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Vertragsänderung – nur mit neuer Belehrung

  • 2 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

[image]Über das Widerrufsrecht ist bei wesentlichen Vertragsänderungen und nicht gleichzeitiger Anwesenheit der Vertragsparteien erneut zu belehren. Ansonsten verlängert sich die Widerrufsfrist. Zum Schutz vor einem übereilten Vertragsschluss können Verbraucher in gewissen Fällen Verträge grundsätzlich bis zu zwei Wochen nach ihrem Abschluss noch widerrufen beziehungsweise Waren einfach zurückgeben. Entscheidend ist, dass der Vertrag, wie es das Gesetz verklausuliert formuliert, unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln mit einem Unternehmer zustande kam. Vereinfacht gesagt, Verbraucher und Unternehmer waren währenddessen nicht zur selben Zeit am selben Ort. Die Bestellung erfolgte daher per Brief, E-Mail, Internetseite, Telefon oder Fax. Bereits in diesem Moment muss der Verkäufer den Kunden über sein Widerrufs- beziehungsweise Rückgaberecht belehren. Geschieht das erst später, verlängert sich die Zwei-Wochen-Frist beziehungsweise läuft bei vollkommen unterbliebener Information gar nicht ab. Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz hat nun entschieden, wann die Belehrung auch bei Vertragsänderungen zu erfolgen hat.

Widerrufsrecht beschränkt sich nicht auf Neuverträge

Beklagte war die 1&1 Internet AG, die Telekommunikations- und Telemedienleistungen anbietet. Geklagt hatte die Verbraucherzentrale Bundesverband e.V., nach folgendem Vorfall: Eine Kundin hatte ihren DSL-Vertrag gekündigt. Vor Vertragsende rief sie ein Mitarbeiter an. Es kam zum Abschluss eines geänderten Vertrags mit schnellerer Datenrate, geändertem Preis und erneuter 24-monatiger Laufzeit. Die Kündigung wurde storniert. Eine Belehrung über den möglichen Widerruf des geänderten Vertrag erfolgte allerdings nicht. Noch am gleichen Tag überlegte es sich die Kundin anders. Sie nehme die ihr kurz nach dem Telefonat per E-Mail mitgeteilte Stornierung ihrer Kündigung zurück - sie wolle also keinen Vertrag mehr.  Das gehe nicht, so 1&1, weil kein Neuabschluss eines Vertrags, sondern nur eine Inhaltsänderung vorgelegen habe. Bei dieser bestehe kein Widerrufsrecht. Die Richter erklärten diese Schlussfolgerung für rechtlich falsch.

Wesentliche neue Inhalte führen zu Belehrungspflicht

Da die Inhaltsänderungen entscheidende Vertragsinhalte - Preis, Leistungsgegenstand, Laufzeit - betrafen, musste eine Belehrung erfolgen. Eine bloße Tarifanpassung sei das nicht mehr. Der Ausnahmefall, dass die Kundin sich zuvor bereits umfassend selbst über das Angebot informiert habe, liege nicht vor. Selbst bei jahrelanger vorheriger Vertragsbeziehung muss bei entscheidenden Änderungen immer eine ordentliche Belehrung über die Verbraucherrechte erfolgen. Da das nicht der Fall war, hatte die Kundin einerseits den Vertrag widerrufen. Andererseits muss 1&1 zukünftig in vergleichbaren Fällen ordentlich belehren und darf ein Widerrufsrecht nicht mehr verneinen.

(OLG Koblenz, Urteil vom 28.03.2012, Az. 9 U 1166/11)

(GUE)

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