jahren möglich. Die Höhe der Strafe richtet sich nach der Schwere der Schuld und kann dementsprechend stark schwanken: Hierfür spielt, wie gesagt, die Schadenshöhe eine Rolle.

Bei einem Sachschaden von ca. 1000€ drohen erfahrungsgemäß neben einer Geldstrafe von bis zu 30 Tagessätzen 2 Punkte in Flensburg sowie ein Fahrverbot von ein bis zwei Monaten.

Ab einer Schadenshöhe von 1250€ droht eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen, 3 Punkte in Flensburg, sowie der Entzug der Fahrerlaubnis. Bei Personenschäden wird in jedem Fall der Führerschein entzogen, und die Neubeantragung ist erst nach Ablauf einer meist einjährigen Sperrfrist möglich.


Wer zahlt nach einer Fahrerflucht?

Zunächst einmal wird die Haftpflichtversicherung des Schuldigen vertragsgemäß zahlen müssen. Allerdings kann (und wird) die Versicherung, wenn der versicherte Unfallverursacher sich unerlaubt vom Unfallort entfernt hat, von ihm Geld zurückfordern. Hier ist wiederum das Gutachten von entscheidender Bedeutung. Im Zweifelsfall kann auch ein zweites Gutachten in Auftrag gegeben werden. Die Versicherung wird sich erfahrungsgemäß auf Spekulationen darüber, wie glaubhaft es ist, dass der Versicherte den Unfall nicht bemerkt hat, jedoch nicht einlassen. Sie kann bis zu 5000€ von ihm zurückfordern.


Was soll ich tun, wenn ich einen Unfall nicht bemerkt habe?

Wenn an Ihrem Fahrzeug kein Schaden zu erkennen ist, und Sie erst durch fremde Anwaltspost davon erfahren, kann niemand von Ihnen etwas anderes verlangen, als die Aussage, dass Sie von einem Unfall nichts mitbekommen haben. Aus den oben ausgeführten Gründen ist jedoch unbedingt davon abzuraten, sich freimütig zur Sache zu äußern, ohne die Unterstützung eines Anwalts. Dies gilt sowohl gegenüber dem Geschädigten, als auch der Polizei, falls diese auf Sie zukommt. Sie haben das Recht zu schweigen, und sind auch zum Erscheinen bei einer polizeilichen Anhörung nicht verpflichtet. Gehen Sie ihn Ihrem eigenen Interesse nicht hin, und machen keinerlei Angaben zur Sache, auch wenn Ihr Gewissen vollkommen rein ist.

Wenn Sie zu Hause ankommen, und dort einen Schaden am Fahrzeug feststellen, sind Sie offiziell verpflichtet, dies der Polizei zu melden. Da das einer Selbstanzeige wegen Fahrerflucht gleichkommt, und Sie abgesehen davon keinerlei Aussage zu Hergang und Schuld des Unfalls machen können, ist von einem Alleingang zur Polizei jedoch dringend abzuraten! Auch den Schaden einfach reparieren zu lassen ist nicht so ratsam, wie es im ersten Moment erscheinen mag; der Schaden an Ihrem Wagen könnte Sie im Falle eines Ermittlungsverfahrens und Gutachtens eher entlasten als die Tatsache, dass Sie ihn bemerkt und dann klammheimlich beseitigt haben. Auch hier empfiehlt es sich, einen Anwalt aufzusuchen, und sich erst nach einer rechtlichen Beratung zu weiteren Schritten zu entschließen.

Wenn Sie weitere Fragen zum Thema Fahrerflucht haben, etwa was Fahrerflucht in der Probezeit für Auswirkungen hat, lesen Sie hierzu unseren Rechtstipp zum Thema "Verliert man bei Fahrerflucht den Führerschein?".

Dr. Brauer Rechtsanwälte sind auf Verkehrsrecht spezialisiert und arbeiten bundesweit. Wenn Sie, ohne es zu merken in einen Unfall verwickelt worden sind, informieren wir Sie gerne im Zuge einer unverbindlichen telefonischen oder schriftlichen Erstberatung über Ihre rechtliche Situation und die damit verbundenen Möglichkeiten.

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