Verfahrensfehler bei Änderung der Klausurlänge – Verwaltungsgericht Stuttgart gibt dem Prüfling recht

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Schlömer & Sperl Rechtsanwälte konnten einen beachtlichen Erfolg vor dem VG Stuttgart gegen eine Hochschule erzielen.

Inhaltlich ging es um die Frage der Feststellung des endgültigen Nichtbestehens einer schriftlichen Modulprüfung. Der Verlust des Prüfungsanspruches hätte zwangsläufig zur Exmatrikulation des Mandanten geführt. Bei dieser Prüfungsleistung handelte es sich um die letzte Prüfungsleistung, die für den Bachelorabschluss relevant ist.

In dem Widerspruchsverfahren gegen die Hochschule trugen Schlömer & Sperl Rechtsanwälte u.a. vor, dass der Baulärm während der Prüfung rechtzeitig vom Mandanten gerügt worden sei. Auch sei die Bewertung der Klausur fehlerhaft gewesen. So sei u.a. der Schwierigkeitsgrad nicht berücksichtigt worden.

Die Hochschule folgte nicht den konkreten Einwendungen gegen die Bewertung der Prüfungsleistung und den vorgetragenen Verfahrensfehlern. Der Widerspruchsbescheid wurde daher von der Hochschule zurückgewiesen, worauf unser Mandant Klage erhoben hat.

Im Klageverfahren wurde dann zu Gunsten unseres Mandanten weiter ausgeführt, dass die Änderung der Klausurlänge der gegenständlichen Prüfungsleistung von ursprünglich 60 auf nunmehr 90 Minuten formell nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Es fehle u.a. an der notwendigen Veröffentlichung des Textes der Beschlüsse des Fakultätsrates. Ferner wurde dann noch im Wesentlichen der Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart lehnte die Gegenseite – trotz mehrmaligen Nachfragen des Gerichts – eine vergleichsweise Einigung mit unserer Mandantschaft ab, die den Inhalt der Wiederholung der Prüfung zum Gegenstand hatte. Da eine vergleichsweise Einigung nicht zustande gekommen ist, musste streitig entschieden werden.

Mit Urteil v. 28.07.2016 entschied das Verwaltungsgericht Stuttgart dann zu Gunsten des Klägers (13 K 5524/14). Das Gericht folgte dabei der Rechtsauffassung von Schlömer & Sperl Rechtsanwälte und konstatierte u.a., dass der Beschluss über die Änderung der Klausurlänge bereits in formeller Hinsicht fehlerhaft sei. Zum einen habe mit dem Fakultätsrat nicht das zuständige Organ gehandelt. Zum anderen wurde der Beschluss über die Änderung der Klausurlänge nicht ordnungsgemäß bekanntgegeben.

Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig. Unser Mandant darf die gegenständliche Prüfungsleistung, die einzig und allein für den Bachelorabschluss gefehlt hat, noch einmal wiederholen.

Kommentar:

Das Urteil zeigt deutlich, dass auch Verfahrensfehler zu einer erfolgreichen Prüfungsanfechtung führen können. Nicht immer müssen daher erhebliche Beurteilungsfehler innerhalb der Bewertungen der Prüfer vorliegen. Der Prüfling kann sich auch dann auf eine Wiederholung der Prüfungsleistung berufen, wenn – wie vorliegend – erhebliche Verfahrensfehler (rechtzeitig) geltend gemacht werden. Auch wenn das Widerspruchsverfahren nicht immer erfolgreich geführt werden kann, bleibt der Weg zu den Verwaltungsgerichten offen. Als betroffener Prüfling sollte man daher grundsätzlich die Erfolgsaussichten einer Klage durchaus anwaltlich prüfen lassen, denn mitunter steht ein jahreslanges Studium ohne Abschluss auf dem Spiel.


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