Leibniz Universität Hannover - Unwirksamkeit Dienstvereinbarung/Befristung, Beteiligung Personalrat - NPersVG

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Unwirksamkeit der Dienstvereinbarung über ein vereinfachtes Beteiligungsverfahren bei den personellen Maßnahmen nach NPersVG – nicht ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats - Unwirksamkeit der Befristung

Die § 65 Niedersächsisches Personalvertretungsgesetz (NPersVG) und § 68 NPersVG regeln die Mitbestimmung des Personalrats bei personellen Maßnahmen sowie das Mitbestimmungsverfahren des Personalrats bei personellen Maßnahmen (so u.a. auch bei Einstellungen, auch als Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages und bei Befristung eines Arbeitsvertrages im Anschluss an ein zuvor befristetes Arbeitsverhältnis).

Nach § 105 NPersVG bestehen Ausnahmen für bestimmte Beschäftigte und organisatorische Sonderregelungen. Nach § 105 Abs. 5 S. 2 NPersVG kann die Mitbestimmung (des Personalrats) bei personellen Maßnahmen der wissenschaftlichen … Mitarbeiter durch Verfahrensregelungen, insbesondere für Befristungen des Dienst- und Arbeitsverhältnisses, nach Maßgabe des § 78 NPersVG in Dienstvereinbarungen im Einvernehmen zwischen Hochschule und Personalvertretung geregelt werden.

Nach § 78 Abs. 1 S. 1 NPersVG sind Dienstvereinbarungen zulässig, soweit nicht gesetzliche … Regelungen entgegenstehen. Nach § 82 NPersVG (Unabdingbarkeit des Personalvertretungsrechts) darf durch … Dienstvereinbarung nach § 78 NPersVG nicht von den Vorschriften dieses Gesetzes abgewichen werden.

Die Leibniz Universität Hannover hatte mit dem Personalrat der Leibniz Universität Hannover die rechtsunwirksame Dienstvereinbarung vom 26.10.2016 über ein vereinfachtes Beteiligungsverfahren bei den personellen Maßnahmen der wissenschaftlichen …. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, der Lehrkräfte für besondere Aufgaben sowie der wissenschaftlichen …. Hilfskräfte an der Leibniz Universität Hannover abgeschlossen.

In § 1 (Zielsetzung) dieser  rechtsunwirksamen Dienstvereinbarung vom 26.10.2016 wird ausgeführt, es gilt einerseits, die Mitbestimmung des Personalrats bei den Personalmaßnahmen der … Wissenschaftler so zu gestalten, dass sie zur Verbesserung der Beschäftigungsbedingungen der Beschäftigten beiträgt. Andererseits gilt es auch den Verwaltungsaufwand wenn möglich zu minimieren. Um beide Ziele zu erreichen, vereinbaren der Personalrat der Leibniz Universität Hannover und die Leibniz Universität Hannover in dieser Dienstvereinbarung ein vereinfachtes Verfahren. Zur Verbesserung der vertraglichen Beschäftigungsbedingungen (Vertragslaufzeiten, Befristungen, Stellenumfang, etc.) der betroffenen Beschäftigten werden für das vereinfachte Beteiligungsverfahren Mindeststandards vereinbart.

Nach § 3 (Vereinfachtes Beteiligungsverfahren) dieser rechtsunwirksamen Dienstvereinbarung vom 26.10.2016 legt die Personalverwaltung der Leibniz Universität Hannover dem Personalrat der Leibniz Universität Hannover zu jeder Sitzung eine Aufstellung aller unter das vereinfachte Beteiligungsverfahren fallenden Maßnahmen der wissenschaftlichen … Beschäftigten vor. Die Liste enthält u.a. Befristungsgrund und Befristungszeitraum.

Nach § 4 (Maßnahmen, die unter das vereinfachte Beteiligungsverfahren fallen) dieser rechtsunwirksamen Dienstvereinbarung vom 26.10.2016 wird geregelt, welche Einstellungen und Vertragsverlängerungen inkl. Befristung und Verzicht auf Ausschreibung der wissenschaftlichen Hilfskräfte unter das in § 3 definierte vereinfachte Beteiligungsverfahren fallen.

Nach § 3 dieser rechtsunwirksamen Dienstvereinbarung vom 26.10.2016 gilt bei einer personellen Maßnahme, die unter das vereinfachte Beteiligungsverfahren fällt, die Zustimmung des Personalrats zu dieser Maßnahme als erteilt, wenn der Personalrat der Anwendung des vereinfachten Verfahrens nicht widerspricht. Der Widerspruch muss innerhalb einer Woche nach der Vorlage der Liste erfolgen und kann nur damit begründet werden, dass die jeweilige Maßnahme zu Unrecht im vereinfachten Verfahren ist, weil sie nicht den in § 4 genannten Kriterien entspricht. Wenn der Personalrat der Aufnahme in die Liste widerspricht, muss die Dienststelle die Maßnahme dem Personalrat zur Mitbestimmung vorlegen. Der Beschluss des Personalrats ist der Dienststelle dann innerhalb von einer Woche nach Vorlage der Maßnahme mitzuteilen.

Diese Dienstvereinbarung vom 26.10.2016 über ein vereinfachtes Beteiligungsverfahren ist mit diesem Inhalt rechtsunwirksam, da sie gegen wesentliche Regelungen des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes, insbesondere die Regelung des § 65 NPersVG verstößt.

Wurde der Personalrat nach diesem vereinfachten Beteiligungsverfahren bei Einstellungen und Vertragsverlängerungen inklusive Befristung und Verzicht auf Ausschreibung der wissenschaftlichen Hilfskräfte beteiligt, wäre demnach diese Beteiligung des Personalrats nicht ordnungsgemäß.

Bei nicht ordnungsgemäßer Beteiligung des Personalrats bei einem befristeten Arbeitsverhältnis dürfte damit die Befristung unwirksam sein, wohingegen die übrigen arbeitsvertraglichen Bestimmungen unberührt bleiben (vgl. Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 17.03.2021, 2 Sa 338/20)

Diese Rechtsauffassung wurde in einem von Rechtsanwältin Susanne Schäfer (Kanzlei Freiburg, Zweigstelle Hannover) im Jahr 2021 vor dem Arbeitsgericht Hannover geführten Befristungskontroll-Verfahren (Befristungskontrolle eines wegen Drittmittelbefristung nach § 2 Abs. 2 Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) befristeten Arbeitsvertrages) vom Arbeitsgericht Hannover bestätigt.

Das Arbeitsgericht Hannover „zäumte das Pferd von hinten auf“, kam – ungeachtet der Frage des Vorliegens der Voraussetzungen einer Drittmittelbefristung nach § 2 Abs. 2 WissZeitVG und der Frage des Vorliegens einer rechtsmissbräuchlichen Kettenbefristung - sogleich auf die Frage der ordnungsgemäßen Beteiligung des Personalrats der Leibniz Universität Hannover zu sprechen und warf die Frage auf, ob die durch § 105 NPersVG eingeräumte Möglichkeit der Vereinfachung des Verfahrens des Personalrats zur Mitbestimmung bei personellen Maßnahmen denn zugleich auch die Möglichkeit der Beschleunigung des Verfahrens zur Mitbestimmung bei personellen Maßnahmen umfasse.  

Nach dem Urteil des Arbeitsgerichts Hannover wurde festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristung im Arbeitsvertrag mit dem Ablauf des in diesem Arbeitsvertrag vorgesehenen Tages beendet ist. Die Leibniz Universität Hannover wurde verurteilt, den wissenschaftlichen Mitarbeiter auch über den vorgesehenen Tag hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits zu unveränderten Bedingungen als wissenschaftlichen Mitarbeiter weiter zu beschäftigen (vgl. auch Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 17.03.2021, 2 Sa 338/20). Das Urteil ist rechtskräftig geworden. 

Die Leibniz Universität Hannover hat in Anbetracht der offenbarten Rechtsunwirksamkeit der Dienstvereinbarung vom 26.10.2016 mit dem Personalrat der Leibniz Universität Hannover ausweislich des Verkündungsblatts der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover vom 22.09.2021 18/2021 offenbar eine - nunmehr in nur zwei Worten - geänderte Dienstvereinbarung von September 2021 geschlossen.  

Bitte lesen Sie hierzu den weiteren Rechtstipp "Unwirksamkeit von befristeten Arbeitsverträgen wissenschaftlicher Mitarbeiter der Leibniz Universität Hannover".

Bitte beachten Sie, dass eine Befristungskontroll-Klage spätestens innerhalb von drei Wochen nach Beendigung des befristeten Arbeitsvertrages vor dem Arbeitsgericht erhoben werden muss. 

Wir unterstützen und vertreten Sie gerne. Kontaktieren Sie uns telefonisch unter den Nummern 0511 / 898 444 77 oder 0511 / 898 444 70 oder per E-Mail an info@schaefer-fr.de oder an mail@eberhard-rechtsanwaelte.de .


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