Vorsatz oder Fahrlässigkeit - Im Strafmaß bestehen erhebliche Unterschiede

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Das Strafgesetzbuch unterscheidet zwischen Vorsatzdelikten und Fahrlässigkeitsdelikten. Im so genannten subjektiven Tatbestand unterscheiden sich beide Deliktsgruppen dadurch, dass man bei einem Vorsatzdelikt vom Erfolgseintritt weiß und diesen auch möchte. Bei Fahrlässigkeitsdelikten wird in der Regel der Erfolgseintritt aufgrund einer Unachtsamkeit verursacht.

Möchte man seinen Nachbarn oder seinen Ehemann umbringen und überfährt ihn deshalb mit einem Auto kommt ein Totschlag oder sogar ein Mord in Betracht. Fahre ich aber zu schnell und überfahre deshalb einen Fußgänger bleibt es bei einer fahrlässige Körperverletzung oder im Falle des Todes bei einer fahrlässigen Tötung.

Relevant wird die Unterscheidung im Strafmaß. Der vorsätzliche Totschlag wird gem. § 212 StGB mit Freiheitsstrafe von 5 bis 15 Jahren bestraft. Die fahrlässige Tötung sieht dagegen gem. § 222 StGB als Strafmaß Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vor.

Es fragt sich nun, wie darüber entschieden wird, ob jemand wegen eines Vorsatzdeliktes oder wegen eines Fahrlässigkeitsvorwurfes bestraft wird.

Sollte ein Beschuldigter seinen Nachbarn überfahren und gegenüber der Polizei im Anschluss angegeben haben, dass dies gewollt gewesen sei, wird der Beschuldigte wenigstens wegen Totschlags bestraft werden.

Ein durch einen Anwalt vertretener Beschuldigter würde hierzu aber keine Angaben machen. In diesem Fall würden die Strafverfolgungsbehörden versuchen, anhand objektiver Umstände auf den subjektiven Tatbestand zu schließen.

Als Beispiel soll folgender, vom Bundesgerichtshof (BGH) am 16.8.2012 in dem Verfahren 3 StR 237/12 entschiedener Fall sein.

Der BGH hatte ein Urteil des Landgerichts Osnabrück, in dem der Angeklagte wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt wurde, im Rahmen der Revision zu überprüfen. Bei einer Körperverletzung mit Todesfolge müssen die Körperverletzung vorsätzlich und die Todesfolge fahrlässig verursacht worden sein.

Dem Fall lag zugrunde, dass der Beschuldigte sein Opfer in alkoholisiertem Zustand nach einer körperlichen Auseinandersetzung mit einem Klappmesser gezielt in die linke Brusthälfte gestochen hatte. Das Opfer verstarb kurze Zeit später im Krankenhaus an seinen Verletzungen.

Die Nebenklägerin legte gegen das Urteil des Landgerichts Osnabrück Revision vor dem BGH ein, da das Landgericht bei dem Angeklagten keinen Tötungsvorsatz festgestellt und ihn deswegen nicht wegen Totschlags verurteilt hatte.

Der BGH sollte nun prüfen, ob beim Beschuldigten ein Tötungsvorsatz vorgelegen hat.

Der BGH verwarf die Revision, da er sich auch nur vom Körperverletzungsvorsatz überzeugen konnte.

Er führte aus, dass der Täter, um einen Tötungsvorsatz annehmen zu können, den Tod des Opfers als nicht ganz fern liegend erkennen und diesen Erfolg billigen oder sich zumindest um des erstrebten Zieles willen damit abfinden muss.

Zwar war der gezielte Messerstich in den Brustkorb des Opfers eine hochgradig gefährliche Gewaltanwendung, die als Indiz für die Billigung des Todes gegen den Angeklagten gewertet wurde.

Zugunsten des Angeklagten wurde allerdings der unter enthemmender Wirkung von Alkohol spontan ausgeführte Messerstich, das fehlende Tötungsmotiv und die im Allgemeinen nicht zu Aggressionen neigende Persönlichkeit des Angeklagten berücksichtigt. Aufgrund der hohen Hemmschwelle gegenüber einer Tötung kam damit auch der BGH aufgrund einer Auswertung von objektiv feststellbaren Umständen zu dem Ergebnis, dass der Angeklagte sich zwar der Gefahr des Todeseintritts bewusst war, er diesen aber zu keinem Zeitpunkt innerlich als Resultat seiner Tat gebilligt hat.

Deshalb lag auch nach Auffassung de BGH kein Tötungsvorsatz vor und der Beschuldigte konnte nur wegen vorsätzlicher Körperverletzung mit fahrlässiger Todesfolge gem. § 227 StGB verurteilt werden.

Auch diese Entscheidung belegt deutlich, dass man als Beschuldigter ohne Hilfe durch einen Rechtsanwalt keine Angaben gegenüber der Polizei machen sollte.

Die Entscheidung wurde mitgeteilt von Rechtsanwalt Steffen Dietrich - Anwalt für Strafrecht aus Berlin


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