Verdachtsberichterstattung - ​Voraussetzungen an die Zulässigkeit

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In der Zeit der neuen Medien und der Möglichkeit der augenblicklichen Verbreitung von Informationen gewinnt die Verdachtsberichterstattung immer mehr an Bedeutung. Die Verdachtsberichterstattung steht indes im Zwiespalt zwischen Pressefreiheit und Öffentlichkeitsinteresse sowie dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Betroffenen.


Verdachtsberichterstattung


In den Medien finden sich regelmäßig Berichte über identifizierbare Personen oder Unternehmen, die zwar noch nicht wegen Straftaten verurteilt wurden, aber im Verdacht stehen, solche begangen zu haben. Dies nennt man Verdachtsberichterstattung. Diese Art der Berichterstattung dient dem berechtigten Interesse der Öffentlichkeit, über mögliche Verfehlungen und Missstände informiert zu werden, auch wenn zu diesem Zeitpunkt nur ein Verdacht besteht. Allerdings steht dies regelmäßig im Widerspruch zu den allgemeinen Persönlichkeitsrechten der Betroffenen. Selbst wenn sich der Verdacht später als unbegründet erweist, bleiben dennoch Eindrücke in den Köpfen der Menschen haften.


Kriterien für eine zulässige Verdachtsberichterstattung


Im Laufe der Jahre hat die Rechtsprechung die Anforderungen an eine zulässige Verdachtsberichterstattung weiterentwickelt. Zuletzt hat der Bundesgerichtshof (Urteil vom 20.06.2023 - VI ZR 262/21) diese Kriterien erneut klar zusammengefasst. Der BGH stellt hierzu fest:


  • Für eine identifizierende Verdachtsberichterstattung ist mindestens eine Mindestmenge an Beweistatsachen erforderlich, die die Richtigkeit der Informationen stützen und ihnen somit "Öffentlichkeitswert" verleihen.

  • Die Darstellung darf keine Vorverurteilung des Betroffenen beinhalten; sie darf nicht den falschen Eindruck erwecken, dass der Betroffene bereits verurteilt ist.

  • Vor der Veröffentlichung ist regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen.

  • Es muss sich um einen schwerwiegenden Vorfall handeln, dessen Veröffentlichung durch das Informationsinteresse der Allgemeinheit gerechtfertigt ist.


Urteil des BGH


In dem konkreten Fall veröffentlichte der SPIEGEL einen Artikel über einen armenischen Diplomaten und behauptete unter anderem, dieser "stand bereits vor 10 Jahren im Verdacht, in internationale Schleuseraktivitäten verwickelt zu sein". Der MDR berichtete ebenfalls und schrieb unter anderem: "Der Botschafter stand auch im Fokus von Geldwäscheermittlungen durch deutsche Fahnder [...] Aber eine andere Behörde hat noch weitere brisante Informationen über S.".

Der BGH entschied jedoch, dass in diesem Fall eine unzulässige Verdachtsberichterstattung vorlag. Sowohl der SPIEGEL als auch der MDR hatten über den Fall berichtet, ohne über ausreichende Beweistatsachen zu verfügen. Daher verletzten sie ihre journalistischen Sorgfaltspflichten. Die bloße Einleitung eines Ermittlungsverfahrens allein reichte nicht aus, um ein Mindestmaß an Beweistatsachen zu begründen.

Folglich hatte der Betroffene das Recht auf Unterlassung gemäß § 1004 Absatz 1 S. 2 BGB analog, § 823 Absatz 1 BGB in Verbindung mit Art. 1 Absatz 1, Art. 2 Absatz 1 GG, sowie einen Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Abmahnkosten.


Unzulässige Verdachtsberichterstattung - wir sind für Sie da!


Falls eine Verdachtsberichterstattung gegen Sie erfolgt ist, überprüfen wir zunächst, ob diese den Grundsätzen des BGH nach zulässig war. Anschließend beraten wir Sie darüber, wie Sie dagegen vorgehen können. Dabei stehen Ihnen verschiedene rechtliche Möglichkeiten zur Verfügung, abhängig von den jeweiligen Umständen:

  • Anspruch auf Unterlassung
  • Anspruch auf Gegendarstellungen / Richtigstellungen
  • Anspruch auf Löschung
  • Schadenersatzansprüche

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