Verbraucherinsolvenz: Schuldner kann wirksam Arbeitszeit und (abzuführendes) Gehalt reduzieren

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Insolvenzverfahren von Verbrauchern werden praktisch immer mit einem Antrag auf Restschuldbefreiung verbunden. Nach Abschluss des eigentlichen Insolvenzverfahrens (Feststellung der Schulden und Verteilung des etwaigen Vermögens an die Gläubiger) läuft die 6-jährige Wohlverhaltensperiode. Am Ende winkt die Restschuldbefreiung, alle Schulden sind dann erledigt.

Während dieser Zeit muss der Schuldner sich um angemessene Arbeit bemühen und sein Einkommen - soweit es den Pfändungsfreibetrag übersteigt - an den vom Gericht eingesetzten Treuhänder abführen, der das Geld an die Gläubiger verteilt.

Verstößt der Schuldner gegen seine Erwerbsobliegenheit (Pflicht, sich um angemessene Arbeit zu bemühen), bekommt er keine Restschuldbefreiung.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat einen interessanten Fall entschieden (Urteil vom 20.06.2013, Aktenzeichen 6 AZR 789/11):

Der Schuldner arbeitete in Vollzeit in der Gastronomie, Geschäftsführerin des Arbeitgebers war seine eigene Ehefrau. Nach Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens schlossen Schuldner und Ehefrau nach Ausspruch einer sogenannten Änderungskündigung durch die Ehefrau einen Änderungsvertrag und reduzierten so die Arbeitszeit und das Gehalt. Das an den Treuhänder abzuführende Gehalt reduzierte sich damit deutlich.

Der Treuhänder hielt dies für unwirksam. Das BAG gab dem Insolvenzschuldner Recht. Seine Arbeitskraft gehöre nicht zur Insolvenzmasse. Er dürfe über diese auch ohne Zustimmung des Treuhänders frei verfügen. Die Änderung des Arbeitsvertrages war wirksam.

Ob der Schuldner letztlich gegen seine Obliegenheitspflicht (Bemühen um angemessene Arbeit) verstößt und damit seine Restschuldbefreiung nicht bekommt - das musste das BAG nicht entschieden. Insoweit wird der Schuldner aus insolvenzrechtlicher Sicht wohl darlegen müssen, warum er die Änderung des Arbeitsvertrag annehmen musste und dass sonst eine Kündigung ernsthaft gedroht hätte. 

Fazit: Oft versuchen Schuldner im Verbraucherinsolvenzverfahren, in Abstimmung mit dem Arbeitgeber ihr Gehalt zu reduzieren, um nichts oder nur wenig an den Treuhänder abzuführen. Dies wird durch die Entscheidung des BAG erleichtert. Aber Vorsicht: Die Erwerbsobliegenheit bleibt bestehen. Für eine Gehaltsreduzierung muss es also gute Gründe geben und der Schuldner muss sich dann grundsätzlich auch anderweitig um (wieder besser) bezahlte Arbeit bemühen.


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