Volkswagen (VW) und welche Optionen Geschädigte im Dieselskandal haben

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Dieselgate, Fahrverbote, Umweltprämie und blaue Plakette(n) beschäftigen Justiz, Behörden und Politik.

Zwischenzeitlich ist vor dem Oberlandesgericht Braunschweig ein sog. Muster-Verfahren nach dem KapMuG (hier Klagen wegen unterlassener bzw. fehlerhafter ad-hoc-Mitteilungen, u. a. von Aktionären vertreten durch die Kanzlei für Wirtschaftsrecht Bank- und Kapitalmarktrecht Rechtsanwalt Rainer Lenzen, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht) anhängig und es sind diverse Urteile ergangen, anfangs eher zu Ungunsten Geschädigter Autokäufer, vermehrt jedoch auch zu deren Gunsten.

Dabei kristallisiert sich zum einen eine nach hiesiger Einschätzung als positiv zu wertende Tendenz ab, bestimmte anfangs noch kritische Punkte positiv zu beurteilen, zum anderen zeigt sich auch, welche unterschiedlichen Herangehensweisen an die Thematik in Betracht kommen und Erfolg versprechend sein können.

Während bei konkret manipulierten Fahrzeugen kein ernsthafter Zweifel an der Mangelhaftigkeit aufgrund des defeat device (auch „Schummelsoftware“) geltend gemacht wird, stellt sich bspw. die Frage nach dem Minderwert bzw. dem Mangel bei nicht konkret manipulierten oder bei durch Software-Update nachgebesserten Fahrzeugen.

Nach hiesiger Einschätzung kann ein Zusammenhang zwischen dem Dieselskandal und den drohenden Fahrverboten sowie Wertminderungen auch nicht manipulierter Diesel nicht ernsthaft verneint werden, mögen die Fahrverbote auch auf europarechtlichen Vorgaben fußen.

Zudem gibt es eine sehr große Anzahl an Rücktritts- und Schadensersatzklagen (bspw. wegen arglistiger Täuschung und Betrug), während erst wenige Verfahren auf eine Nachlieferung gerichtet sind/waren.

Die Nachlieferung (also Lieferung eines neuen Kfz) hat den charmanten Vorteil, dass anders als in den Rücktrittsfällen wie auch den Schadensersatzfällen die Neulieferung – zumindest bei Verbrauchern – nicht mit sog. Nutzungsersatz (Zahlung für gefahrene Kilometer) verbunden ist. Ein solcher Nutzungsersatz kann u. U. im Laufe eines Klageverfahrens die gesamte Klagesumme aufzehren.

Jedoch gibt es auch hier einen Haken. Denn der Neuwagenkauf begründet eine sog. Gattungsschuld, es stellt sich dann bei Nachlieferung die Frage, ob ein Kfz einer neuen Baureihe mit Veränderung zur gleichen Gattung gehört...

Nach hiesiger Auffassung lässt sich bspw. daraus, dass Neuwagen-Verkaufsbedingungen nicht selten vorsehen, dass der Käufer verpflichtet ist, für ihn zumutbare Konstruktions- und Formänderungen hinzunehmen, darauf schließen, dass gleichsam einer Gattungsbestimmung neuere Baureihen zur gleichen Gattung einbezogen werden.

Die Rechtsprechung ist hier jedoch nicht einheitlich und noch längst nicht gefestigt.

Ein anderes Problem zeigt sich bspw. hinsichtlich der Verjährung. Denn VW hat zwar einen befristeten Verzicht auf die Erhebung der Einrede der Verjährung erklärt. VW war jedoch in den meisten Fällen nicht der Verkäufer. Für diesen gilt der Verzicht i. d. R. jedoch nicht.

Hinzu kommt die nur zweijährige Verjährung der Gewährleistungsansprüche, es sei denn, der Verkäufer hat den Mangel arglistig verschwiegen.

I. d. R. hat jedoch VW, nicht der jeweilige Verkäufer den Mangel verschwiegen, sodass zumindest Zweifel an der Zurechnung bestehen, da der Hersteller (VW) nicht Erfüllungsgehilfe des Händlers ist und zwischen Vertragshändler und Hersteller keine Wissenszurechnung analog § 166 I BGB erfolgt.

Auch hier erscheint mit guter Begründung eine andere Auffassung vertretbar.

Neben solchen, im Wesentlichen kauf- oder deliktsrechtlichen Ansprüchen kommt bei finanzierten Käufen bzw. Leasing grds. auch der sog. Widerrufsjoker in Betracht, über welchen durch Widerruf des Finanzierungsvertrages der verbundene Kaufvertrag zu Fall gebracht wird.
Hier sollten im Einzelfall die Vertragsunterlagen durch einen Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrechtgeprüft werden.

Die beste Wahl scheint es auch nicht unbedingt zu sein, auf fahrende Züge von scheinbar kompetenten Großkanzleien zu steigen, welche sich im Massengeschäft nicht mehr um den Einzelfall kümmern (können).

Eine entsprechende Rüge hat unlängst das Landgericht Saarbrücken einer renommierten VW-Geschädigten-Kanzlei erteilt.

Es zeigt sich bereits an diesem groben Überblick, dass sich nicht ganz zu Unrecht einige Autokäufer allein gelassen fühlen in einem schwer durchschaubaren Netz aus juristischen Haken, gesellschaftsrechtlichen Unternehmenskonstruktionen, behördlichen Entscheidungen etc.

Entscheidend ist auch hier, wie so oft, den Anwalt des Vertrauens zu finden.



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